Wettbewerbsvorteil Gender Balance. Anke van Beekhuis

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Wettbewerbsvorteil Gender Balance - Anke van Beekhuis Dein Business

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Zeitvorgabe von 30 Minuten nicht einhalten. Nicht weil sie nicht fähig dazu waren, sondern weil es ihnen wichtig war, alle miteinzubinden und zu diskutieren.

      Sobald beide Gruppen fertig sind, diskutieren wir offen über die Ergebnisse. Die Gruppen amüsieren sich über die Pinnwände der anderen, weil Männern die Vorgehensweise der Frauen natürlich nicht entgangen ist. Den Frauen wiederum fiel die Ruhe der Männer auf. Danach diskutieren wir darüber, wie sich diese unterschiedlichen Verhaltensweisen im Alltag bemerkbar machen:

      • Welchen Mehrwert haben sie in der Organisation oder im Team?

      • Wie können die Menschen voneinander profitieren?

      • Wie lassen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlich fördern?

      All das führt direkt zu den Fragen der Unternehmenskultur: Welche Verhaltensweisen sind im Unternehmen akzeptiert und ebnen den Weg zu einer Führungsposition und welche nicht? Erst da wird vielen der männlichen Führungskräfte klar, dass sie nur das fördern, was sie als Führungsstärke empfinden.

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      Wenn wir uns die typischen Eigenschaften der Frauen ansehen, kann eine weibliche Führungskraft Erwartungshaltungen in Bezug auf typisches männliches Führungsverhalten gar nicht erfüllen. Wenn wir also nicht ein neues Bild von erfolgreicher Führung kreieren, wird es für Frauen so gut wie unmöglich sein, in einer Unternehmenskultur, die typisch männliche Eigenschaften fördert, groß zu werden. Es sei denn, sie eignet sich diese Eigenschaften bewusst an. Dann wird sie allerdings wieder in die Rolle der »macht- und karrieregeilen Bitch« gedrängt, die »Eier hat« und wie ein Mann agiert.

       Der Einfluss der Biologie

      Neben der These, dass Frauen und Männer ihr Gehirn unterschiedlich nutzen, haben auch Hormone einen Einfluss auf unsere Verhaltensweisen. Auf den evolutionären Unterschied gehe ich nicht im Detail ein, weil es hierzu sehr viele unterschiedliche Meinungen gibt. Selbst die Jäger-und-Sammler-Theorie ist mittlerweile umstritten, weil sie hauptsächlich von Männern untersucht wurde. In Einzelfällen kam heraus, dass auch Frauen früher Jägerinnen waren. Man kann die Geschichte durch unterschiedliche Brillen betrachten. Am bedeutendsten sind aber sicher die Unterschiede in der Sozialisierung der Geschlechter.

      In meinen Workshops stelle ich Frauen und Männer einander gegenüber und lasse den Mann beschreiben, wie es ihm beim Anblick der Frau geht. Woran denkt er? Natürlich sind nicht alle ganz ehrlich, aber mit einer Intervention kommen dann Aussagen wie »Tolle Ausstrahlung, schöne Haare und attraktive Person«, »Würde ich gerne näher kennenlernen«, »Wirkt sehr zierlich, muss ein wenig bei dieser Person aufpassen« und so weiter. Der Frau fallen sofort die Augen auf, das nette Lächeln und natürlich auch der Gesamteindruck des Mannes.

      Weil die beiden nicht miteinander sprechen, beschränken sich die Beschreibungen auf das Äußere. Fühlen sich die beiden körperlich angezogen, werden sie oft rot im Gesicht oder senken den Blick, weil sie sich ertappt fühlen – egal ob Mann oder Frau, egal ob verheiratet oder nicht. Beide melden in der Regel zurück, dass sie sich nicht vergleichen, sondern eher auf die Unterschiede schauen. Beide fragen, warum sie sich mit einem Mann oder einer Frau vergleichen sollen, da sie einander ja nicht ähnlich seien. »Wir sind unterschiedlich«, stellen sie fest.

      Dann stelle ich eine Frau einer Frau und einen Mann einem Mann gegenüber, und es wird spannend: Vorher spielten die sexuelle Anziehung oder zumindest das Interesse an der Person eine Rolle. Was würde nun dominieren? Neid und Missgunst? Zustimmung und Gemeinsamkeiten? Schauen die beiden Personen einander in gewisser Weise ähnlich, sind Vertrautheit und Wohlwollen spürbar. Wird aber eine Frau als hübscher empfunden als die andere oder ein Mann scheint besser gekleidet als sein Gegenüber, entstehen sofort negative Emotionen.

