Goldmadonna. Bernhard Wucherer

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Goldmadonna - Bernhard Wucherer

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Hausherr ab. »Offenbar habe ich gestern versehentlich vergessen, die Birne auszuknipsen!« Nachdem er den Sicherungskasten gefunden und das gesamte zur Verfügung stehende Licht angeschaltet hatte, offenbarte sich ihnen, um was es beim Interieur für dieses Lokal künftig gehen würde: sakrale Gegenstände, Andachtsbilder … und Heiligenfiguren, die hier überall so achtlos herumstanden und herumlagen, als wenn sie nichts wert wären. Neben den Pestheiligen Rochus und Sebastian lehnten ein Wendelin und eine Barbara an der Wand, während mitten im Raum ein übergroßer Johannes auf drei Balken zu ihren Füßen lag. Dazwischen standen etliche andere Kirchenheilige, Herrgottsfiguren, Engel und andere Statuen der verschiedensten Art herum, die alle ebenso ihre Plätze finden sollten wie die alten Kerzenleuchter, Gemälde und kistenweise kleinere Devotionalien.

      »Und dies sind bei Weitem nicht alle Statuen!«, versprach der künftige Wirt des Restaurants »Zur Goldenen Madonna«.

      »Das muss auch so sein! Denn wenn ich mich hier umsehe, sieht es für mich so aus, dass die Menge der Madonnenfiguren im Vergleich zu den anderen Heiligen etwas zu mager ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir aus der ehemaligen ›Albrecht-Dürer-Stube‹ eine ›Goldene Madonna‹ machen! Allein schon wegen dieses neuen Lokalnamens können wir nicht genug Madonnen haben«, konstatierte die Frau kritisch, lobte ihren Auftraggeber aber gleich darauf: »Wie ich sehe, haben Sie inzwischen einen alten Beichtstuhl aufgetrieben. Respekt!« Nachdem Eleonore Olbrich sich ein Weilchen im Raum umgesehen hatte, erkundigte sie sich nach den neugotischen Kirchenbänken, aus deren Seiten- und Sitzteilen sie von einem Kunstschreiner gemütlich-rustikale Eckbänke machen lassen wollte.

      »Die müssen in den nächsten Tagen aus Italien eintreffen, die Kirchenlüster aus Frankreich übrigens auch«, verkündete van Basten mit unverhohlenem Stolz in der Stimme.

      »Dann befindet sich ja fast das gesamte Interieur hier, wenn ich aus dem Urlaub zurück bin!«, freute sich die Innenarchitektin. Als sie versehentlich eine der wenigen Madonnenfiguren berührte, hatte sie Farbe an ihrer Hand. »Oh! Die kenne ich ja noch gar nicht! Ist die frisch bemalt worden?«

      »Äh … ja!« Van Basten räusperte sich. »Das habe ich gestern gemacht«, kam es eilfertig zur Antwort. »Sie wissen doch, dass ich in meinem früheren Leben Restaurator gewesen bin.«

      »Wunderschön! Sie wirkt, als würde sie leben«, bemerkte Eleonore Olbrich. »Man spürt, dass sie ein begnadeter Künstler sind.«

      Stolz über das Lob, zog er sie von der materiell wertlosen Gipsfigur weg und erklärte ihr, dass er die Technik des Blattvergoldens perfekt beherrschen würde … auch wenn es lange her sei, dass er sie gelernt habe. »Um meine Figuren selber restaurieren zu können, richte ich mir hier im Keller eine kleine Werkstatt ein«, verkündete er.

      »Darf ich die mal sehen?«

      »Erst, wenn der Lastenaufzug eingebaut ist und ich meinen Werkraum fertig eingerichtet habe. Im Moment schaut es dort aus wie bei Hempels unterm Sofa.«

      Eleonore Olbrich musste lachen. Mit einem lakonischen »Na gut« gab sich die Architektin für den Moment zufrieden.

      *

      Kurze Zeit später schlurfte die Beerdigungstouristin Marlene Jacobs zielstrebig durch Aachens Innenstadt. Sie wollte rechtzeitig zum Dom gelangen, wo gleich die abendliche Vesper beginnen würde. Als die 78-Jährige an einem Printengeschäft vorbeikam, ließ sie sich für einen Moment aufhalten. Denn vor dem Ladengeschäft bot eine Verkäuferin Printenstückchen zum Verkosten an. Dabei hörte sie unweit neben sich einen Mann mit unangenehm rau klingender Stimme zu einem anderen sagen, dass er jetzt in die Antoniusstraße gehen würde, um dort einer »Schwarzen Nutte« »Manieren beizubringen«.

