Die Rose im Staub. Sarah Skitschak

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Die Rose im Staub - Sarah Skitschak

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Wachstrukturen ohne Erfolg geblieben waren, hatten sie einen neuen Weg in die Stadt geschaffen und uns Anreiz genug für den nächsten Wasserdiebstahl geliefert.

      Und nun? Nun lagen wir in sicherer Entfernung zur Stadt.

      Lagen im Gras, warteten auf das Ergebnis des Ablenkungsmanövers unserer Krieger und zerflossen beinahe in der Hitze des immerwährenden Sommers.

      Doch wir hatten neuen Mut in der gebrochenen Stadtmauer gefunden. In Trümmern und Teilen schöpften wir neue Hoffnung. Die Hoffnung, nun endlich wieder zu den Stadtbrunnen vordringen und das Wasser für die Rituale stehlen zu können.

      »Meine Herren! So sehr ich die Stämme des Westens verabscheuen mag und so sehr mich das weibische Gezanke erheitert … Ich stimme Wassermeister Jharrn in seiner Argumentation vollkommen zu. Womöglich sollten wir das Loch in der Stadtmauer als Geschenk des Schicksals ansehen«, warf ich nun selbst in die Diskussion der Männer ein, um den sinnlosen Tiraden ein Ende zu setzen. »Sollten die Krieger ihre Aufgabe erfüllen, können wir unbemerkt durch die Bruchstelle schlüpfen und uns unter die anderen mischen. Das erscheint mir wesentlich leichter, als falsche Papiere zu besorgen oder über Mauern zu steigen.«

      Jedoch sollte ich meine Worte umgehend bereuen, als ich die folgende Handlung bereits im Entstehen erahnte. Anstatt wegen meines Einschreitens erleichtert zu sein, schnellte nun der geballte Zorn jener Männer in meine Richtung und entlud sich auf dem noch weniger beliebten Mitglied der Gruppe.

      Auf mir. Ausgerechnet auf mir. Auf der Frau, die nie hätte Wasserdiebin werden dürfen, da die heilige Pflicht doch für gewöhnlich den Männern des Stammes vorbehalten blieb.

      »Deine Meinung war nicht gefragt, Nakhara«, grunzte Jharrn, während er seinen Kopf drohend in meine Richtung wandte.

      Ein Blick aus dem Augenwinkel. Eine stille Drohung, die in diesem Falle genügte.

      So gern ich meinen Dolch in seiner Kehle platzieren und das selbstgefällige Lächeln aus seinem Gesicht schneiden wollte, so gern ich ihm aus Gewohnheit eine bissige Bemerkung gegen die Brust donnern wollte, ich hatte ja doch keine andere Wahl. Wollte ich weiterhin Wasserdiebin unter den gesegneten Mitgliedern des Stammes bleiben, so hatte ich den Worten des Wassermeisters während des Diebstahls Folge zu leisten … und der bevorzugte es zumeist, eine schweigende Frau in den Reihen zu wissen.

      Das stechende Blassgrün seiner Augen bohrte sich förmlich durch meine Lederrüstung, schien den improvisierten Panzer von meinem Körper zu schälen und die Haut unter den schützenden Lagen zu versengen. Obwohl ich mit der Hitze unseres Hauptsterns seit Jahren gut Freund war, so konnte ich doch das Gefühl der unerträglichen Temperaturen unter den Blicken des Meisters nicht leugnen.

      Jharrn fuhr sich mit seinen erdverkrusteten Fingern unter der Nase entlang, sodass sich die braunen Schnörkel seiner Körperbemalung in skurrile Formen dehnten und den Titel des Meisters beinahe bis zur Unleserlichkeit verformten. Mit gespitzten Lippen spuckte er auf den Boden.

      Eine deutliche Geste, mich nicht an weitere Worte zu wagen.

      Wider Willen senkte ich das Haupt zu einer Geste der Demut und konzentrierte mich auf die glitzernden Spuckefäden am Boden, die rasch mit der Wüstenerde zu verwachsen begannen. Der Sand schluckte das Nass in gierigen Zügen, sodass sich der benetzte Flächenabschnitt innerhalb kürzester Zeit in einen klebrigen Klumpen verwandelte und dunkel vom Rest des Bodens abgrenzte.

      Jharrn hatte gesprochen.

