.

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу - страница 5

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
 -

Скачать книгу

wäre besser dazu geeignet, diesen Verdacht endgültig aus der Welt zu schaffen, als eine hübsche junge Dame, die ihrem Helden am Steuer bewundernde Blicke zuwirft, während dieser seinen Ford Fiesta in James-Bond-Manier mit Tempo 120 lässig über die Autobahn steuert?

      Es soll Fälle geben, in denen dieses Szenario Wirklichkeit wird.

      Bei Martin und mir stimmten dafür von Anfang an einige Voraussetzungen nicht: Erstens besaß Martin gar kein Auto, als wir uns ineinander verliebten. Der Fiesta war meiner. Zweitens bin ich kein Bond-Girl. Nicht nur, weil ich weder Model-Maße noch Wimperntusche besitze. Sondern auch, weil ich im Physikunterricht zumindest soweit aufgepasst habe, dass ich eine Ahnung von Fliehkräften und Bremswegen habe.

      Ich halte mich trotzdem für eine gute Beifahrerin.

      Immerhin habe ich meinen Liebsten ohne Zögern ans Steuer meines Wagens gelassen. Ich weise ihn nicht auf rote Ampeln hin und gebe keine Tipps zur Bedienung der Gangschaltung.

      Aber ich halte in der Regel meine Augen offen. Folglich sehe ich, dass drei Autos vor uns ein Bremslicht aufleuchtet. Oder dass der LKW etwa einen Kilometer vor uns auf der Autobahn den Blinker zum Überholen gesetzt hat. Ich weiß, dass ein solches Ereignis die nachfolgenden Autos zum Bremsen veranlassen wird, und dass die kollektive Bremsaktion irgendwann auch uns erreichen muss.

      Trotzdem macht der durchaus sichere Fahrer links neben mir keinerlei Anstalten, seinen Fuß vom Gas- auf das Bremspedal umzusetzen.

      Was liegt da näher, als selbst auf die Bremse zu treten?

      Wohlgemerkt, als Beifahrerin.

      Wir haben keinen Fahrschulwagen, also kann ich so oft und so heftig in das Bodenblech treten, wie ich will, das Auto wird seine Geschwindigkeit auch nicht im Geringsten verringern.

      Das einzige, das sich ändert, ist die Laune des Fahrers. Muss ich so mit den Füßen herum zucken? Ja doch, natürlich hat er den ausscherenden LKW gesehen. Aber noch ist ja gar nicht sicher, ob auch wir deswegen bremsen müssen, dafür ist der LKW viel zu weit vor uns. Ob ich ihm nicht zutraue, dass er alles im Griff hat? Ob ich tatsächlich denke, er könne nicht sicher Autofahren?

      Noch bevor Martin mit seinen vorwurfsvollen Fragen fertig ist, hat meine Laune sich der seinen angepasst.

      Natürlich traue ich ihm zu, dass er uns beide heil an unser Ziel bringt. Aber das Auto dort vorne hat doch wirklich gebremst! Ob er da nicht wenigstens den Fuß vom Gaspedal nehmen könnte? Und außerdem hat er ganz offensichtlich vorhin das Tempo-100-Schild übersehen, sonst würde er nicht immer noch auf der Überholspur zusammen mit allen anderen Autos 120 fahren. Ob er vielleicht irgendwann gedenkt, nach rechts zu wechseln, um uns einen Strafzettel zu ersparen?

      Nein, daran denkt der Mann am Steuer nicht. Schließlich gibt es hier weder eine Radarfalle noch einen Grund für die Geschwindigkeitsbeschränkung. Und ein Spurwechsel verzögert den Verkehrsfluss.

      Er könnte auch den Zeitpunkt unseres ersten Unfalls verzögern, denke ich. Diese Überlegung behalte ich aber lieber für mich.

      Und so schweigen wir uns in der folgenden halben Stunde sehr beredt an.

      So lange, bis ich mich in einer engen Kurve am Türgriff festhalte. Für mich eine instinktive Reaktion, für Martin ein Zeichen von vollkommen unnötiger Angst. Das Auto wird schon nicht aus der Kurve fliegen! Ob ich immer noch nicht weiß, dass er fahren kann?

      Natürlich weiß ich, dass Martin völlig sicher Auto fährt! Aber gerade eben war da diese Kurve …

      Und prompt geht die ganze Diskussion, nur mit leicht abgewandeltem Thema, von vorne los.

