Sinfonie der Lust | Erotischer Roman. Ayana Hunter
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»Was ist los? Ich sehe doch, dass irgendetwas nicht stimmt.«
»Ach nichts, alles in Ordnung«, wiegelte Lara ab, ohne überzeugend zu wirken.
»Du weißt, dass ich so lange bohre, bis du mir verrätst, was dich bedrückt.« Vanessa biss in einen Keks und sah sie abwartend an.
»Ich weiß auch nicht. Wenn ich dir jetzt gestehe, dass ich erleichtert bin, dass er weg ist … Was denkst du dann von mir?« Sie kaute auf ihrer Unterlippe und blickte in ihren Becher, als würde sie die Zukunft darin lesen können. Außerdem fühlte sie sich unwohl. Aber ihre Freundin war die Einzige, der sie vertrauen konnte. Und sie musste einfach reden. Es ging so vieles in ihrem Kopf herum.
»Ich verurteile dich deshalb nicht. Lange schon wundere ich mich, dass du alles so hinnimmst. Mich würde der Mann in den Wahnsinn treiben. Wo genau drückt denn der Schuh?«
»Ich glaube, er betrügt mich«, platzte es aus Lara heraus.
Ihre Freundin sah sie überrascht an. »Wie kommst du denn auf so etwas, Süße?«
Lara stockte kurz, nahm einen Schluck und nuschelte in die Tasse: »Es gibt genügend Anzeichen dafür. Und seit Längerem gibt er sich beim Sex keine Mühe mehr und anscheinend stört es ihn nicht im Geringsten, wenn ich nicht zum Höhepunkt komme.«
»Das muss doch aber nicht gleich heißen, dass er dich betrügt. Vielleicht ist er einfach zu gestresst«, versuchte ihre Freundin sie zu beruhigen.
»Van, ich bin nicht blöd.« Lara erhob sich, holte einen Zettel aus einer Schublade und hielt ihn ihrer Freundin vor die Nase.
»Berghotel ›Goldener Bär‹ …«, entzifferte Vanessa.
»Mit mir war er nicht vor ein paar Monaten in Aspen zum Skifahren. Das war in der Zeit, als er eigentlich für drei Wochen auf einer Geschäftsreise gewesen sein sollte. Dazu gehörte wohl auch ein Abstecher mit seiner Geliebten. Meine Alarmglocken schrillen schon länger, aber ich bin einfach nicht in der Lage, ihm das an den Kopf zu knallen.« Ein Schluchzen drängte sich aus ihrem zugeschnürten Hals und dann fing sie an, hemmungslos zu weinen.
Vanessa nahm sie in die Arme und tröstete sie:
»Ich will dir mal was sagen: Michael ist ein Idiot. Eine bessere Frau als dich konnte er gar nicht bekommen.«
Das half zumindest so weit, dass sie aufhörte, zu schluchzen.
»Hast du einen Verdacht, wer sie sein könnte?«, hakte Vanessa nach.
Sie zog die Nase hoch, schüttelte den Kopf und sagte dann: »Keinen blassen Schimmer. Er hat nie eine Andeutung gemacht.«
»Okay. Du darfst dir das nicht länger gefallen lassen. Du musst ihn damit konfrontieren. Wenn ihm noch etwas an dir liegt, gesteht er vielleicht seine Affäre und dann kannst du immer noch entscheiden, ob du ihm eine Chance gibst. Aber wenn er dich weiter anlügt, schmeiß ihn raus. Und außerdem musst du an deinem Selbstbewusstsein arbeiten. Ich schau’ mir das so nicht länger an.«
Vanessa zog ein Taschentuch aus ihrer Tasche und hielt es Lara vor die Nase: »Hier und nun trinken wir erst mal einen guten Tropfen Wein miteinander.« Sie holte eine Flasche spanischen Rotweins aus der Bar, entkorkte diesen und schenkte die Gläser voll. Lara schniefte noch immer, nahm dann aber einen tiefen Schluck, was ihr spürbar guttat.
