Wettbewerbsvorteil Gender Balance. Anke van Beekhuis

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Wettbewerbsvorteil Gender Balance - Anke van Beekhuis Dein Business

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Projektalltag einen Mehrwert bringen. Dieses Verständnis für Unterschiede – und hier geht es nicht um besser oder schlechter, sondern um anders – ist nach meinen Untersuchungen genau das, woran es vielen Unternehmenskulturen mangelt.

      Ziele meiner entsprechenden Beratungsworkshops sind, voneinander zu lernen, MitarbeiterInnen offen zu begegnen und sie somit besser zu fördern. Wie gehe ich dabei vor? Zunächst teile ich Männer und Frauen in einzelne Gruppen. Jede Gruppe bekommt die gleiche Aufgabe: Frauen und Männer beschreiben jeweils ihre eigenen Verhaltensweisen:

      • Wie verhalten Sie sich im Arbeitsalltag?

      • Was ist Ihnen in Bezug auf Ihre Arbeit wichtig?

      Ich mache diese Workshops seit zehn Jahren und stelle dabei immer die gleichen Fragen. Interessanterweise bleiben auch die Antworten weitgehend gleich. Und ich spreche hier von je rund 2000 befragten Frauen und Männern.

      Wie läuft die Beantwortung ab? Ich stelle kreisförmige Moderationskarten in unterschiedlichen Farben und drei Größen zur Verfügung. Die Aufgabenstellung lautet: Die Damen und Herren sollen ihre stark ausgeprägten Verhaltensweisen in unterschiedlicher Gewichtung je nach Kreisgröße an eine Pinnwand heften. Was mich immer wieder fasziniert: Knapp die Hälfte aller Frauen wählen rote und fast alle Männer blaue Kärtchen, obwohl ich bei der Auswahl der Kärtchen komplett freie Hand lasse.

      Wirklich spannend wird es, wenn man betrachtet, wie Männer und Frauen sich gegenseitig einschätzen. Denn wenn ich den Spieß umdrehe und Männer das ausgeprägte Verhalten von Frauen bzw. Frauen das ausgeprägte Verhalten von Männern beschreiben lasse, fällt das Ergebnis exakt gleich aus – egal, aus welcher Branche die Befragten kommen. Haben wir es hier mit Erkenntnissen zu tun oder mit Klischees? Für mich ist klar, dass eines sehr deutlich gezeigt wird: Es gibt unterschiedliche Verhaltensweisen von Mann und Frau, die von beiden Seiten bestätigt werden. Im vorherigen Kapitel habe ich die Studie von Tomas Chamorro-Premuzic zitiert, die ähnliche Ergebnisse erbrachte. Meine Arbeit ist jedoch nicht wissenschaftlich untermauert, sondern beruht rein auf praktischen Erfahrungen. Sollte es WissenschaftlerInnen geben, die diese unterschiedlichen Verhaltensweisen bestätigen, freut es mich natürlich.

       So bewerten sich Männer

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       Rund 1000 befragte Männer schätzen sich wie folgt ein:

       Große Kreise – sehr stark ausgeprägt:

      Status ist wichtig, direkte Durchsetzungsfähigkeit, Mut, Risikobereitschaft, machtorientiert, Loyalität / Freundschaft, Rationalität, Sachlichkeit, Entscheidungen einfach halten, größenwahnsinnig

       Mittlere Kreise – mittelmäßig ausgeprägt:

      effizient, Einzelkämpfer, Konsequenz, umsetzungsstark, Veränderungsbereitschaft, direkte sachliche Kommunikation

       Kleine Kreise – wenig bis gar nicht ausgeprägt:

      emotional, Struktur, zuhören und verstehen können, Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten

       So bewerten sich Frauen

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       Rund 1000 befragte Frauen schätzen sich wie folgt ein:

       Große Kreise – sehr stark ausgeprägt:

      diskutieren und abwägen, Perfektionismus, selbstkritisch, empathisch, emotional, selbstreflektiert, wenig Selbstbewusstsein, strukturiert, organisiert

       Mittlere Kreise – mittelmäßig ausgeprägt:

      kommunikativ, lachen gerne, Weitblick, kultiviert, fürsorglich, teamorientiert, harmoniebedürftig, gesellig, kreativ und verspielt

