Von den Einrichtungen der Klöster. Johannes Cassianus

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Von den Einrichtungen der Klöster - Johannes Cassianus Die Schriften der Kirchenväter

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der 50. Psalm in allen Kirchen gesungen, was ohne Zweifel sich aus dieser Veränderung herleitet.

      7. Wer zum Gebet am Tage vor Schluß des ersten Psalmes nicht erschienen ist, darf das Oratorium nicht mehr betreten; bei dem Nachtgebet aber wird eine Verspätung bis zum Schlusse des zweiten Psalmes noch verziehen.

      

       Wer in der Terz, Sext oder Non vor Schluß des begonnenen Psalmes nicht zum Gebete erschienen ist, wagt das Oratorium nicht mehr zu betreten noch sich zu den Singenden zu gesellen, sondern wartet vor der Thüre die Entlassung der Versammlung ab, um von allen Herauskommenden durch fußfällige Buße Verzeihung seiner Nachläßigkeit und Langsamkeit zu erlangen. Denn er weiß, daß er auf gar keine andere Weise die Schuld seiner Trägheit sühnen, aber auch nicht einmal zu der drei Stunden darauf erfolgenden Andacht zugelassen werden kann, wenn er nicht für die gegenwärtige Nachläßigkeit durch wahre Demuth eifrige Genugthuung zu leisten sich beeilt. Bei den nächtlichen Versammlungen wird dem Säumigen eine Frist bis zum zweiten Psalme gewährt; jedoch muß er vor dem Beginne der unmittelbar auf diesen Psalm folgenden Oration sich der Versammlung eiligst anschließen und beigesellen. Wenn er aber über die festgesetzte Frist nur ein wenig zu spät kommt, so muß er zweifelsohne dem erwähnten Tadel und der genannten Buße sich unterziehen.

      8. In welche Zeit die mit Samstag Abend beginnenden Nachtwachen fallen, und in welcher Ordnung dieselben gehalten werden.

      

      Was indessen die Nachtwachen betrifft, die jede Woche mit Anbruch des Samstag-Abendes gehalten werden, so dehnen die Vorsteher in den Klöstern zur Winterzeit, wann die Nächte länger sind, dieselben nur bis zum vierten Hahnenrufe aus; und zwar geschieht Dieß, damit die, welche die ganze Nacht über gewacht, doch noch die übrigen zwei Stunden ihren Körper kräftigen können und mit dieser kurzen Ruhe statt des Schlummers der ganzen Nacht sich begnügend nicht den ganzen Tag über von Schlaftrunkenheit ermattet seien. Diesen Brauch sollten auch wir mit aller Gewissenhaftigkeit beobachten und uns begnügen mit dem Schlafe, der uns nach dem Verlaufe der Nachtwachen bis zum Anbruche des Tages d. h. bis zu den Psalmen der Matutin (Prim) gestattet ist, und hierauf den Tag in der Verrichtung unserer Arbeiten und Dienstleistungen verbringen; denn sonst möchte die Ermüdung in Folge der Nachtwachen und unsere Schwachheit uns verleiten, den Schlaf, den wir der Nacht entzogen, während des Tages wieder zu beanspruchen, und es könnte den Anschein haben, als ob wir nicht so sehr dem Körper Ruhe entzogen als die Zeit der Ruhe und nächtlichen Erquickung nur vertauscht hätten. Denn unmöglich kann das gebrechliche Fleisch so der ganzen Nachtruhe entbehren, daß es den ganzen folgenden Tag ohne Schläfrigkeit und geistige Erschlaffung in unerschütterlicher Wachsamkeit sich aufrecht erhalten kann. Die Körperkräfte werden eher dadurch geschädigt als gefördert werden, wenn der Leib nicht nach Beendigung der Nachtwachen nicht wenigstens etwas Schlaf genießt. Und wenn deßbalb wenigstens ein einstündiger Schlaf, wie schon erwähnt wurde, vor Tagesanbruch gestattet wird, so werden wir, die wir die Nacht im Gebete zugebracht, von allen Stunden der Nachtwachen Gewinn haben. Auf diese Weise geben wir der Natur, was ihr zukommt, und haben nicht nothwendig, das am Tage wieder zu beanspruchen, was wir der Nacht entzogen haben. Denn Alles wird Jeder diesem Fleische zurückgeben, der ihm nicht vernünftiger Weise einen Theil zu entziehen, sondern das Ganze zu versagen sucht, der, besser gesagt, nicht das Überflüssige, sondern das Nothwendige wegschneiden will. Deßhalb muß man mit großem Schaden die Nachtwachen entgelten, wenn man sie ohne vernünftige Ueberlegung bis zum Tagesanbruch übermäßig ausdehnt. Ferner gibt man deßwegen den Nachtwachen eine Abwechslung durch die Dreiteilung des Gebetsdienstes, damit die Anstrengung durch diesen Wechsel gleichsam getheilt und so durch eine gewisse Annehmlichkeit die körperliche Erschöpfung beseitigt wird. Haben nämlich die Brüder die drei Antiphonen stehend gesungen, so respondiren sie alsdann, auf dem Boden oder ganz niedrigen Sitzbänken sitzend, während einer (versweise) vorsingt, drei Psalmen, welche einzeln von den einzelnen Brüdern in wechselnder Abfolge der andern dargeboten (vorgesungen) werden; und an diese reihen sie in derselben ruhenden Lage drei Lektionen. So vermindern sie die körperliche Anstrengung und führen ihre Nachtwachen mit größerer Aufmerksamkeit aus.