      Das Experiment zeigt: Frauen und Männer vergleichen sich untereinander. Männer neigen zu Fragen wie: Wer hat das größere und bessere Auto, Haus, Bankkonto oder die bessere Familie? Wenn Frauen einander gegenüberstehen, stehen Fragen wie »Wer ist schlanker, attraktiver, hat schönere Haare und das bessere Outfit?« im Vordergrund. Bei Männern geht es meist um den Status, bei Frauen um Äußerlichkeiten.

       Durch den höheren Cortisol-Pegel bleiben Mädchen mehr in Sicherheit und sind achtsamer mit ihrer Umgebung und sich selbst.

      Einer der interessantesten Bereiche im menschlichen Gehirn in Sachen Verhaltensunterschiede ist der »Nucleus praeoticus medialis«, eine Ansammlung von Nervenzellen, die zum Sexualzentrum gehören. Bei Männern ist der »Nucleus praeopticus medialis« doppelt so groß wie bei Frauen. Tatsächlich ist der Größenunterschied dieser besonderen »Schaltzentrale« so auffällig, dass Forscher anhand dieses Teils feststellen können, ob sie das Gehirn einer Frau oder eines Mannes vor sich haben. Das funktioniert übrigens schon bei einem drei Monate alten Fötus. Gerhard Roth, Experte für Neurobiologie und Verhaltenspsychologie, unterstreicht in einem Interview mit der »ZEIT« die Bedeutung dieser Hirnregion: »Dass dieser pränatale Unterschied zwischen Männern und Frauen auch deutliche Auswirkungen auf das Verhalten hat, bezweifelt heute kaum noch jemand.«

      Roth konnte anhand von unzähligen Untersuchungen feststellen, dass es auch hormonelle Zusammenhänge gibt, die für unterschiedliches Verhalten sorgen: Frauen reagieren teilweise stärker auf Stress und sind ängstlicher und besorgter als Männer. Sie schütten mehr vom Stresshormon Cortisol aus. Je höher dessen Pegel, desto mehr Angst haben Frauen. Daher sind manchmal Frauen neurotischer als Männer. Diese Unterschiede im Hormonhaushalt sind seit der Geburt beobachtbar und führen schon bei Säuglingen und Kleinkindern zu unterschiedlichen Verhaltensweisen. Roth hat außerdem festgestellt, dass Jungen zu einem besseren räumlichen Vorstellungsvermögen neigen. Sie klettern, bauen und probieren aktiver als Mädchen. Durch den höheren Cortisol-Pegel bleiben Mädchen mehr in Sicherheit und sind achtsamer mit ihrer Umgebung und sich selbst. Mädchen kommunizieren daher mehr mit den Menschen, da sie dadurch zu Informationen kommen, und können sich in der Regel verbal besser ausdrücken.

      Es ist also körperlichen Voraussetzungen zu verdanken, dass Frauen im Berufsleben lieber mit Menschen und Männer lieber mit Dingen arbeiten. Wie ausgeprägt sich das zeigt, ist aber natürlich auch von der Sozialisierung durch die Eltern und das Umfeld abhängig. Zusätzlich sind Hormone bei verschiedenen Menschen unterschiedlich ausgeprägt.

      Fazit: Verschiedene körperliche Faktoren sind dafür verantwortlich, dass wir uns so verhalten, wie wir uns verhalten. Meine praktischen Untersuchungen und Analysen der Unternehmenskulturen spiegeln also das natürliche Verhalten von Frauen und Männern wider. Da wir uns als Personen allerdings nur bedingt verändern können, hilft auch das gezielte Empowerment von Frauen kaum dabei, Gender Balance zu erreichen. Es braucht ein komplettes Umdenken hinsichtlich Führung und Führungsqualitäten in Organisationen, um langfristig eine neue Unternehmenskultur zu entwickeln.

       Ein neues Führungsbild muss her

      Wenn wir über Gender Balance sprechen, ist es also unumgänglich, ein neues Führungsbild zu erzeugen, in dem die Eigenschaften von Männern und Frauen Platz haben. Je früher wir damit in Unternehmen starten und Führung neu definieren, umso leichter ist es, echte Gender Balance umzusetzen. Dies wiederum erfordert jedoch auch eine gesellschaftliche Veränderung, um die gängigen Vorurteile und Denkweisen zu überwinden.

      Ein Beispiel gefällt mir da sehr gut: IWF-Chefin Christine Lagarde, die schon als frühere Synchronschwimmerin einen langen Atem bewies, wurde einmal als »Frau mit Kohle im Herzen« bezeichnet. Sie gilt als vernetzte, geschickte Verhandlerin. Vor ihrer erfolgreichen Laufbahn beim Internationalen

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