Die Orbit-Organisation. Anne M. Schüller

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Die Orbit-Organisation - Anne M. Schüller Dein Business

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sei Dank auch seine Theorie Y entwickelt. Sie steht für die Hypothese vom grundsätzlich engagierten Mitarbeiter, der Arbeit als Möglichkeit zur Selbstverwirklichung sieht und Freude daran hat, Leistung zu bringen. Befruchtendes Führen und gute Rahmenbedingungen ermöglichen seine volle Entfaltung. Tatsache ist: Von Haus aus gibt es keine Theorie-X-Menschen. Schlechte Führung lässt sie so werden. Ed Catmull, Leiter der überaus erfolgreichen Pixar Animation Studios, hat das einmal so ausgedrückt: »Wir beginnen mit der Annahme, dass unsere Mitarbeiter talentiert sind und einen Beitrag leisten wollen. Wir akzeptieren, dass unser Unternehmen ungewollt dieses Talent auf unzählige Weisen einengt. Aber wir versuchen, diese Hindernisse zu finden und zu beseitigen.«13

      Tatsächlich lassen sich Mitarbeiter auf ganz andere Weise unterscheiden: Einerseits gibt es die erfahrenen Mitarbeiter, die Könner. Das sind jene, die sich in ihrem Bereich sehr gut auskennen. Andererseits gibt es weniger erfahrene Leute. Dementsprechend sollte Führung ausschließlich nach diesem Kriterium unterscheiden: entweder begleitend oder Freiraum schaffend. Den erfahrenen Mitarbeitern muss Freiheit gegeben werden, damit sie ihre eigenen Lösungen entwickeln können. Demgegenüber ist es wichtig, die noch wenig erfahrenen Einsteiger an die Hand zu nehmen. Führungskräfte müssen ihnen Zeit geben, damit diese Mitarbeiter aus ihren Fehlern für die Zukunft lernen und so zu Könnern werden. Wie schon Albert Einstein sagte: »Alles wirklich Große und Inspirierende wird von Menschen geschaffen, die in Freiheit arbeiten können.«

      Was zwischen Old School und New School zeitlich geschah

      Die Frage, die sich nun stellt: Was hat eigentlich den Umbruch zwischen Old-School- und New-School-Unternehmen herbeigeführt? Das Aufkommen des Internets und die Entstehung der sozialen Netzwerke, verbunden mit einem permanenten mobilen Zugang, haben zu dreierlei Zuständen geführt:

      imageeiner exponentiellen Vernetzungsdichte,

      imageeiner hohen Spontanaktivität und

      imagezu viralen Effekten mit Tendenz zur Selbstaufschaukelung.

      Dieser Dreiklang und die dazugehörigen Wechselwirkungen führen dazu, dass die Komplexität ständig steigt und niemand Vorhersagen darüber machen kann, wohin sich das Ganze entwickelt. Der Schmetterlingseffekt, so formuliert es der leider verstorbene Organisationspsychologe Peter Kruse, steckt immer dazwischen.14

      Für die Menschen ergibt sich aus dieser Entwicklung dreierlei:

      imageSie erhalten quasi überall und jederzeit Zugang zu allem Wissen der Welt.

      imageSie erleben Selbstwirksamkeit und können Spuren hinterlassen.

      imageSie können sich in Netzwerken organisieren und zu Bewegungen zusammenschließen.

      Dies wiederum führt zu einer grundlegenden Machtverschiebung vom Anbieter zum Nachfrager. Nicht der Anbieter entscheidet, wohin die Reise geht, der Nachfrager entscheidet, was zählt. Macht wird also umdefiniert. Das »Reh« hat nun die Flinte in der Hand. Wir bekommen extrem starke Kunden – und sehr starke Mitarbeiter.

      Die Ökosysteme der Netzwerkwelt werden eine solche Dynamik entfalten, so Peter Kruse, dass Unternehmen es sich schlichtweg nicht leisten können, sich nicht zu verändern. Was das aber bedeutet: Nicht die Menschen müssen verändert werden, sondern das organisationale System. Man muss stimmige Rahmenbedingungen schaffen, damit die Anpassung an die Flutwelle des Wandels gelingt. Oder, um es mal martialisch zu sagen: Mit alten Waffen kann man keine neuen Kriege gewinnen. In der Produktionswelt von gestern ging es um das Steuern und Stabilisieren. In der Digitalwelt von morgen sind hohes Tempo, adaptive Beweglichkeit und ständiges Innovieren in einem komplexen Umfeld die Norm.