      Noch hatte ich mir unter den Wasserdieben keinen Respekt erworben, sodass ich mir in ebendiesen Momenten Widerworte hätte erlauben oder mich gar dem Meister widersetzen dürfen, ohne den kostbaren Posten an den nächstbesten Mann in der Reihe der Jungen zu geben. Mit den Fäusten krallte ich mich in die nahegelegenen Wüstengrasbüschel, zwang mich zu kontrollierten Atemzügen und hielt den aufsteigenden Zorn in Schach. Nein, Jharrns Respektlosigkeit sollte mich nicht meiner Stellung entheben, hatte ich doch jenen Platz unter den Herren mit all meinem Herzblut und Schweiß erstritten!

      Einige Jahre mochten wohl über die Lande ziehen; Jahre, in denen ich unter Jharrn das Haupt senken musste. Dann würde eine neue Ära der Diebe anbrechen, eine Zeit, in der ich mir die Anerkennung der männlichen Wasserdiebe erwarb und das festgefahrene Gedankengut des Stammes durchbrach. Eine Zeit, in der Frauen nicht bloß dem Pfad der Jäger und Krieger folgen würden, sondern den Respekt der Götter beim Ritual des Wasserdiebstahls zu verdienen und sich darin allen engstirnigen Regularien zu widersetzen vermochten.

      Immerzu hieß es: Das Weibliche wäre zu wertvoll, die Aufgabe viel zu gefährlich, der Diebstahl Sache der Männer.

      Doch im Herzen wusste ich:

      Ganz egal, was Jharrn sagt …

      Ich bin gut genug. Und mein Glaube trägt mich durch jede Gefahr.

      Mit halbgeschlossenen Lidern beobachtete ich das Aufklaren des Wüstensandes, als sich Jharrns Spucke unter der Sommerhitze mit der flimmernden Luft vereinte und jegliche Erinnerung an seine Gesten verwischte. In jenen Momenten glitt ein Windhauch wie ein tröstendes Versprechen über meinen Körper, spielte mit den widerspenstigen Strähnen, die sich aus meinem Zopf gelöst hatten, und flüsterte mir eine verheißungsvolle Zukunft ans Ohr.

      Eine, in der Wind über grüne Grasebenen tanzte. Eine, die allein mir gehören sollte.

      Mit der Fingerkuppe löste ich den Sand von einem der Steppengrassprösslinge und strich über die schwachen Blätter der Pflanze. Noch ahnte ich nicht, dass die kleinen Wedel nicht aufgrund meiner bloßen Berührung zu vibrieren begannen.

      ***

      Ein ohrenbetäubendes Donnern erfüllte die Luft und versetzte den Boden unter unseren Körpern in Schwingung, als wir den Warnton aus dem Rufhorn der Reiterkrieger vernahmen. Zunächst blieben wir ohne Regung auf unseren Posten im Gras, spürten den Bewegungen des Erdbodens nach und verharrten in vollkommener Verwunderung, als hätte man uns an Ort und Stelle mit Blei festgekettet.

      Mit den Augen verfolgte ich den Weg zweier Erdklumpen, die verdächtig von ihren windgeformten Miniaturdünen zu rollen begannen. Dann erkannte ich eine gewisse Vertrautheit in den Vibrationen des Bodens. Dumpfe Klänge in rhythmischen Takten. Roh. Wild. Mal sanfter. Mal härter.

      Unverkennbar der Melodie einer Hetzjagd folgend und …

      »PFERDE!«

      Jharrn fasste die unheilverkündende Erkenntnis in Worte.

      Ein Warnton aus dem Horn unserer Reiter wäre wohl kaum über die Steppe gefegt, hätte es sich bei den Pferden um unsere eigenen Reittiere gehalten, oder?

      Im Schock des eigenen Gedankenguts erfroren, starrte ich auf die wankenden Grasbüschel vor meinen Augen und lauschte dem Geräusch der donnernden Hufe, die in halsbrecherischer Geschwindigkeit auf unser Versteck zuhielten. Wie ein tosender Sturm erschütterte die Hatz der Reiter das Land, fegte gewittergleich über das Steppengras und versetzte selbst die Sandschicht über den verhärteten Erddeckeln in Schwingung. Einen Moment war mir, als vermochte der fliehende Sand eine Melodie anzustimmen.

      Die Dünen sangen das Lied der Wüste.

      Mein Herz schien einige Schläge lang auszusetzen, bloß, um in den folgenden Sekunden Kapriolen zu schlagen und mich endlich aus meiner Schockstarre erwachen zu lassen.

      »Grundgütige Epona, was …?!«, wollte ich fluchen.

      Dann

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