Die Katze. Mark Fuehrhand

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Die Katze - Mark Fuehrhand

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war sie nicht zu seinem Spaß hierhergekommen. Sie besann sich auf ihren eigentlichen Plan und beschloss, diesen nunmehr professionell durchzuziehen.

      Nach einem Rundgang durch das Haus wurde ihr das Problem mit diesen jungen Leuten klar: Sie hatten keinen wertvollen Schmuck, denn dafür fehlte ihnen der Stil, und sie bunkerten auch keine Schätze in einem Tresor hinter einem Wandbild, denn sie hatten ein Online-Konto bei einer Direktbank. Letzteres war allerdings ein Problem, das sich lösen ließ. Es war nicht schwer, die Kredit- und EC-Karten in seinem Schreibtisch zu finden, und das Handy, das die Transaktionsnummern empfangen würde, lag direkt daneben. Dazu steckte sie sich noch sein Notebook ein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit benutzte er überall das gleiche Passwort, nämlich jenes, das sie bei seinem Online-Besuch im SM-Shop abgefischt hatte, als er sich den Lederknebel bestellt hatte. Zu Hause würde sie nicht viel Zeit brauchen, um seine Konten leer zu räumen. Sie schnappte sich noch die Mülltüte mit dem verdorbenen Brot, um keine DNA-Spuren zu hinterlassen.

      Er sah ihr nach, jammerte in seinem Knebel hinein und zerrte an seinen Fesseln, als sie die Küche verließ. Tja, du musst noch eine Weile durchhalten, dachte sie und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Wir wollen ja nicht, dass du deine Karten sperrst, bevor ich dein Konto leer geräumt habe. Mit dem letzten Blick über die Schulter sah sie noch, wie die Gurkenscheiben auf seinem durchtrainierten Bauch hüpften und an der verlaufenen Butter kleben blieben.

      4 – Himmel oder Hölle

      DER SNIFFER BEREITETE PROBLEME. Zwar war er nicht entdeckt worden, aber er lieferte keine Daten mehr. Im Zuge eines Routine-Updates hatten die Administratoren die Router des gehackten Netzes durch moderne Verteiler ersetzt, so dass der Sniffer den durchgehenden Verkehr nicht mehr mithören konnte. Es trieb Lisa zur Verzweiflung. Zu sehr hatte sie sich an das Abenteuer gewöhnt, zu sehr vermisste sie den Adrenalinkick, den sie spürte, wenn sie in fremde Wohnungen eindrang, durch dunkle Flure schlich und nicht wusste, was sie erwartete. Zu sehr liebte sie die kleinen Gemeinheiten, mit denen sie die selbst verschuldete Lage ihrer Opfer verschlimmerte. Sie hatte nicht gewusst, dass diese Bosheit in ihr steckte, aber nun tat es so gut, sie auszuleben, und sie wollte darauf nicht lange verzichten.

      Das Problem mit dem Sniffer war leider nicht leicht zu beheben. Natürlich gab es komplizierte Techniken, die neuen Verteiler zu umgehen oder zu täuschen, aber da musste sie sich erst einmal einlesen. Pizzapappen stapelten sich neben ihrem Computer, und Paula irrte maunzend zwischen all der schmutzigen Wäsche umher, die sich im Zimmer verteilte. Resigniert rieb Lisa sich die Augen und suchte im Kühlschrank nach Katzenfutter. Dabei kam ihr der Gedanke, dass eine Pause ihr gut tun würde, dass sie frische Luft gebrauchen konnte, um neue Gedanken zu fassen.

      Sie horchte in sich hinein. Die Überfälle hatten sie verändert. Monatelang hatte sie sich in ihrer Wohnung vergraben und wollte, ja konnte niemanden sehen. Aber jetzt regte sich das zaghafte Bedürfnis hinauszugehen. Unsicher schnappte sie sich den Wohnungsschlüssel.

      Draußen war es dunkel, wahrscheinlich war Mitternacht schon überschritten. Die Luft war klar und feucht, es hatte geregnet. Geräusche kamen noch aus der kleinen Kneipe an der Ecke. Lisa war alles andere als gesellig, trotzdem zog es sie dort hin; sie wusste nicht genau, warum. Ihre Erwartung, kaum noch Gäste vorzufinden, wurde bestätigt; die meisten Leute waren bereits nach Hause gegangen. Lisa setzte sich an den Tresen und bestellte sich ein Geripptes1. Dann starrte sie auf das Hochprozentige vor dem Spiegelschrank. Sie fing an, die Flaschen zu zählen, und verlor sich dabei. Sie träumte von dunklen Fluren, an deren Ende sich Männer kunstvoll selbst fesselten. Sie begann, an einem Bierdeckel herumzupulen, und träumte von kleinen Gemeinheiten …

      »Sie sind wohl heute nicht von dieser Welt?«, vernahm sie eine Stimme.