      Komplex: Was in vernetzten Systemen passiert

      Komplexe Systeme steuern sich in hohem Maß selbst. Nehmen wir als Anschauungsmaterial die komplexesten knapp anderthalb Kilo, die die Natur je erschaffen hat: unser Gehirn. Es ist der beste Beweis für funktionierende Selbstorganisation. Kein Neuronenklumpen sagt so was wie: »Wenn ihr Vorschläge habt, reicht die mal hoch, damit ich entscheiden kann, wie wir diesen Menschen zum Laufen bringen.« Vielmehr passt sich unser Denkapparat ganz ohne Befehl von »oben« in einem permanenten Selbstlernmodus blitzschnell an die sich laufend ändernden Außenbedingungen an. Dazu greift er auf einen Mix aus genetischen Programmen, gespeicherten Erfahrungen, etablierten Routinen und vorherrschenden Mindsets zurück. Seine Verschaltungen laufen nicht linear, sondern über vernetzte Knotenpunkte, etwa 20 an der Zahl. So kann unser Hirn auf mehr als einem Weg zu guten Ergebnissen kommen. Zudem bezieht es eine hohe Zahl heterogener Sinneseindrücke mit ein, bevor es entscheidet. Diese Eindrücke werden auf Relevanz überprüft und dann gewichtet. Schließlich kontrollieren permanente Rückkoppelungsschleifen, ob eine getroffene Entscheidung die richtige war.

       Unser Gehirn ist ein Musterbeispiel für funktionierende Selbstorganisation.

      Nervenbahnen, die nicht regelmäßig benutzt werden, verwildern wie Trampelpfade im Wald. »Use it or loose it« nennt man dieses Prinzip. Neuronale Baupläne werden andauernd aufgebaut, umgebaut und auch wieder abgebaut. Stockt alles und führt nichts zum Ziel, kennt das Gehirn sogar einen Selbstreinigungsmodus. Nicht mehr dienliche Synapsenverschaltungen werden komplett weggeräumt, um Platz zu schaffen. Es kommt zu einer neuronalen Neuvernetzung. Als die Menschen sesshaft wurden, war das zum Beispiel der Fall. Die Fähigkeit, in freier Natur zu überleben und seinem Jagdglück zu frönen, verkümmerte kläglich. Sicher haben damals Berufspessimisten vor dem kollektiven Verhungern gewarnt. Doch siehe da: Die Sesshaftigkeit hat Zivilisation und damit auch Kooperation in großem Stil überhaupt erst ermöglicht. »Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen, weil den Menschen die Steine ausgingen, sondern weil sie sich neuen Technologien zuwandten«, so die Archäologen.

      Auch die Mutter der Digitalisierung, das Internet, hat keinen Boss. Im Internet vernetzen sich die Menschen zu Schwärmen, die mal in die eine und mal in die andere Richtung ziehen, immer auf der Suche nach Neuem, Anderem, Besserem. Dabei geht es nicht nur um eine Vernetzung von Daten, sondern auch um die Vernetzung von Wissen. Wie das funktioniert? Im Web ist dies ein sich selbst steuernder permanenter Prozess, der über vielerlei Knotenpunkte, also Plattformen, Portale und soziale Netzwerke, läuft.

      Wenn die Komplexität zunehmend steigt, sind sich selbst organisierende Strukturen tauglicher als starre Systeme. In Netzwerken gibt es kein Oben und Unten. Weil Netzwerke sich dezentral organisieren, sind sie schnell, anpassungsfähig, robust und flexibel. Sie sind ein Brutkasten für die Kreativität genialer Köpfe, die ideenreich Neues hervorbringen können und wollen. Doch Kreativität ist ein sensibles Gewächs, das die richtigen Umstände braucht. Autonomie und ein teilendes Miteinander gehören dazu. Innovative Energie und damit auch Disruptionen brauchen also eine vernetzungsfreundliche Organisation. Und sie brauchen angstfreie Räume. Deshalb wird in florierenden Jungunternehmen auch so viel Wert auf ein Wohlfühlklima gelegt. Reale Begegnungen, ein angenehmes Umfeld, intensiver Austausch und gute Stimmung gehören dazu. Nur wem es gut geht, der macht gute Arbeit.

       Angst tötet Kreativität und innovative Energie.

      Überall

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