Goldmadonna. Bernhard Wucherer

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Goldmadonna - Bernhard Wucherer

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einem Herrenausstatter zum nächstbesten Schuhladen und von einem Sternelokal in die nächste Champagnerbar schleifen?

      Lediglich der von Angelika vorgeschlagene Ausflug nach Hillesheim hatte ihm ohne Punktabzug gefallen; denn das »Krimihotel«, in dem sie übernachtet hatten, war bodenständig gewesen. Zudem hatte sich das angegliederte »Kriminalhaus« mit seinen vielen Ausstellungsstücken und der großen Krimi-Bibliothek als äußerst interessant erwiesen. Und im dazugehörenden »Café Sherlock« hatte es nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch feine Bierspezialitäten gegeben, zwar keine belgischen, aber trotzdem gut trinkbare. Die drei Tage in der deutschen Eifel hatten ihm so gutgetan, dass Angelika ihn sogar dazu hatte überreden können, den »Eifelkrimi-Wanderweg« über die gesamte Strecke hinweg mitzugehen und sich am »Krimi-Suchspiel« zu beteiligen.

      »Das nenne ich eine gelungene ›Themengastronomie‹«, hatte Le Maire den Inhaber des »Kriminalhauses« gelobt, nachdem er einen Gutschein über eine urige Eifelbrotzeit für zwei Personen in Empfang genommen hatte, weil er beim »Kriminalisieren« von immerhin 18 Teilnehmern der Beste gewesen war. Bescheiden wie er nun einmal war, hatte er sich trotz Angelikas Drängen nicht als »echter« Kriminalbeamter zu erkennen gegeben.

      Aber dann war es umso dicker gekommen: Von wegen Ausflüge in seine belgische Heimat! Stattdessen sämtliche Juweliere in Aachen, Boss-Outlet in Köln und der extravagante Philipp-Plein-Shop an der Düsseldorfer »Kö«. Mit Angelikas schickem SLK waren sie sogar zum Nobelschuhgeschäft von John Lobb bis nach Frankfurt hinuntergerauscht. An die sündhaft teure Übernachtung in einem der dortigen Viersternehotels durfte er gar nicht denken. Ja, geht’s noch?, hatte er sich gefragt, Angelika zuliebe aber nichts laut dazu bemerkt. Die kostspieligen »Fresstempel«, in denen die Ober stets distinguiert dreingeschaut hatten, wenn er sich ein frisch gezapftes Bier anstelle des Rotweins zum Rumpsteak bestellt und sich vorsichtig nach Fritten erkundigt hatte? Nein, das war nicht das, was er unter Lifestyle und Dolce Vita verstand! Und es war noch schlimmer gekommen: Anlässlich seines Geburtstages hatte Angelika ihn nach Bochum zum »Starlight Express« gelockt. Allerdings hatte er sich schon während der Vorstellung eingestehen müssen, dass es sich um ein rasantes Musical handelte. Jedenfalls war er – anders, als es bei solchen oder ähnlichen Events bisher eigentlich immer der Fall gewesen war – nicht eingeschlafen. Dennoch mochte er sich »so etwas« nicht mehr antun.

      Sehr zum Ärgernis seiner Sekretärin Fabienne Loquie kaute er in Gedanken daran genervt auf einem Bleistift herum. Weil die 29-jährige untersetzte Frau ihren Chef vergötterte, wies sie ihn nicht darauf hin, obwohl sie dafür zuständig war, dass im Eupener Kommissariat mit Bürobedarf sparsam und pfleglich umgegangen wurde.

      »Was steht an, Locki?«, bellte der Chef seiner Sekretärin entgegen, deren Wangen sich schlagartig knallrot färbten und deren Augen einen gefährlich wässrigen Glanz bekamen.

      »Also …« Nachdem Locki, wie die Sekretärin wegen ihres lockigen Kurzhaarschnittes allseits genannt wurde, abschweifend berichtet hatte, was während seiner Abwesenheit im Kommissariat los gewesen war, kam Le Maire zu dem Schluss, dass sich nichts Interessantes ereignet hatte.

      Nach Lockis wenig ergiebigem Vortrag über allerlei Administratives, Telefon- und Posteingänge sowie über pikante Interna aus anderen Abteilungen erhoffte Le Maire sich von seiner Stellvertreterin Agnès Devaux interessantere und wichtigere Informationen. Aber die im Gegensatz zu ihrem Chef übergenaue Kriminaloberkommissarin konnte zu Le Maires Verwunderung auch nicht allzu viel berichten, schon gar nichts von einem aktuellen Mordfall.

      »War’s das schon, Devaux?«, fragte er sie nach Beendigung ihres kurzen Vortrages. »Kein einziger Mord? Nicht mal ein kleiner Totschlag? Ihr habt euch nur mit Kinkerlitzchen aus anderen Abteilungen beschäftigt?«

      Devaux zog zuerst die Mundwinkel nach unten und die Stirn nach oben, bevor sie abwehrend ihre Hände hochhielt.