      Der Mann, der sich neben sie gesetzt hatte, sah unauffällig aus. Manche würden ihn vielleicht attraktiv finden. Er sah sie freundlich an.

      »Nein, heute nicht«, antwortete sie, um Worte ringend. Sie hatte lange mit niemandem mehr gesprochen. »Und sonst auch nicht. Ich bin oft mit den Gedanken woanders.«

      »Wohin wir gehen, gehen wir zuerst in unserer Phantasie«, sagte er.

      »Da ist was dran.«

      »Ich bin Mark«, stellte er sich vor.

      »Hallo, Mark!«, sagte sie begeisterungslos, ohne sich ebenfalls vor-zustellen. Es schien ihn nicht zu stören. Er besaß die Fähigkeit, an-genehm zu plaudern, ihm fiel viel ein, und ein angedeutetes Lächeln genügte ihm als Ermunterung zum Weiterplaudern. Man musste sich als Zuhörerin nicht besonders anstrengen, man musste nicht einmal zuhören. Während er plauderte, überlegte Lisa, wie sie ihn dazu bringen konnte, sich selbst zu fesseln, wie sie dann in sein Haus eindringen würde, welche kleinen Gemeinheiten sie ihm antun konnte – und wie sie genüsslich sein Konto plündern würde. Verdammt, wo sollte das noch enden? Sie bekam es nicht mehr aus dem Kopf. War sie ein Einbruchs-Junkie geworden?

      »Das finden Sie doch auch?«, hörte sie ihn sagen. Ups. Jetzt hatte er doch mal etwas gefragt. Keine Ahnung, was.

      »Selbstverständlich!«, pflichtete sie ihm bei, zu was auch immer.

      »Seit SM im Mainstream angekommen ist, feiern wir ständig Fasching. Jetzt gehen die Leute schon in Lack und Leder zur Arbeit. Und diese SM-Parties nehmen auch überhand!«

      »Ja, überhand«, pflichtete sie bei und musste ganz furchtbar gähnen. Sie war unglaublich müde und würde gleich auf dem Tresen zusammenbrechen.

      Bevor das geschehen konnte, nahm sie seine Telefonnummer und ging.

      Zu Hause warf sie seinen Zettel in den überquellenden Papierkorb und setzte sich wieder an den Computer, wo sie nach wenigen Minuten auf der Tastatur einschlief.

      Das Jagdfieber hatte sie wieder gepackt. Die Suchbegriffe rauschten wieder über ihren Bildschirm. Wann würde sich der ersehnte nächste Kunde zu erkennen geben?

      Es hatte lange gedauert, den Sniffer wieder flott zu bekommen. Am Ende hatte Lisa eine detaillierte Anleitung auf einer Hackerseite im Netz gefunden, die sehr hilfreich war. Durch Adressschwindeleien im Internet-Protokoll gelang es ihr, die neuen Verteiler zu übertölpeln. Wenn sie schneller auf Anfragen antwortete als die Verteiler, bekam sie die Datenpakete zuerst zugesandt. So konnte sie die Daten analysieren und danach an die Verteiler weiterleiten, als wäre nichts geschehen.

      Als die technischen Probleme endlich gelöst waren, passten die Suchbegriffe nicht. Lisas Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt …

      Es dauerte noch zwei Wochen, bis halbwegs passende Suchbegriffe kamen. Der neue Kunde hatte zwar Handschellen und Seile bestellt, aber kein Zeitschloss und auch keinen Knebel. Trotzdem wollte sie nicht länger warten; sie war so ausgehungert nach neuen Abenteuern, dass sie das Risiko einging und alles vorbereitete. Sie steckte einen eigenen Knebel ein, um notfalls das zu vollenden, was der Kunde versäumt hatte. Dann ging es wieder los, und mit der üblichen Mischung aus Glücksgefühl und Panikanfall war sie in sein Haus eingedrungen.

      Nun stand sie in seinem Zimmer und fand sich mit einer dramatischen Situation konfrontiert, die sie nicht auf Anhieb durchschaute. Sie sah sich die Merkwürdigkeiten noch einmal an, die der neue Kunde überall verteilt hatte: Auf einem Schreibtisch stand ein altmodischer analoger Wecker mit Zeigern. Neben dem Wecker lag ein Mikrophon, das an ein Notebook angeschlossen war. Auf dem Boden waren kurvenreich Dominosteine aufgestellt. Zwei Reihen schienen vor einem Regal zu beginnen. Weiter oben in dem Regal lag ein Handy, daneben ein paar Murmeln.

      Mitten in all diesen Merkwürdigkeiten saß der Kunde auf einem Sessel und sah Lisa gefasst und irgendwie unbeteiligt an. Er war nur leicht bekleidet, mit einem T-Shirt und einer kurzen

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