Von den Einrichtungen der Klöster. Johannes Cassianus

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Von den Einrichtungen der Klöster - Johannes Cassianus Die Schriften der Kirchenväter

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Hauptmann Kornelius32 mit gewohnter Andacht im Gebete und erkannte aus den Worten des Engels, der mit ihm redete, daß seine Gebete und Almosen emporgestiegen waren zu einem Gedächtnisse vor Gott. Um die neunte Stunde wird ihm das Geheimniß der Berufung der Heiden enthüllt, das dem Petrus in der Verzückung um die sechste Stunde geoffenbart worden war. An einer andern Stelle der Apostelgeschichte33 wird bezüglich derselben Zeit berichtet: „Petrus aber und Johannes gingen hinauf zum Tempel um die neunte Stunde des Gebetes.“ Hieraus erhellt klar, daß nicht mit Unrecht von heiligen und apostolischen Männern diese Stunden dem heiligen Dienste geweiht wurden und daher auch von uns in gleicher Weise eingehalten werden müssen. Denn wenn wir nicht wie durch ein Gesetz dazu verpflichtet werden, diesen frommen Dienst wenigstens zur bestimmten Zeit zu verrichten, so bringen wir, von Trägheit, Vergessenheit oder Beschäftigungen in Anspruch genommen, den ganzen Tag hin, ohne ein Gebet hier und da eingefügt zu haben. Doch was soll ich von dem Abendopfer noch reden, dessen ununterbrochene Darbringung schon im alten Testamente durch das mosaische Gesetz angeordnet wird? Denn daß Morgen- und Abend-Opfer, wenn auch nur mit vorbildlichen Opferthieren, alle Tage im Tempel dargebracht wurden, läßt sich schon aus dem Worte Davids34 beweisen: „Es schwinge mein Gebet sich auf, gleich Rauchwerk, zu dir, meiner Hände Erheben sei wie ein Abendopfer!“ Bei jener Stelle kann man in heiligerer Auffassung auch an jenes wahre Abendopfer denken, das entweder am Vorabend vom Herrn und Erlöser den Jüngern beim Abendmahle hingegeben wird und so die hochheiligen Geheimnisse der Kirche beginnt, oder an jenes Opfer, in welchem der Heiland am folgenden Tage, und zwar am Schlusse der Tageszeiten, durch die Erhebung seiner Hände als Abendopfer für das Heil der ganzen Welt sich dem Vater dargebracht hat. Dieses Ausstrecken seiner Hände am Kreuze wird so recht eigentlich „Erhöhung“ genannt. Denn uns alle, die wir der Hölle verfallen waren, erhob er zum Himmel nach dem Worte seiner Verheissung: „Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, will ich Alles zu mir ziehen.“35 Ueber die Feier der Matutin (Laudes) aber belehrt uns jene Stelle, die wir täglich in derselben zu singen pflegen: „Gott, mein Gott, zu dir erwache ich am frühen Morgen“36 und: „Am Morgen noch ist mein Sinnen in dir“37 und: „Ich komme früh am Morgen und rufe“38 und ferner: „Früh richten sich meine Augen auf dich vor der Dämmerung, um zu betrachten über deine Aussprüche.“39 ― Um diese Stunden hat auch der Hausvater im Evangelium die Arbeiter für seinen Weinberg gedungen. Denn es heißt auch von ihm, daß er zuerst am Morgen gedungen habe, welche Zeit unsere Matutin bezeichnet, dann um die dritte, hierauf um die sechste, darnach um die neunte, zuletzt um die eilfte Stunde, womit die Abendstunde gemeint ist.

      4. Die Matutin, welche wir Prim nennen, ist nicht durch alte Ueberlieferung eingeführt, sondern zu unserer Zeit hinzugekommen.

      

