Tropenkoller. Georges Simenon

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tropenkoller - Georges Simenon страница 5

Tropenkoller - Georges  Simenon Georges Simenon

Скачать книгу

hat mir diese Stellung verschafft. Einer seiner Freunde ist Vertreter von …«

      Timar saß immer noch. Der Kommissar ging um ihn herum und betrachtete ihn interessiert. Manchmal fiel ein Lichtstrahl auf ihn und ließ erkennen, dass seine Oberlippe gespalten war und sein Gesicht sowie die gesamte Erscheinung männlicher waren, als es zunächst ausgesehen hatte.

      »Das ist ja eine merkwürdige Idee. Nun, wir werden noch darüber sprechen. Kannten Sie die Renauds, bevor Sie herkamen?«

      »Die Renauds?«

      »Die Besitzer des Hôtel Central … Übrigens, ist er noch nicht tot?«

      »Es sieht so aus, dass er den Vormittag nicht überleben wird.«

      »So etwas! Und …«

      Timar wusste plötzlich, was ihn trotz der Herzlichkeit des Beamten störte. Während der Kommissar in dem Büro auf und ab ging, blickte er ihn nämlich fast auf die gleiche Art an wie Adèle. Eine Mischung aus Erstaunen, Neugier und sogar einer leisen Zärtlichkeit.

      »Trinken Sie einen Whisky?«

      Ohne die Antwort abzuwarten, befahl er einem der Boys auf der Veranda, welchen zu holen.

      »Natürlich wissen Sie von dem, was in dieser Nacht passiert ist, auch nicht mehr als die anderen …«

      Timar errötete, was der Kommissar bemerkte. Timar wurde noch röter, und sein Gegenüber nahm die Whiskyflasche aus den Händen des Boys und füllte die Gläser, wobei er keuchte wie jemand, dem die Hitze den Atem nahm.

      »Sie wissen, dass man einen Schwarzen zweihundert Meter vom Hotel entfernt niedergeknallt hat. Ich komme eben vom Gouverneur. Es ist eine schmutzige Geschichte, eine sehr schmutzige Geschichte!«

      Im Nebenzimmer klapperte immer noch die Schreibmaschine, und da die Tür halb offen stand, sah Timar, dass der Sekretär ein Schwarzer war.

      »Auf Ihr Wohl! Sie können es noch nicht verstehen. Aber in den nächsten Tagen werden Sie allmählich begreifen. Ich habe Sie kommen lassen, um Sie wie die anderen zu vernehmen. Alle werden mir das Gleiche sagen, nämlich dass sie nichts wissen. Eine Zigarette? Nein? Sie müssen einmal bei uns zu Mittag essen. Ich stelle Sie dann meiner Frau vor. Sie kommt aus Calvados, aber auch sie kennt Ihren Onkel in Cognac.«

      Timar entspannte sich. Er empfand das Halbdunkel, das ihm zuerst unangenehm gewesen war, mit der Zeit als wohltuend. Auch der Whisky trug dazu bei, ihn wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Außerdem blickte ihn der Kommissar, der wohl ausreichend beobachtet hatte, nicht mehr unverwandt an. Timar wagte es, eine Frage zu stellen.

      »Was sind das für Leute, die Renauds, von denen Sie eben gesprochen haben?«

      »Hat man Ihnen nichts erzählt? Vor fünfzehn Jahren ist Eugène Renaud aus Frankreich ausgewiesen worden. Mädchenhandel, aber vermutlich auch einige andere Vergehen. Es gibt mehrere solche Fälle in Libreville.«

      »Und seine Frau?«

      »Sie ist wirklich seine Frau, richtig mit ihm verheiratet. Das war sie schon damals. Sie arbeiteten vor allem im Ternes-Viertel. Trinken Sie Ihr Glas aus!«

      Timar leerte das Glas drei-, vielleicht viermal. Der Kommissar trank ebenso viel und wurde schließlich sehr redselig. Hätte der Staatsanwalt nicht angerufen und ihn dringend sprechen wollen, hätte das Gespräch noch viel länger gedauert.

      Als Timar ins Freie trat, strahlte die Sonne senkrecht auf ihn herunter, und es war so drückend, dass er nach hundert Metern Angst bekam. Sein Nacken brannte. Er vertrug den Whisky nicht, und er musste an Eugène Renauds blutigen Urin und an andere Geschichten denken, die er eben gehört hatte.

