Maigret und das Gespenst. Georges Simenon

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Maigret und das Gespenst - Georges  Simenon Red Eye

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du zum Mittagessen nach Hause?«

      »Höchstwahrscheinlich nicht.«

      »Wäre es nicht vielleicht …«

      Sie dachte an Madame Lognon, die hilflos und allein in ihrer Wohnung war.

      »Zieh dich schnell an. Wir setzen dich an der Place Constantin-Pecqueur ab.«

      Die Lognons wohnten dort schon seit über zwanzig Jahren in einem roten Backsteinhaus, dessen Fenster mit gelben Ziegeln eingefasst waren. Die Hausnummer hatte sich Maigret nie merken können.

      Lapointe setzte sich ans Steuer des kleinen Wagens der Kriminalpolizei. Es war das zweite Mal in all den Jahren, dass Madame Maigret mit ihrem Mann in einen solchen Wagen stieg.

      Sie fuhren an überfüllten Bussen vorbei. Auf den Gehsteigen eilten die Leute dahin, nach vorn gebeugt und krampfhaft ihre Schirme festhaltend, die der Wind ihnen zu entreißen versuchte.

      Sie erreichten Montmartre, die Rue Caulaincourt.

      »Hier ist es … Ruf mich im Büro an. Ich denke, ich werde gegen Mittag dort sein.«

      Kaum war ein Fall abgeschlossen, da begann schon der nächste, von dem er noch nichts wusste.

      Er mochte Lognon. In amtlichen Berichten hatte er oft auf seine Verdienste hingewiesen und ihm sogar seine eigenen Erfolge zugeschrieben. Aber all das hatte nichts genützt. Lognon blieb ein Pechvogel!

      »Zunächst mal ins Bichat …«

      Eine Treppe. Flure. Offene Türen, durch die man aufgereihte Betten sah und Patienten, die die vorbeigehenden Männer neugierig musterten.

      Man schickte sie in die falsche Richtung, und sie mussten wieder zum Hof hinunter und eine andere Treppe hinauf, ehe sie endlich vor einer Tür mit der Aufschrift Chirurgie standen und einen ihnen bekannten Inspektor vom 18. Arrondissement fanden, einen gewissen Créac, der eine unangezündete Zigarette im Munde hatte.

      »Ich glaube, Sie tun gut daran, Ihre Pfeife auszumachen, Herr Kommissar. Es gibt hier einen Drachen, der sich prompt auf Sie stürzen wird. So ist es mir ergangen, als ich meine Zigarette anstecken wollte …«

      Krankenschwestern hasteten vorbei, mit Schüsseln, Eimern, Tabletts voller Flaschen und vernickelter Instrumente.

      »Ist er immer noch drin?«

      Es war Viertel vor neun.

      »Seit vier Uhr operiert man ihn schon.«

      »Und? Neuigkeiten?«

      »Nein … Ich habe versucht, in dem Büro da links etwas zu erfahren, aber die Alte …«

      Es war die Oberschwester, die Créac den Drachen genannt hatte. Maigret klopfte. Eine wenig liebenswürdige Stimme rief:

      »Herein! Was gibt’s?«

      »Entschuldigen Sie die Störung, Madame. Ich bin Kriminalkommissar Maigret …«

      Der kalte Blick der Frau schien zu sagen:

      »Na und?«

      »Können Sie mir etwas über den Zustand des Inspektors sagen, den man gerade operiert.«

      »Erst wenn die Operation beendet ist … Ich weiß bloß, dass er nicht tot ist, denn der Professor ist noch nicht herausgekommen.«

      »Konnte er sprechen, als man ihn hergebracht hat?«

      Sie sah ihn an, als hätte er eine blöde Frage gestellt.

      »Er hatte sehr viel Blut verloren, wir mussten ihm sofort eine Transfusion geben.«

      »Wann, glauben Sie, wird er das Bewusstsein wiedererlangen?«

      »Das müssen Sie Professor Mingault fragen.«

      »Falls Sie ein Einzelzimmer haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie es für ihn reservieren würden. Es ist wichtig. Ein Inspektor wird an seinem Bett wachen …«

      Sie spitzte die Ohren, denn die Tür zur Chirurgie hatte sich geöffnet, und im Flur erschien ein Mann, der auf dem Kopf eine Haube trug und über seinem weißen Kittel eine blutbefleckte Schürze.

      »Herr Professor, hier ist jemand, der …«

      »Kommissar Maigret.«

      »Angenehm.«

      »Lebt er?«

      »Ja, noch lebt er … Sofern keine Komplikationen auftreten, dürfen wir hoffen, dass er durchkommt.«

      Seine Stirn glänzte von Schweiß, er sah erschöpft aus.

      »Noch etwas … Es wäre wichtig, dass er ein Einzelzimmer bekommt …«

      »Kümmern Sie sich darum, Madame Drasse … Gestatten Sie?«

      Mit großen Schritten ging er zu seinem Büro. Die Tür öffnete sich von Neuem. Ein Krankenpfleger schob ein fahrbares Bett heraus, auf dem sich unter einem Laken ein Körper abzeichnete. Von dem steif daliegenden Lognon sah man nur den oberen Teil des Gesichts.

      »Bringen Sie ihn in Nummer 218, Bernard …«

      »Sehr wohl, Madame.«

      Sie folgte dem Bett. Maigret, Lapointe und Créac schlossen sich ihr an. Eine düstere Prozession: In fahlem Licht, das durch die hohen Fenster fiel, ging es vorbei an den Krankensälen mit ihren Bettenreihen. Es war wie in einem bösen Traum.

      Ein Assistenzarzt, der aus dem Operationssaal kam, schloss sich ebenfalls dem Zug an.

      »Sind Sie ein Angehöriger?«

      »Nein … Kommissar Maigret …«

      »Ach! Sie sind das?«

      Er warf ihm einen neugierigen Blick zu, als wollte er sich vergewissern, dass Maigret dem Bild entsprach, das er sich von ihm gemacht hatte.

      »Der Professor sagt, er könnte durchkommen.«

      Es war eine Welt für sich, in der die Stimmen nicht den gleichen Klang hatten wie anderswo und die Fragen ohne Echo blieben.

      »Wenn er das gesagt hat …«

      »Wissen Sie vielleicht, wie lange es dauern wird, bis er wieder bei Bewusstsein ist?«

      War Maigrets Frage derart absurd, dass man ihn so ansehen musste? Die Oberschwester ließ die Polizeibeamten nicht in das Zimmer eintreten.

      »Nein. Noch nicht.«

      Man musste den Verletzten ins Bett legen und zweifellos behandeln, denn zwei Schwestern brachten Verschiedenes, darunter ein Sauerstoffzelt.

      »Bleiben Sie hier im Flur, wenn es unbedingt sein muss. Gern sehe ich das allerdings nicht. Es gibt Besuchszeiten …«

      Maigret

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