       9. Warum wurden für den Samstag Vigilien verordnet, und warum tritt im Orient die Befreiung vom Fasten schon am Samstag ein?

      Von der Zeit der apostolischen Predigt an, als die christliche Religion gestiftet wurde, verordnete man im ganzen Orient die Feier von Vigilien von Freitag Abend an; und zwar geschah Dieß aus dem Grunde, weil nach der Kreuzigung unsers Herrn und Heilandes am sechsten Tage der Woche die über dessen kaum geendigtes Leiden tiefbetrübten Jünger die ganze Nacht wachend ausharrten, ohne ihren Augen irgend welchen Schlaf zu gönnen. Deßhalb wird von dieser Zeit an die für diese Nacht angeordnete Feier der Vigilien bis auf den heutigen Tag im ganzen Orient gleichmäßig beobachtet. Und daher wurde ebenfalls von Männern, die zur Zeit der Apostel lebten, nach den anstrengenden Vigilien für den Samstag die Unterlassung des Fastens verordnet. Nicht mit Unrecht hält man sich an diese Sitte in allen Kirchen des Orients und glaubt sich auch nach einem Ausspruche des Ekklesiastes dazu berechtigt, der zwar noch einen mystischen Sinn hat, jedoch auch den Sinn nicht ausschließt, nach welchem uns geboten wird, beiden Tagen, dem siebenten sowohl wie dem achten, den gleichen Antheil zu widmen. Er sagt nämlich:41 „Gib Antheil an Sieben, wohl auch an Achten!“ Es kann nämlich dieses Aussetzen des Fastens doch nicht auf die Gemeinschaft mit dem Festtage der Juden bezogen werden, als ob die Christen gleich den Juden den Sabbath feierten; am wenigsten könnte Dieß von Jenen geschehen, die sich jeglichem jüdischen Aberglauben unzugänglich zeigen. Nein, das Fasten wird nur ausgesetzt aus Rücksicht auf die erwähnte Erholung des ermüdeten Leibes, der leicht müde und erschöpft würde, wenn er jede Woche des ganzen Jahres fünf Tage fasten und dazwischen nicht wenigstens an zwei Tagen sich erquicken würde.

      10. Ursprung der Samstagsfasten in der Stadt Rom.

      

      Unbekannt mit dem Grund dieser Milderung glauben Manche in einigen abendländischen Städten und besonders in der Stadt Rom, man dürfe deßbalb das Einstellen des Fastens am Samstage nicht gebieten, weil, wie sie sagen, der Apostel Petrus gerade an diesem Tage vor seinem Streite mit Simon (Magus) gefastet habe. Hieraus erhellt noch deutlicher, daß er Dieß nicht nach der herkömmlichen Gewohnheit, sondern vielmehr gezwungen durch den gegenwärtigen Streit gethan habe. Es scheint nämlich auch hier Petrus eben für diese Angelegenheit seine Jünger nicht zu einem allgemeinen, sondern zu einem besonderen Fasten eingeladen zu haben. Dieß hätte er sicher nicht gethan, wenn er gewußt hätte, daß man nach herkömmlicher Gewohnheit das Fasten zu beobachten pflege. Ja, ohne Zweifel wäre er bereit gewesen, auch am Sonntage dazu aufzufordern, wenn die Gelegenheit eines Kampfes ihn gedrängt hätte. Keineswegs aber brauchte diese Aufforderung als eine bindende Fastenregel verkündet zu werden; denn nicht ein allgemein beobachteter Brauch hatte sie festgestellt, sondern das Gebot der Noth für einmal dringend gefordert.

       11. Worin unterscheidet sich die Feier des Sonntags von der Lebensweise an den übrigen Tagen?

       Auch darüber darf man nicht in Unwissenheit bleiben, daß am Sonntage nur eine gottesdienstliche Versammlung vor der Mahlzeit gehalten wird, in welcher die Mönche die Psalmen, Orationen und Lektionen aus Ehrfurcht vor der sonntäglichen Versammlung oder Kommunion mit größerer Feierlichkeit und Bereitwilligkeit beten und hierin auch Terz und Sext sich persolvirt denken. Auf diese Weise wird Nichts an dem pflichtschuldigen Gebet abgekürzt, weil nämlich noch Lektionen beigefügt werden. Trotzdem zeigt sich hier scheinbar ein Unterschied und wird den Brüdern aus Ehrfurcht gegen die Auferstehung des Herrn im Vergleich zu der übrigen Zeit eine Erleichterung gewährt, welche ein Doppeltes bezweckt: einmal mildert sie die Strenge der ganzen Woche,42

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