      Vor allem aber dachte er an Adèle. Als er selbst erst sieben Jahre alt gewesen war, hatte sie schon Renaud geholfen, Mädchen für Südamerika zu beschaffen. Sie war Renaud nach Gabun gefolgt, zu einer Zeit, als an der Küste nur Holzhütten standen. Sie hatten sich im Wald niedergelassen, als einzige Weiße weit und breit, hatten Bäume gefällt und die Stämme den Fluss hinuntertreiben lassen.

      Einfältige Bilder drängten sich vor Timars inneres Auge, Illustrationen aus Büchern von Jules Vernes, unter die sich hier und da ein wenig Wirklichkeit mischte. Er folgte dem weiten Weg aus roter Erde, der am Meer entlangführte, und sah, wie sich die Kokospalmen vom Himmel und von dem bleiernen Grau der Wasseroberfläche abhoben. Keine einzige Welle, nur ein leichtes Kräuseln war am Flutsaum zu sehen. Halb nackte Männer mit buntem Lendenschurz standen um die Pirogen der Fischer herum, die gerade zurückgekommen waren.

      Der Fluss war dort hinten, kaum einen Kilometer entfernt, am Ende der Bucht. Allerdings hatte es zu Adèles und Eugènes Pionierzeit in all dem Grün noch nicht die roten Dächer der Faktoreien und der Büros des Gouverneurspalais gegeben.

      Sie trug damals sicher Stiefel und einen Patronengürtel und bestimmt kein Kleid aus schwarzer Seide auf ihrer nackten Haut. Während er weiterging, suchte er Schatten, aber dort war es genauso heiß wie in der Sonne. Es war die Luft, die alles versengte, selbst die Kleider waren so heiß, dass man sie kaum anfassen konnte. Und früher hatte es weder Ziegelmauern noch Eis zum Kühlen der Getränke gegeben.

      Nach acht Jahren waren Adèle und Renaud trotz des Einreiseverbots mit sechshunderttausend Franc nach Frankreich zurückgekehrt und hatten das Geld in wenigen Monaten ausgegeben, verjubelt, wie der Kommissar sagte.

      Wofür? Was für ein Leben hatten sie geführt? An welchen Orten hätte der halbwüchsige Timar ihnen begegnen können?

      Sie waren wiedergekommen. Sie waren wieder in den Wald gezogen. Der Mann war zweimal an Hämaturie erkrankt, und Adèle hatte ihn gepflegt.

      Erst vor drei Jahren hatten sie das Central gekauft.

      Und eines Morgens hatte Timar diese Frau auf dem schweißnassen Bett in den Armen gehalten.

      Er wagte nicht, seinen Tropenhelm abzunehmen und sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Es war Mittag, und er ging allein, mutterseelenallein, die glühend heiße Straße entlang.

      Der Kommissar hatte ihm noch andere Geschichten erzählt, ohne sich zu empören, nur wenn er fand, dass die Leute übertrieben, hatte er ärgerlich gebrummt.

      So war es bei dem Pflanzer, der vor einem Monat seinen Koch an den Füßen über einer Wasserschüssel aufgehängt hatte, weil er glaubte, dass dieser ihn vergiften wollte. Hin und wieder lockerte er den Strick, und der Kopf tauchte in die Schüssel. Schließlich hatte er eine gute Viertelstunde lang vergessen, den Schwarzen wieder hochzuziehen, und er war tot.

      Der Prozess lief. Der Völkerbund hatte sich eingeschaltet. Und schon war wieder ein Eingeborener ermordet worden!

      »Man wird sie nicht davonkommen lassen«, hatte der Kommissar erklärt.

      »Wen?«

      »Die Mörder.«

      »Und in den anderen Fällen?«

      »Fast immer findet sich eine Lösung.«

      Was hatte Adèle während des Festes nachts draußen gemacht? Und warum hatte sie Thomas ein paar Stunden zuvor ins Gesicht geschlagen? Timar hatte nichts gesagt. Er würde auch nicht darüber sprechen. Aber hatte niemand sonst sie von draußen hereinkommen sehen?

      Wieder

Скачать книгу