      So haben wir auf längeren Fahrten immer wieder gestritten und uns letztendlich schmollend angeschwiegen. So lange, bis Martin den entscheidenden Satz gesagt hat, der uns auf den tiefen Grund unserer regelmäßigen Verstimmungen geführt hat: „Du benimmst dich wie meine Mutter!“

      Doch, ich schätze meine Schwiegermutter durchaus. Nur ist sie eben eine reichlich besorgte Beifahrerin. Und ihr mütterlicher Beschützerinstinkt ist besonders stark ausgeprägt. Wie schon gesagt, bei einem Kleinkind ist letzterer wichtig und notwendig. Aber auf einen achtzehnjährigen Fahranfänger trug die Kombination aus mütterlicher Angst und Sorge nicht gerade zu einer Steigerung seines Autofahrer-Selbstbewusstseins bei.

      Und nun sitzt neben dem Fahranfänger von einst die ersehnte junge Dame. Aber die denkt gar nicht daran, sich in Bond-Girl-Manier völlig cool darauf zu verlassen, dass er alle Eventualitäten des Straßenverkehrs mit links meistern wird. Stattdessen denkt die Blondine auf dem Beifahrersitz mit drei oder vier Autos vor sich mit. Und reagiert auf deren Fahrweise schneller, als ihr Liebster am Steuer das tut. So greift sie eben manchmal nach dem Türgriff, zuckt instinktiv zusammen oder tritt auf eine nicht vorhandene Bremse. Für sie ist das überhaupt keine Kritik an seinem Fahrstil. Aber bei ihm kommt es so an. Weil ich mit meinem Zucken die gleiche Kerbe in den Gefühlen meines Liebsten treffe wie vor Jahren seine Mutter.

      Als Martin und ich endlich auf die Gründe für unsere ungewöhnlich häufigen und heftigen Diskussionen beim Autofahren gestoßen sind, haben wir uns erst einmal betreten angeschaut. Denn was konnten wir schon tun, um derartige Szenen künftig zu vermeiden? Das Mitdenken und Mit-Reagieren als Beifahrerin war mir doch schon längst in Fleisch und Blut übergegangen! Das würde ich so einfach nicht ändern können, auch wenn ich jetzt um Martins Empfindlichkeit an diesem Punkt wusste. Und wie sollte Martin die tiefe Kerbe in seinem Inneren ignorieren, die von jeder ängstlichen Reaktion meinerseits noch ein wenig tiefer eingeschlagen wurde?

      Es wurde tatsächlich eine lange Übungsphase für uns beide. Ein ums andere Mal musste ich mich bemühen, ruhig darauf zu vertrauen, dass Martin bremsbereit war, auch wenn ich davon nichts sehen konnte. Musste ich mich daran erinnern, dass er bisher immer noch rechtzeitig reagiert hat. Martin musste sich seinerseits ein ums andere Mal sagen, dass mein Tritt auf die imaginäre Bremse ihn weder als Autofahrer noch als Mensch herabwürdigte. Dass ich zwar in kritischen Situationen kurz zusammenzuckte, aber nicht in Panik verfallen würde.

      Ganz abgeschlossen ist diese Übungsphase bis heute nicht. Wir müssen uns immer wieder gegenseitig an diese Wahrheiten erinnern. Aber immer seltener. Jedenfalls bekommt das Bodenblech vor dem Beifahrersitz wesentlich weniger Tritte ab. Und wenn ich in einer kritischen Situation hörbar die Luft anhalte, fragt Martin ohne vorwurfsvollen Unterton, ob ich mich unsicher fühle. Um dann notfalls das Tempo zu drosseln oder die zweite Hand ans Lenkrad zu nehmen.

      James Bond und sein Mädchen auf dem Beifahrersitz besiegen auf ihren halsbrecherischen Autofahrten stets irgendwelche finsteren Bösewichte. Martin ist kein James Bond, und ich tauge nicht zu dessen Gespielin. Wir haben auch noch nie einen Gangsterboss aus dem Weg geräumt. Sondern nur einen Anlass zu unnötigem Streit. Aber das immerhin nicht nur im Film, sondern im ganz realen Leben. Also da, wo es wirklich von Bedeutung ist.

      Diagnose

       Oktober 1993

      „Mami, Mami, was wäre dir lieber: Ein Loch in meinem Kopf oder ein Loch in meiner Hose?“

      „Ein Loch in der Hose natürlich!“

      „Na dann ist ja alles gut. Ich bin nämlich grade vom Baum gefallen und hab mir meine neue Hose zerrissen.“

      Der Witz ist weder besonders neu noch sonderlich originell.

      Aber

Скачать книгу