      Indessen muß man wissen, daß die Matutin, welche jetzt auch sogar in den meisten abendländischen Provinzen gefeiert wird, als canonische Verrichtung erst zu unserer Zeit und zuerst in unserem Kloster (zu Bethlehem) eingeführt wurde, wo unser Herr Jesus Christus, aus der Jungfrau geboren, dem Wachsthum eines menschlichen Kindes zu unterziehen sich würdigte und auch unsere in der Frömmigkeit noch zarte und saugende Kindheit durch seine Gnade befestigte. Wir finden nämlich, daß die Feier der Matutin (welche in den gallischen Klöstern kurze Zeit nach Vollendung der nächtlichen Psalmen und Gebete gehalten zu werden pflegt) bis zu jener Zeit (im Kloster zu Bethlehem) zugleich mit den täglichen Vigilien (Nocturnen) vollendet wurde, und daß die übrigen Stunden von unseren Vorfahren für die Ruhe bestimmt waren. Da jedoch die Nachläßigeren diese Nachsicht mißbrauchten und die Frist zum schlafen zu weit ausdehnten, weil ja vor der dritten Stunde (Terz) keinerlei Zusammenkunft stattfand und sie nöthigte, ihre Zellen zu verlassen und von ihren Lagerstätten sich zu erheben, und da sie dann zum Nachtheil für die (Tages-) Arbeit auch unter Tags, wo man verschiedenen Geschäften sich hingeben soll, in Folge des übermäßigen Schlafes als erschlafft sich erwiesen, zumal an jenen Tagen, an welchen den vom Abend (Vesper) bis zum Nahen des Morgenrothes (Laudes) Nachtwache (Nocturnen) eine gar lästige Ermattung zu erwachsen pflegt: so wurde dortselbst (in Bethlehem), nachdem einige geisteseifrige Brüder, welchen solche Nachläßigkeit sehr mißfiel, an die Oberen Klage gebracht hatten, von diesen nach langer Erörterung und reiflicher Ueberlegung Folgendes beschloßen: Bis Sonnen-Aufgang, wo man schon ohne Anstand die Lesung halten oder eine Handarbeit vornehmen könne, solle dem müden Leibe Ruhe gegönnt, hierauf, um dieser religiösen Uebung nachzukommen, sollen die Mönche geweckt werden und alle zusammen aufstehen; nun sollten drei Psalmen und Gebete gesprochen werden nach der bei der Feier der Terz, Sext und Non üblichen Weise; hierauf solle man mit dem Schlafe ein Ende und mit der Arbeit in rechtem und billigem Maße einen Anfang machen. Scheint man auf diese Anordnung auch nur aus Zufall gekommen zu sein und sie in jüngster Zeit aus dem erwähnten Grunde getroffen zu haben; so ergänzt sie doch jene Zahl, die der selige David angibt, — abgesehen davon, daß sie auch eine geistige Beziehung zuläßt, — dem Buchstaben nach ganz deutlich: „Siebenmal am Tage sage ich dir Lob wegen der Gerichte deiner Gerechtigkeit.“40 Kommt nämlich noch dieses feierliche Gebet hinzu, so halten wir siebenmal ohne Zweifel am Tage diese feierlichen Versammlungen, und es bestätigt sich, daß wir siebenmal an demselben dem Herrn Lob singen. Obgleich übrigens dieser Gebrauch ursprünglich aus dem Morgenland stammt und zu sehr großem Nutzen bis hierhin verbreitet wurde; so scheint er doch bis jetzt in einigen der ältesten Klöster des Orients, die durchaus kein Abgehen von den Regeln der Väter dulden, gar keinen Eingang gefunden zu haben.

      5. Nach der Matutin (Prim) darf man nicht wieder schlafen gehen.

      

      Manche, die nicht wissen, warum diese Gebetsfeier angeordnet wurde oder in unserem Lande in’s Leben trat, begaben sich nach Abbetung der Matutin wieder zur Ruhe und kommen somit dennoch in jenen Fall, zu dessen Verhütung dieses Gebet von unseren Oberen eingeführt wurde. Denn sie verrichten dasselbe schon um jene Stunde, in welcher den Nachläßigeren und weniger Besorgten wieder Gelegenheit zum Schlafen gegeben ist. Dieß darf durchaus nicht geschehen, wie wir im vorigen Buche ausführlicher nachgewiesen haben, in welchem wir die Gebetsversammlungen der ägyptischen Mönche beschrieben. Denn in diesem Falle laufen wir Gefahr, die durch demüthiges Bekenntniß und vor Tag verrichteten Gebete erlangte Reinheit durch eine gewisse sich einstellende Fülle der natürlichen Flüssigkeit zu beflecken oder durch Vorspiegelungen des bösen Feindes zu verlieren. Und selbst wenn die hierauf eintretende Ruhe von einem reinen und einfachen Schlafe begleitet ist, so kann sie doch das Feuer unseres Geistes dämpfen und uns, die wir durch die Erschlaffung des Schlafes lau geworden sind, alsdann den ganzen Tag hindurch unthätig und träge dahinschleppen. Damit Dieß den ägyptischen Mönchen nicht begegne, so dehnen sie, da sie zu gewissen Zeiten schon vor dem Hahnenrufe aufzustehen pflegen, nachdem die vorgeschriebene Gebetsversammlung (Officium nocturnum) geschlossen ist, die Nachtwachen bis zum Tagesanbruche aus. So trifft sie der kommende Tag in dieser Glut des Geistes an und erhält sie den ganzen Tag hindurch eifriger und sorgfältiger; denn er überkommt dieselben vorbereitet zum Streite und zum täglichen Kampfe gegen den Teufel durch die Uebung der Nachtwachen und die geistliche Betrachtung gestärkt.

      6. Durch Einführung der Matutin (Prim) wurde von den Obern Nichts an der alten Ordnung des Psalmengebetes geändert.

      

      Auch Das dürfen wir nicht unerwähnt lassen, daß unsere Oberen, welche eben diese Matutin dem Gebete glaubten hinzufügen zu müssen, an dem alten Brauch des Psalmengebetes Nichts geändert, sondern in derselben Ordnung wie früher in den nächtlichen Versammlungen stets die Feier des Gebetes abgehalten haben. Denn die Lobpsalmen, welche sie in diesem Lande zu der Matutin (= Laudes) ausgewählt haben, singt man ähnlich auch heute noch am Schlusse der Nachtwachen, die man nach dem Hahnenruf vor Anbruch der Morgenröthe zu schließen pflegt. Diese Gesänge sind folgende: der 148. Psalm, der mit den Worten beginnt: „Lobet den Herrn vom Himmel her“, und die folgenden; der 50. Psalm aber, der 62.

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