Der Erste Weltkrieg. Daniel Marc Segesser
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Auf ökonomischer Ebene wurde angesichts der fehlenden Investitionsbereitschaft privater Kapitalgeber hinsichtlich des Aufbaus moderner Industriebetriebe und der Einführung fortschrittlicher Produktionsmethoden der Staat aktiv. Im Zentrum stand dabei ähnlich wie in Europa zur gleichen Zeit die Schwerindustrie. Namentlich im Bereich der Rüstungsgüterproduktion engagierte sich der japanische Staat außerordentlich stark, erblickte die Regierung doch im Militär den entscheidenden Machtfaktor für die Verwirklichung zentraler Aufgaben in der Innen- und Außenpolitik. Der Staat versuchte jedoch auch durch seine wirtschaftlichen Aktivitäten auf dem zivilen Sektor Zeichen zu setzen und Private zu einer eigenständigen Investitionstätigkeit zu animieren. In den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bemühten sich die japanischen Regierungen um eine Privatisierung ihrer Industriebetriebe. An dieser Privatisierungsaktion beteiligten sich einige führende Adelsfamilien wie Mitsubishi, Mitsui, Furukawa oder Kawasaki, die so die Grundlagen für ihre spätere Entwicklung zu zaibatsu (Finanzcliquen oder Großunternehmen) schufen. Ausgenommen blieb dabei allerdings der Bereich der Rüstungsgüterproduktion. Angesichts seiner politischen und wirtschaftlichen Anpassung an die in Europa und Nordamerika dominierenden Ansprüche an ein zivilisiertes Staatswesen, versuchten die japanischen Regierungen bereits seit 1871, eine Revision der nach der erzwungenen Öffnung des Landes von 1853 abgeschlossenen ungleichen Verträge zu erreichen. Vorerst blieben sie damit erfolglos. Erst unmittelbar vor dem Beginn des Chinesisch-Japanischen Krieges im Jahre 1894 schloss die Regierung nach Übernahme europäischer Normen im Bereich des Zivil- und Strafrechts mit Großbritannien ein Abkommen ab, welches die Abschaffung der Konsulargerichtsbarkeit und die teilweise Rückgabe der Zollhoheit vorsah. Bis 1899 konnten analoge Abkommen auch mit den übrigen europäischen Staaten und den USA abgeschlossen werden. Die volle Zollhoheit erlangte Japan allerdings erst wieder 1912.
Primäres außenpolitisches Ziel der japanischen Regierungen war in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts neben der Wiedererlangung der vollen Souveränität die Stärkung der eigenen Position in Ostasien und wo möglich im Nordpazifik. Angesichts der Tatsache, dass das Land ökonomisch nicht stark genug war, Korea und weitere Teile Asiens wirtschaftlich zu durchdringen und wie die USA eine open-door-policy zu verfolgen, versuchte die Regierung ihre Ziele vor allem durch militärische Stärke zu erreichen. Immer wieder sah sie sich dabei aber mit Widerstand – auch militärischer Art – von Seiten Chinas konfrontiert. Japan vermochte sich im Chinesisch-Japanischen Krieg von 1894/95 militärisch durchzusetzen. Im Vertrag von Shimonoseki vom 17. April 1895 musste China die Unabhängigkeit Koreas anerkennen und Japan die Insel Formosa, die Pescadores Inseln und die Halbinsel Liaodong abtreten. Auf die Übernahme des letzteren Gebietes musste Japan allerdings auf Druck Russlands, Frankreichs und des Deutschen Reiches verzichten. Der Bündnisvertrag mit Großbritannien im Jahre 1902, der erneute militärische Erfolg im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 sowie Absprachen mit der amerikanischen Regierung (u.a. Taft-Katsura Memorandum von 1905) machten Japan zu einer zentralen Macht in Ostasien. Aus einem potentiellen Opfer imperialistischer Politik war ein eigenständiger Akteur in diesem Feld geworden.
Im Unterschied zu Japan gelang China eine solche Entwicklung weder am Ende des 19. noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Kaum jemand hatte dort damit gerechnet, dass es der Inselmacht Japan gelingen würde, sich gegenüber dem Reich der Mitte, welches traditionell die Vormachtstellung in Ostasien beanspruchte, durchzusetzen. Im Unterschied zu Japan hatte China in der frühen Neuzeit keine rigide Politik des Abschlusses vom Außenhandel verfolgt. Es war daher früher in den Fokus der Handelsinteressen der europäischen Mächte geraten. Dabei begann seit dem 18. Jahrhundert der von der britischen East India Company bewusst zur Verbesserung der eigenen Handelsbilanz betriebene Opiumhandel eine immer wichtigere Rolle zu spielen. 1840 kam es deswegen zum ersten Opiumkrieg, als die kaiserlich-chinesische Verwaltung versuchte, das im Reich bestehende Opiumverbot rigoros durchzusetzen. Für die britische Regierung ging es in diesem Konflikt jedoch nicht nur um die Handelsinteressen des eigenen Landes. Vielmehr wurde allgemein damit argumentiert, dass China ein Hort der Barbaren und eine orientalische Despotie sei. Eine Verbesserung dieser Situation könne nur durch eine allgemeine Öffnung für den internationalen Handel und die christliche Mission erreicht werden. Angesichts der Tatsache, dass die chinesische Regierung über keine moderne Flotte verfügte, musste sie rasch die Waffen strecken. Im Vertrag von Nanjing musste sie dem Abschluss einer Reihe von ungleichen Verträgen und der Abtretung der Insel Hong Kong an Großbritannien zustimmen. Im Gegensatz zu Japan versuchte die chinesische Regierung nicht, die eigene Position aktiv zu stärken. Sie leistete aber indirekt durch das Unterlaufen des Vertrages in einzelnen Punkten Widerstand, was 1856 von Großbritannien und Frankreich zum Anlass genommen wurde, mit einer neuerlichen Militärintervention weitere Konzessionen zu erzwingen. Durch interne Aufstände zusätzlich geschwächt, vermochte die kaiserliche Regierung sich nicht den Ansprüchen der westlichen Staaten, und Ende des 19. Jahrhunderts sogar Japans, zu widersetzen. Eine wichtige Rolle spielte dabei sicherlich auch die Tatsache, dass das Land darauf verzichtet hatte, selber eine moderne