       Kleine Kreise – wenig bis gar nicht ausgeprägt:

      selbstbewusstes Auftreten, vorne stehen, zielorientiert

       Geschlechterspezifische Gruppendynamik

      Ebenso spannend wie die Ergebnisse auf der Pinnwand ist für mich das Verhalten der unterschiedlichen Gruppen während der Übung. Sie bestätigen für einen Beobachter das Ergebnis auf eindrucksvolle Weise. Die Gruppe der Männer hört teilweise bei den Anweisungen gar nicht mehr richtig zu, sondern startet gleich los. Männer nehmen sich die Kärtchen und schreiben ihre Punkte nieder – ohne Absprache oder Diskussion mit den Kollegen. Je technikorientierter die betreffende Gruppe ist, desto ausgeprägter ist dieses Verhalten. Ich habe Gruppen von Männern erlebt, bei denen kein einziges Wort gefallen ist, während geschrieben und gepinnt wurde. Es wird nichts abgesprochen. Es gibt meist nur einen Blick in die Runde und die Frage »Passt?«, was von den Kollegen mit Kopfnicken bestätigt wird. Bemerkt ein Teilnehmer, dass ein Kollege einen Begriff bereits an die Wand gepinnt hat, heftet er das eigene Kärtchen entweder dazu oder schmeißt es kommentarlos weg. Sie bringen aus meiner Sicht die Übung hinter sich und widmen sich zum Beispiel Gesprächen über das aktuelle Projekt oder über Themen, die sie beschäftigen.

      Die Übung dauert im Schnitt 15 Minuten. Sind Vorstandsmitglieder oder Vertreter unterschiedlicher Hierarchieebenen anwesend, wird ein wenig länger diskutiert. Dabei geht es meiner Beobachtung nach aber vorrangig darum, die Rangordnung abzubilden und sicherzustellen, dass Vorgesetzte gehört werden und recht haben wollen. Aber selbst dann dauert die Übung selten länger als 30 Minuten. Wenn die Gruppe für meine Begriffe allzu rasch fertig wird, stelle ich die Frage »Wie würde das Ergebnis aussehen, wenn Sie sich absprechen oder miteinander reden?« Zur Antwort bekomme ich meist: »Nichts. Eh alles klar. Oder war das die Aufgabenstellung? Müssen wir reden?« Diese Aussagen erstaunen mich immer wieder. Aus meiner weiblichen Sicht gäbe es natürlich noch einiges zu diskutieren.

      Wenn Frauen mit der Übung beginnen, wird lange Zeit nichts geschrieben oder gepinnt. Meist dienen die ersten fünf Minuten dazu, zu klären, wer schreibt. Frauen sind meistens davon überzeugt, dass nur eine Person tatsächlich auf die Kärtchen schreiben soll, damit ein möglichst perfektes Endergebnis (nicht zu viele Kärtchen verschwenden, einheitliche Schrift) gelingt. Jede Frau erklärt, warum sie nicht schreiben möchte (Handschrift, Rechtschreibung …). Es wird darüber gesprochen, ob vorher auf einen Notizblock geschrieben werden soll oder gleich auf Kärtchen.

      Frauen nutzen die Zeit für Klärung. Harmonie ist ihnen sehr wichtig. Keine Aussage darf übergangen werden und für alle Punkte sollte ein Konsens gefunden werden. Nach 15 Minuten muss ich die Frauengruppe meist darauf hinweisen, dass die Hälfte der Zeit vorbei ist. Dann bricht in der Regel so etwas wie Panik aus, weil zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Kärtchen an der Pinnwand klebt.

      In der Frauengruppe geht es um einiges emotionaler und intensiver zu, weil viel gelacht und gesprochen wird. Oft bilden sich innerhalb der Gruppe »Gesprächsinseln«, in denen über Teilbereiche gesprochen wird, weil alle Beteiligten den Zeitdruck spüren, aber alle Aspekte diskutieren wollen. Es kristallisiert sich dabei in der Regel eine Person heraus, die die Koordination übernimmt und die Ergebnisse auf den Punkt bringt. Im Gegensatz zu den Männern definiert sich diese nicht automatisch aufgrund der Hierarchieordnung. Jenes Gruppenmitglied, das am besten koordiniert, moderiert und strukturiert, wird für die Dauer dieser

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