Psychotherapie und Coaching mit PEP. Michael Bohne
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In dem vorliegenden Buch soll die prozessorientierte Weiterentwicklung des Klopfens (PEP) beschrieben werden. Wie PEP dezidiert in die verschiedenen anderen Methoden integriert werden kann und welchen Nutzen und Zugewinn PEP dort hat, ist in Synergien nutzen mit PEP nachzulesen.
Die prozessorientierte Weiterentwicklung zeigt sich auch in ihrem Namen, denn auch dieser weist darauf hin, dass das Ganze lange Zeit im Fluss war. Zunächst stand PEP für Prozessorientierte Energetische Psychologie, hierbei war mir vor allem eine Abgrenzung zu den technik- und protokolllastigen Ansätzen wichtig. Da jedoch viele Anwender Schwierigkeiten mit den energetischen Implikationen hatten und haben und überdies wenig dafür spricht, dass es sich um rein energetische Wirkfaktoren handelt, die am Werke sind, hat sich eine eher wissenschaftlich orientierte, die Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper würdigende Terminologie angeboten, nämlich der Begriff des Embodiments (siehe auch Storch et al. 2006).
Embodiment verwendet man in der Psychologie (besonders der Sozialpsychologie und Klinischen Psychologie) zunehmend, um die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche zu betonen. Nicht nur drücken sich psychische Zustände im Körper aus, und zwar nonverbal als Gestik, Mimik oder Körperhaltung, sondern es zeigen sich auch Wirkungen in umgekehrter Richtung: Körperzustände beeinflussen psychische Zustände. Beispielsweise haben Körperhaltungen, die aus irgendeinem Grund eingenommen werden, Auswirkungen auf die Kognition (z. B. Urteile, Einstellungen) und Emotionalität4, wie sie z. B. auch der amerikanische Psychologe Paul Ekman in vielen Studien beschrieben hat.5 Was mich noch dazu inspiriert hat, den Begriff »Embodiment« zu nutzen, ist ein Beitrag des Neurobiologen Gerald Hüther in dem Buch Embodiment (Storch et al. 2006). Hier beschreibt der Autor, wie wesentlich es aus neurobiologischer Sicht ist, den Körper bei emotionalen Veränderungsprozessen mit einzubeziehen. Dieses Wissen ist jedoch nicht neu. Schon Wilhelm Reich hat vor ca. 100 Jahren mit seiner Arbeit die Grundlagen für viele körperpsychotherapeutische Methoden gelegt. Die Klopftechniken nutzen augenscheinlich auch die Beeinflussung des Körpers, der Begriff »Körperpsychotherapie« würde jedoch die Klopftechniken nicht wirklich treffend beschreiben, da sich Körperpsychotherapien weit umfangreicher mit dem Körper beschäftigen und da das Klopfen ja nur eine Intervention ist. Deshalb lag es auf der Hand, einen neuen, noch unverbrauchten Begriff zu nutzen, um zu beschreiben, was in der PEP gemacht wird und wie man sich die Wirkungsweise erklärt. »Embodimentfokussierung« meint, dass der Fokus bei der Diagnostik, der Behandlung und bei der Ressourcenaktivierung eben zu einem großen Teil auf dem körperlichen Netzwerk liegt. Deshalb wurde PEP zur Prozess- und Embodimentfokussierten Psychologie, wobei mir bewusst ist, dass Embodiment in anderen Bereichen auch eine andere Bedeutung hat bzw. zur Erklärung anderer Phänomene genutzt wird. Dennoch beschreibt »Embodiment« auf eine klare Art, dass der Körper bei der Beeinflussung der emotionalen und kognitiven Zustände genutzt wird, und zwar in beide Richtungen. Stress und dysfunktionale Kognitionen werden in den Klopftechniken immer unter Stimulation des Körpers verändert. Durch die Diagnostik mittels Kognitions-Kongruenz-Test wird in der PEP u. a. auf somatische Marker, also Körperreaktionen, geachtet, und bei der Entwicklung positiver Affirmationen wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die gefundenen Affirmationen sich kongruent (also auch körperlich stimmig) anfühlen und sie eine positive physiologische (also körperliche) Reaktion verursachen.
Der Name PEP wird von vielen Anwendern und Klienten zudem positiv konnotiert, da PEP nun eben auch peppig klingt. Menschliches Leid wiegt häufig schwer genug, so sollten doch zumindest die Leidensveränderungsmaßnahmen (also z. B. Psychotherapie) auch Freude machen dürfen, und auch Leichtigkeit, Zuversicht und wertschätzender Humor sollten ihren Raum haben. Für mich gilt deshalb – und dies auch aus eigener Klientenerfahrung:
»Man kann Leichtigkeit, Zuversicht und Humor gar nicht ernst genug nehmen.«
Da die Teilnehmer meiner Workshops immer wieder explizit erwähnen, dass ihnen die Leichtigkeit, die Zuversicht und der Humor (auch bei sogenannten schweren Themen) so guttäten, habe ich mich dazu entschlossen, auch diesen beiden Aspekten in diesem Buch Raum zu geben. Bei all jenen, die sich mehr Ernsthaftigkeit, Bedeutsamkeit und einen wissenschaftlicheren Stil wünschen, möchte ich mich schon hier entschuldigen.