Ja, so ging es wirklich nicht weiter, da hatte ihre Freundin vollkommen recht. Aber die Situation war derart festgefahren, dass sie einfach nicht wusste, wie sie da rauskommen sollte, ohne seelischen Schaden zu nehmen.
Bis spät in die Nacht unterhielten sie sich und am Ende blieb Vanessa sogar über Nacht. Irgendwie fühlte es sich richtig gut an, gegen Michaels Regeln zu verstoßen.
***
Am nächsten Morgen wachte Lara verkatert auf. Von ihrer Freundin fand sie nur noch einen Zettel auf dem Frühstückstisch:
Muss arbeiten. Rufe dich später an. Kopf hoch.
hdl Van
Dunkel erinnerte sie sich an die Worte ihrer Freundin. »Wenn er es dir nicht besorgt, dann such dir ein Abenteuer. Er braucht es doch nicht zu erfahren. Du bist fast dreißig und lebst das Leben eines Mauerblümchens. Du hattest noch nie jemand anderen im Bett. Die meisten Männer können Sex und Liebe gut voneinander trennen.«
War das tatsächlich so? Waren Männer und Frauen so unterschiedlich gestrickt? Fehlte es ihrem Mann an Abwechslung im Bett? Warum suchte er sie woanders? Wirkte sie auf ihn vielleicht unerotisch und …? Die Kaffeemaschine lief noch, als das Telefon klingelte. Vanessa hatte den Alkoholexzess des vergangenen Abends besser weggesteckt, denn sie quasselte bereits wieder wie ein Wasserfall.
»Habe ich dir schon die Story von meinem Sex-Chat erzählt?«
Lara überlegte. Nein, Sex-Chat, an eine solche Geschichte müsste sie sich erinnern, oder nicht? Wie sollte das denn überhaupt funktionieren? Irgendwie war sie schon wieder neugierig. Der Gedanke an heiße, unanständige Unterhaltungen schob sogleich das fiese Hämmern in den Schläfen hinweg, das der Kater von gestern verursachte. Vanessa war echt ein einziges Mysterium. »Van, ich will es genau wissen«, antwortete sie und schenkte sich abermals Kaffee nach.
»Gut, Süße, dann sperr mal deine Lauscher auf. Ich verspreche dir, es wird schmutzig und scharf.«
2
Oh mein Gott, schon wieder so eine Tussi, die ihren Text nicht beherrschte. Wenn das so weiterging, dann konnte sie die Verabredung mit Ben heute Abend getrost in die Tonne treten. Dabei hatte Vanessa sich schon so auf die Cocktailbar und die darauffolgende heiße Nummer gefreut. Die Laienschauspieler waren nur noch für diesen Tag gebucht, deshalb musste der Dreh heute im Kasten landen. Es fehlten aber immer noch zwei entscheidende Einstellungen und es war bereits 18.00 Uhr durch.
»Abbruch. Sorry, du hast jetzt statt ›Sohn‹ ›dein Mann‹ gesagt. Außerdem hast du schon wieder vergessen, dich seitlich zur Kamera aufzustellen. Wir proben das besser noch einmal und starten dann wieder von vorn. Team bitte Stellprobe ab Szenenanfang.« Vanessa war Regisseurin aus Leidenschaft und hatte lange gebraucht, um als Frau in diesem Job Fuß zu fassen. Nun hatte sie eine Festanstellung bei einer Produktionsfirma, die für einen bekannten Privatsender arbeitete und sie war für die Herstellung der ganzen Staffel einer Dokusoap verantwortlich. Das bedeutete viel Stress und etliche Überstunden. Trotzdem würde sie um nichts in der Welt den Job mit jemand anderem tauschen wollen. Das war auch einer der Gründe, warum all ihre Partnerschaften gescheitert waren. Dem letzten Freund hatte jegliches Verständnis für ihre Tätigkeit gefehlt. Ständige Vorhaltungen und Eifersuchtsdramen konnte sie an einem arbeitsreichen Tag nicht auch noch gebrauchen. Sie hatte ihm den Laufpass gegeben und war nun froh, sich ihre Zeit wieder so einteilen zu können, wie sie es wollte. Allerdings musste sie zugeben,