Die Orbit-Organisation. Anne M. Schüller

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Die Orbit-Organisation - Anne M. Schüller Dein Business

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Marktforschung bei angestammten Kunden testen will, erntet eher Fehlprognosen, etwa so: Niemand brauche ein Mobiltelefon für 500 Dollar, das nicht mal eine Tastatur habe, erklärte der frühere Microsoft-Chef Steve Ballmer 2007 in einem Interview zum ersten iPhone überheblich.11 Kacheln im Handy? Die Leute wollen telefonieren, war sich ein hochrangiger Nokia-Manager sicher. Wenn selbst absolute Vollprofis bei Disruptionen derart danebenliegen, wie will da ein »Normalo« akkurate Vorhersagen machen? Wer dies fordert, zwingt die Leute zur Zögerlichkeit und strandet auf Nummer sicher in vertrauten Gefilden. Neue Businesslogiken lassen sich nicht mit alten Management-Denkmustern lösen.

       Disruption bringt jeden dazu, sich immer wieder neu zu erfinden.

      Ein zusätzliches Manko: Große Unternehmen brauchen große Zahlen, viele Kunden, jede Menge Umsatz und hohe Margen, um die geforderten Wachstumszuwächse zu erreichen. Ressourcen-Allokationen gehen dorthin, wo die großen Zahlen sind. Unter solchen Umständen kümmert sich niemand um Außenseiter. Kein Marketer hängt sich in etwas Vages rein, und kein Manager setzt seine Karriere aufs Spiel, solange er an Kurzfrist-Vorgaben gemessen wird. Wie soll unter solchen Umständen Disruptives entstehen? Wer immer zuerst nach Kennzahlen fragt und das Verfehlen von Plansolls öffentlich ahndet, macht sich zum Totengräber von Innovation und Kundenzentrierung. Nicht nur das, was man potenziell hinzugewinnt, sondern auch die verpassten Gelegenheiten und all das, was man dadurch auf Dauer verliert, müssen mit einkalkuliert werden. Investitionen in demnächst unrentable Technologien müssen dezimiert und Freiräume für wirklich innovative Geschäftsmodelle geschaffen werden.

      Doch selbst die jüngste Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass Firmen sich fast immer dafür entscheiden, die bestehenden Einnahmequellen zu schützen. Mit oft verheerendem Ausgang, wie man regelmäßig der Presse entnimmt. Das wahre Grundproblem rückt dabei allerdings kaum in den Vordergrund: die hoffnungslos veraltete Organisationsstruktur. Sie muss als Erstes disruptet werden. Eine Vielzahl von Pionierunternehmen hat dies längst in Angriff genommen. Die große Mehrheit der etablierten Unternehmen hingegen klebt weiter fest an ihrem pyramidalen System.

      Hoffnungslos veraltet: Die Pyramidenorganisation

      Schauen wir uns zunächst an, wie pyramidale Systeme grundkonzipiert sind. Das erkennen wir gut in Abbildung 3:

      imageDer Geschäftsführer, Vorstand beziehungsweise CEO (Chief Executive Officer) wird durch Attribute wie Macht und ein exzessives Salär stark herausgehoben.

      imageUnter ihm gibt es mehrere Führungsebenen: eine obere, heutzutage meist C-Level genannt (CMO, CIO, CFO usw.), eine mittlere und eine untere.

      imageDer Pulk der Mitarbeiter trägt die ganze Last. Es sind »die da unten«, das Fußvolk, das Humankapital, Spielfiguren des Managements, Mittel zum Zweck.

      imageAlles Streben der Organisation gilt der »Sonnenanbetung«, Profitmaximierung genannt.

      Ein solches Denkmodell hängt der männlichheroischen Ansicht nach, dass es ein paar wenige weit oben gäbe, die »den ganzen Laden schmeißen«. Viele Symptome des Abblockens neuer Organisationsstrukturen, aber auch das weitläufige Fehlen weiblicher Führungskräfte im obersten Stock, haben ihren Ursprung in diesem veralteten Mindset.