Meine Absicht ist es nicht, der wissenschaftlichen Gemeinschaft mit diesem Buch ein in der Sprache der Wissenschaft abgefasstes, nüchternes und mit der für wissenschaftliche Publikationen gehörigen Zurückhaltung verfasstes Buch vorzulegen oder mit diesem Buch die skeptischsten Zeitgenossen zu überzeugen. Ich selbst bin Praktiker und will gar nicht verhehlen, dass ich nach wie vor fasziniert bin von dem, was ich an Erfahrungen mit der PEP in der psychotherapeutischen und der Coachingpraxis mache und was mir von mittlerweile mehr als 3500 Seminarteilnehmern und Kollegen berichtet wurde. Natürlich begrüße ich es sehr, dass sich mehr und mehr Kollegen auch an Hochschulen des Themas aus wissenschaftlicher Sicht annehmen. Dieses vorliegende Buch jedoch ist für Praktiker geschrieben und will aufzeigen, was sich hinter dieser zunächst ungewöhnlich anmutenden Methode PEP verbirgt und wie sie sich in verschiedenste Arbeitsweisen prozessorientiert integrieren bzw. damit kombinieren lässt.
Aus wissenssoziologischer Sicht gibt es aber noch ein paar Beobachtungen, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen. Das Autorenteam um Geßner-van-Kersbergen, Aalberse und Andrade hatte 2012 ein sehr umfangreiches Buch zu den Klopftechniken (Aalberse u. Geßner-van-Kersbergen 2012) vorgelegt, in dem es auch diesen Autoren ein Anliegen ist, die positiven Erfahrungen der Klopftechniken vor allem neurobiologisch zu erklären. Andrade ist Arzt und Psychoneuroimmunologe und hat eine Fülle von spannenden Ergebnissen aus der Akupunkturforschung und eigenen Untersuchungen vorgelegt, die hier gar nicht im Einzelnen erwähnt werden können. Das Buch ist eine echte Bereicherung im Feld der Klopftechniken, und das Autorenteam hat einen Begriff geprägt, der Psychotherapiegeschichte schreiben könnte – sie sprechen von bifokal-multisensorischen Aktivierungen/Stimulationen bzw. bifokal-multisensorischen Interventionsstrategien/-techniken (BMSI). Hiermit war zunächst ein neuer Begriff für bestimmte Klopftechniken eingeführt worden. Auch diese Terminologie lässt die energetischen Wirkhypothesen hinter sich und fokussiert auf neurobiologische Wirkmechanismen. Die Terminologie lässt sich aber auf alle Bottom-up-Techniken anwenden, die zunächst ein belastendes Thema aktivieren und dann gleichzeitig (also bifokal, unter Herstellung einer geteilten Aufmerksamkeit) multisensorische Stimuli wie z. B. Augenbewegungen, haptisch-taktile Stimuli wie Klopfen setzen, oder die mit Gerüchen, dem Geschmackssinn oder Geräuschen arbeiten.
Nachdem ich von diesem Begriff bifokal-multisensorische Interventionstechniken (BMSI) gelesen und einen sehr inspirierenden Austausch mit dem Hirn- und Haptikforscher Martin Grunwald in Leipzig hatte, hat sich in mir mehr und mehr die Idee verfestigt, einen Kongress zu diesem Thema anzuregen. Der Begriff bifokal-multisensorische Interventionsstrategien erschien mir als einender Hauptnenner für viele innovative Techniken wie Brainspotting, EMDR, EMI, hypnotherapeutische Ansätze, Aufstellungsphänomene, sämtliche Klopftechniken und PEP. Der Begriff BMSI schien auch geeignet, zwischen den erwähnten Ansätzen mögliche Hürden und Ressentiments zu überwinden und sich hinsichtlich der Wirkhypothesen und praktischer Anwendungen gegenseitig zu inspirieren und voneinander zu lernen. Das hatte in mir den Wunsch geweckt, unterschiedliche Vertreter aus den verschiedenen Bereichen zusammenzubringen. Ich hatte ohnehin vor, mit der Carl Auer Akademie eine größere Veranstaltung zu PEP durchzuführen. Da ich von dem Thema so sehr angetan war, habe ich blitzschnell Gunther Schmidt und Bernhard Trenkle gefragt, ob sie auch Interesse an einem solchen Kongress hätten. Das sofortige große Interesse beider hat dazu geführt, dass wir eine Tagung mit dem Titel Reden reicht nicht! 2014 in der Heidelberger Stadthalle geplant haben, zu der wir neben Hirn- und Psychotherapieforschern Vertreter der verschiedenen bifokal-multisensorisch arbeitenden Techniken einladen wollten. Was dann hinsichtlich der Anmeldungen passierte, sprengte sämtliche Grenzen. Die Tagung war innerhalb von drei Wochen weit ein Jahr vor Beginn der Veranstaltung mit 1300 Plätzen ausgebucht. In den folgenden Tagen bekamen wir dann noch ca. 1000 weitere Anmeldungen, die eine