      »Bist du besoffen, Thijs? Lass es lieber! Ab nächster Woche arbeitet Asmara doch wieder in Lüttich und du hast dann deine Ruhe«, empfahl der andere, der seinem Gegenüber irgendwie ähnlich sah, im Gegensatz zu ihm aber eine angenehm weiche Stimme hatte. »Du hast doch schon genug Schaden angerichtet und mich gedemütigt.«

      Es war nicht der widerliche Dialog der beiden, weswegen die Frau das soeben erhaltene Printenstückchen wie eine Hostie auf ihre Zunge legte, bevor sie sich hastig bekreuzigte. Ihr war die Reibeisenstimme desjenigen bekannt, der einer Prostituierten Gewalt antun wollte. Als sie den großen Mann betrachtete, fielen ihr dessen Jeans mit den weißen Streifen und dem merkwürdig aussehenden Symbol auf der rechten Gesäßtasche auf. Am meisten aber stachen ihr die Schlangenlederstiefel in die Augen. Weil sie dies alles vom Vaalser Friedhof wiedererkannte, wurde ihr mit einem Schlag mulmig. Weil der andere mit dem Rücken zu ihr stand, sah sie nun auch die kalten blauen Augen desjenigen, dessen Antlitz sie in Vaals nicht gesehen hatte. Und weil er seine Lederjacke links geschultert hatte, konnte sie auch das Löwentattoo auf seinem rechten Oberarm sehen.

      Irgendetwas stimmt mit dem nicht, dachte sie.

      Nach der Antwort des anderen verabschiedeten sich die beiden. Von einer unbändigen Neugierde getrieben, beschloss die Frau, auf den Kirchgang zu verzichten und stattdessen dem Typen namens Thijs zu folgen. Dies sah sie quasi als »Nachrecherche« auf ihr merkwürdiges Friedhofserlebnis in Vaals an.

      Kapitel 4

      Mittlerweile war eine knappe Woche vergangen und van Bastens Kellerumbau gut vorangekommen. Er war sogar fast schon beendet, auch der Lastenaufzug war inzwischen eingebaut worden.

      »Setzen Sie sich rein, er hält Sie aus!«, hatte der Hausherr seiner Architektin übermütig angeboten und ihr in den Aufzug geholfen, bevor er aufs Knöpfchen gedrückt und sie damit nach unten befördert hatte.

      Im Keller angekommen, wunderte Eleonore sich darüber, was hier in dieser einen Woche passiert war, in der sie zusammen mit ihrem Mann Bert im Allgäu Urlaub gemacht hatte: Der Schlaghammer hatte wohl ganze Arbeit geleistet, die Wände waren nicht nur sauber verputzt, sondern bereits in einem dezenten Grau gestrichen. Und zum Heizungskeller war eine ebenso dicke Brandschutztür eingebaut worden wie in dem vor ein paar Wochen vergrößerten Durchlass, der von der Kellertreppe aus direkt ins Lokal führte. Der Boden war frisch gefliest, selbst im Heizraum. Darüber hinaus standen in einem gewissen Abstand von den Wänden Regale, die allerdings erst befestigt werden konnten, wenn das Grau so abgetrocknet war, dass darüber ein flüssigkeitsabweisender Lack gestrichen werden konnte. Eine Wand war mit einer grünen Folie abgedeckt worden, wie man sie ansonsten nur in Gärten benutzte. In der Mitte des größten Lagerraums war ein etwa zwei Meter langer Edelstahltisch aufgestellt worden.

      »Wie klein der Keller jetzt wirkt mit all den Möbeln«, bemerkte sie.

      »Und nun zeige ich Ihnen mein Heiligtum!«, sagte van Basten und führte Eleonore Olbrich in seine Werkstatt.

      »Wow!«, entfuhr es ihr, als sie den perfekt ausgestatteten Raum sah, den sie eher für das Domizil eines Künstlers als das eines Handwerkers gehalten hätte. »Aber was sollen diese beiden Gefriertruhen? Benötigen Sie die trotz des Kühlraumes, den Sie mir gerade gezeigt haben?«, wunderte sich die Innenarchitektin. »Die hier ist ja schon angeschlossen.«

      »Oh Gott! Das ist natürlich ein Versehen. Wahrscheinlich hat einer der Handwerker das Teil an den Strom gehängt, weswegen sie jetzt erst eingeschaltet wurde, als ich die Sicherungen reingedreht habe«, klärte der Hausherr das Malheur auf. Er erklärte, dass er diese beiden Gefriertruhen wegen des Kühlraumes und des darin bereits eingebauten Gefrierschrankes nicht mehr benötige und eine davon vom Lieferanten umgehend abholen ließe … sowie er den Inhalt der darauf liegenden Kisten verräumt habe. Während er ihr den Weg in den Lagerraum wies, bekundete er, wie froh er war, dass nicht nur dieser Raum für länger haltbare Waren, sondern auch alles andere fertig sei und nun ausreichend Platz für gefrorenen Fisch, Muscheln, Austern, Geflügel

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