      »Pierre! Herbert! Habt wenigstens ihr etwas?«

      Weil Kriminaloberkommissar Pierre Vonderbank und Polizeihauptmeister Herbert Demonty nur wortlos ihre Köpfe schüttelten, beschloss Le Maire, auf den Balkon zu gehen, um sich eine Zigarette zu drehen. »Und dann bringst du mir einen deiner köstlichen Kaffees, Locki!«

      »Ach, Chef! Noch etwas: Sie müssen sich bei Docteur Baguette in Lüttich zurückmelden!«

      »Ich weiß, Locki! Danke! Du kannst mich gleich mit ihm verbinden, ich muss ihn sowieso kurz sprechen!«

      »Aber erst nach dem Kaffee, oder?«, fragte sie in verführerischem Tonfall, den sie mit einem Augenzwinkern garnierte.

      Le Maire nickte zustimmend.

      Eine Kaffee- und Zigarettenlänge später hatte Le Maire seinen direkten Vorgesetzten Docteur Etienne Baguette am Telefon. Der hochrangige Beamte war der Chef einer von insgesamt drei Generaldirektionen mit Sitz in Lüttich, also ein »hohes Tier«. Über ihm stand nur das Generalkommissariat in Brüssel. Seine – also auch Le Maires Dienststelle – war Teil der Police Fédérale, der landesweiten Polizei Belgiens, die ihre Fühler in alle Richtungen ausstreckte, wenn es um das Verhindern möglicher Verbrechen oder um die rasche Aufklärung derselben ging.

      Nach den üblichen Begrüßungsfloskeln drang aus dem Telefonhörer Papierrascheln. »Mein guter Le Maire, ich komme gleich zum Punkt: Ich lese hier, dass Sie zu viele Überstunden haben und schleunigst wenigstens einen Teil davon abbauen müssen!«

      »Schon wieder Urlaub? Jetzt gleich?«, schoss es entrüstet aus dem besten Mordermittler Belgiens heraus.

      »Ja! Jetzt gleich! Das Jahr geht dem Ende entgegen! Weil offensichtlich alle Mörder in Ihrem Zuständigkeitsbereich in die Herbstferien gegangen sind, ist hier seit Wochen tote Hose! Deswegen habe ich sogar unseren neuen Rechtsmediziner kurzfristig auf einen Fortbildungslehrgang nach Brüssel geschickt.« Offenbar um Le Maire dazu zu bewegen, wenigstens ein paar Überstunden abzubauen, schmückte er dieses Argument aus: »Sie haben ja selbst gemerkt, dass der junge Mediziner keine Erfahrung hat und dass derzeit nichts los ist!« Docteur Baguette legte eine kurze Pause ein, bevor er ergänzte: »Fragen Sie mich nicht, warum momentan niemand umgebracht wird. Wie gesagt …«

      »Ich weiß, lausige Zeiten für Mordermittler«, murmelte Le Maire.

      »Was? … Äh … Sind Sie verrückt geworden, Le Maire?«, rügte Docteur Baguette seinen Hauptkommissar, nachdem er realisiert hatte, was der soeben von sich gegeben hatte. Er räusperte sich fast etwas verlegen und fuhr in gemäßigtem Ton fort: »Jedenfalls ist das die Gelegenheit für Sie, in diesem Jahr ein paar Urlaubstage dranzuhängen. Ich weiß, dass ich anderen Kollegen nicht zumuten kann, im November Urlaub zu machen. Aber Sie fahren ja – wie ich weiß – sowieso nie ins Ausland in die Ferien.«

      »Das stimmt nicht, Monsieur Docteur! Ich habe erst jetzt gerade ein paar Tage Urlaub in der Eifel gemacht!« Dass er gerne wieder einmal in sein geliebtes Katalonien oder ins schöne Allgäu fahren würde, verkniff er sich angesichts Baguettes drohendem Vorschlag.

      »Jaja. Schon gut! Und jetzt genießen Sie zur Abwechslung einfach einmal unsere Heimat – Belgien ist wunderschön! Fahren Sie zur Küste hoch, oder …«

      »Alles klar, Chef«, unterbrach Le Maire wieder. »Ich habe verstanden und beuge mich der Gewalt. Ich arbeite bis zum Wochenende einige Kleinigkeiten auf und lege dann ein paar Tage Urlaub drauf. Ist das für Sie in Ordnung?«

      Le Maire bemerkte zwar Docteur Baguettes erleichtertes Ausatmen, der aber nicht Le Maires inneren Fluch.

      »Ich wusste, dass Sie vernünftig sind!«, lobte Docteur Baguette, obwohl er sich denken konnte, dass in der Regel genau das Gegenteil der Fall war. Hauptsache,

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