      Visuell manifestiert sich dieses Denkmodell als Top-down-Organigramm. Es ist derart Standard, dass man es, scheinbar alternativlos, in klassischen Organisationen quasi überall findet. Im Wesentlichen wird darin dokumentiert, wer wem vorgesetzt und wer wem untergeben ist. In einer Selbstschau strukturiert man sich nach Funktionen oder Geschäftsbereichen. Die Kommunikation läuft hierarchisch von oben nach unten und wieder zurück. Was bedeutet: Oben wird gedacht, unten wird gemacht. Führungskräfte werden vor allem dafür bezahlt, dass die Mitarbeiter wie gewollt spuren. »Dienst nach Vorschrift« ist üblich. Ganze Abteilungen sind dazu da, andere zu kontrollieren.

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      Abb. 3: Das Pyramidenmodell einer klassischen Unternehmensorganisation

      Gearbeitet wird zentralistisch organisiert in Formationen, die man gerne »Silos« nennt. Querverbindungen gibt es nur oben, zwischen den unteren Ebenen offiziell nicht. So weiß oft die rechte Hand nicht, was die linke tut, und genau das ist die Krux: Silodenke ist mit der Flexibilität, die die Märkte und Kunden heute verlangen, nicht vereinbar. Funktionssilos sind Anomalien. Sie stehen für Abschottung und Isolation, Netzwerke hingegen für Dialog und Zusammenarbeit. Silos sorgen für den gefährlichen Tunnelblick, Netzwerke für eine reiche Rundum-Perspektive. Wirklich Neues entsteht an Schnittstellen, in Randbezirken und dort, wo flexible Einsatztruppen interdisziplinär agieren – aber niemals in Silos.

      Was vermittelt uns zudem ein Organigramm? Der Chef thront ganz oben, darunter, in Kästchen eingesperrt, seine brave Gefolgschaft. Dokumentiert werden nur die Leitungsfunktionen, weder Mitarbeiter noch Kunden kommen darin vor. Vielmehr kreist die Führungsriege rein um sich selbst. Sie konzentriert sich auf Macht und nicht auf den Markt. Solche Organigramme haben übrigens militärische Wurzeln. Sie zementieren Hierarchien und Unterwürfigkeit, Starrheit und Konformität. Im digitalen Sturm haben sie, so wie die Monokulturen in unseren Wäldern bei einem Orkan, nicht den Hauch einer Chance. Ein gesunder »Mischwald« wäre besser geeignet. Kreativität, die Schlüsselressource der Zukunft, wird durch Top-down-Organigramme abgetötet. Indem man Mitarbeitern Macht und Bewegungsfreiheit entzieht, reduziert man ihre Effizienz. Und die Fähigkeit, ihr Bestes zu geben, verkümmert. Wer Menschen nach Vorgaben tanzen lässt, macht sie zu Hampelmännern. Und zwängt man seine Leute in ein Korsett aus Befehl und Gehorsam, fallen sie in Ohnmacht. Soweit die ziemlich erschütternde Erstdiagnose. Schauen wir uns das im Folgenden noch etwas genauer an.

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      Abb. 4: Ein klassisches Organigramm, wie man es fast überall findet

      Old School: Wie klassische Organisationen funktionieren

      Klassische Old-School-Organisationen nennen wir in diesem Buch bisweilen tradiert, etabliert, herkömmlich, traditionell, fragmentiert, autokratisch, alteingesessen, pyramidal. Ihre Wurzeln liegen im Industriezeitalter. Sie kommen also aus einer Zeit, in der Entwicklungen linear und Märkte überschaubar waren. Folgende Merkmale gehören in aller Regel zu größeren klassischen Unternehmen:

      imageEine hierarchische Top-down-Organisationsstruktur

      imageVon Zahlen und finanziellen Ergebnissen angetrieben

      imageFokus auf Marktführerschaft und Gewinnmaximierung

      imageHohe Kapitalbindung durch Besitz von Wirtschaftsgütern

      imageEffizienzgetriebene Prozesse

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