Die Katze. Mark Fuehrhand

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Die Katze - Mark Fuehrhand

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seinen Körper eng an die Rückenlehne gefesselt und seine Beine an die Stuhlbeine. Auch den rechten Arm hatte er mit viel Seil an die rechte Armlehne gebunden. Mit dem anderen Arm hatte er es danach naturgemäß schwerer gehabt. Er hatte links dann noch eine Handschelle dazu genommen, um sich sicher festzusetzen. Über seiner Hand schwebte ein mit einem Stein beschwerter Schlüssel an einem Seil, das über eine Rolle an der Decke wieder zum Boden ging, wo es an einem Topf voller Wasser festgemacht war, der auf einem kleinen Elektrokocher stand. Ach ja, dachte Lisa, das könnte gehen: Wenn der letzte Dominostein auf die Mausefalle fällt, schnappt die zu und schaltet damit den Kocher ein, der das Wasser verkocht, woraufhin der Topf leichter wird und der Stein den Schlüssel langsam hinunterzieht, so dass der Bastler ihn ergreifen und sich losmachen kann. Nicht gerade simpel gedacht, aber originell.

      Der Bastler hatte sich nun doch selbst geknebelt und war dabei rigoros vorgegangen. Was immer er sich in den Mund gesteckt hatte, konnte man nicht mehr sehen, weil es von einer dicken Schicht Paketklebeband bedeckt war. Das Klebeband hatte er sich hinten um den Kopf gewickelt, so dass es bombenfest saß. Beim Abziehen würde es übel an seinen Haaren ziepen. Lisa bemerkte, dass er sich auch noch ein Seil mehrmals um den Hals geschlungen hatte. Dieses Seil verlief zu einer anderen Rolle an der Decke und kam von dort wieder herunter zu einem Boxsack, der auf einem Küchenstuhl stand. An der Lehne dieses Stuhls war ein Seil befestigt, das über eine Elektrowinde eingeholt werden konnte. Selbige wurde wiederum über eine Lichtschranke von Dominosteinen angesteuert.

      Lisa war verwirrt. Sie versuchte, diese bedenkliche Konstruktion zu verstehen. Der Mann sah sie währenddessen an und schien nicht besonders aufgeregt zu sein. Soweit Lisa es begriff, hatte diese Ereigniskette zwei mögliche Ausgänge. Ausgang a) nannte sie »Himmel«: Der Mann bekam den Schlüssel und konnte sich befreien. Ausgang b) war dementsprechend die Hölle: Der Stuhl mit dem Boxsack wurde umgeworfen, und die Schlinge um den Hals des Mannes würde sich zuziehen.

      Sie selbst wäre bei diesen Alternativen erheblich nervöser als der Mann – um nicht zu sagen, es würde ihr Panik bereiten. Aber gut, jeder solle ja nach eigener Façon selig werden, hatte angeblich schon der alte Preußenkönig gesagt.

      Lisa war auf jeden Fall gespannt auf den Ausgang dieses Experiments. Sie schnappte sich einen Stuhl, der weiter hinten im Raum stand, und setzte sich neben den Bastler, um ihm beim Warten auf den Wecker Gesellschaft zu leisten.

      Mit vorrückender Stunde wurde der Bastler unruhiger. Lisa bemerkte, dass er sich ein wenig in den Seilen wand. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die sehr enge Fesselung unbequem war. Da der Wecker noch eine Weile brauchte, stand sie kurz auf, um sich in der Küche einen Milchkaffee zu machen. Leider konnte sie den Bastler nicht fragen, ob er Kakaostreusel hatte. Sie suchte kurz in den Küchenschränken, blieb aber erfolglos. Dann ging sie mit der Tasse zurück, um dem Bastler weiter Gesellschaft zu leisten.

      Nun dauerte es nur noch ein paar Minuten, dann war es so weit. Lisa nippte an ihrem Milchkaffee.

      Der Wecker klingelte. Lisa und der Mann schreckten zusammen. Man wartete auf etwas, und dann war man doch überrascht, wenn es endlich eintrat.

      Das Mikrophon nahm das Geräusch auf.

      Der Computer erwachte aus dem Energiesparmodus und verschickte eine SMS.

      Das Handy im Regal vibrierte und stieß die Murmeln an.

      Die Murmeln rollten umher, aber keine fiel herunter.

      Keine fiel herunter.

      Aus.

      Und nun? Weder Himmel noch Hölle! Sie befanden sich im Zwischenreich zwischen Himmel und Hölle, und der Fährmann nahm die Münze nicht.

      Lisa spürte, wie der gefesselte Mann neben ihr unruhig hin und her rutschte. Anscheinend hatte er nicht erwartet, dass sein Plan scheitern könnte. Nun wusste er wahrscheinlich nicht weiter.

      Aber wenn sie schon mal hier war, konnte sie helfen.

      »Wir versuchen es einfach nochmal«, sagte sie, und nickte ihm zu. Dann stand sie auf und schob die Murmeln auf dem Regal wieder vor das Handy. Sie ging zum Wecker und drehte den Alarm fünf Minuten vor.

      »Fünf Minuten«, sagte sie und setzte sich wieder neben den Mann.

      »Mmmh, mmmh!«

      Was immer er damit sagen wollte – glücklich sah er nicht aus.

      Sie warteten.

      Fünf Minuten lang starrten sie gemeinsam auf den Wecker.

      Der Wecker klingelte. Wieder zuckten sie zusammen.

      Das Mikrophon nahm das Geräusch auf.

      Der Computer erwachte aus dem Energiesparmodus und verschickte eine weitere SMS.

      Das Handy im Regal vibrierte und stieß die Murmeln an.

      Eine Murmel rollte über die Kante und fiel hinunter.

      Sie fiel und fiel und fiel.

      Sie traf den ersten Dominostein auf dem Weg zur Hölle. Die Steine begannen nacheinander umzufallen. Der Impuls nahm eine Kurve. Fast hätte ein Stein den nächsten verfehlt. Aber es ging weiter. Lisa und der Bastler beobachteten atemlos die fallenden Dominosteine. Der Impuls nahm die letzte Kurve vor der Seilwinde. Der Bastler spannte die Muskeln an, Schweiß stand ihm plötzlich auf der Stirn. Der Impuls wanderte direkt vor ihren Füßen auf die Seilwinde zu und – stoppte an Lisas Lederstiefel.

      Der Bastler atmete geräuschvoll aus. Fragend sah er Lisa an.

      »Jeder sollte eine zweite Chance bekommen«, sagte Lisa und zog ihren Fuß zurück. Dann kniete sie sich auf den Boden und begann, die Dominosteine mühevoll wieder aufzurichten.

      »Mmmh, mmmh!«, machte der Bastler und zerrte an seinen Fesseln. Lisa zuckte die Schultern. Sie verstand nicht, was er wollte. Aber es musste ja auch nicht immer nach ihm gehen.

      Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis sie alles wieder hergerichtet hatte, bis alle Dominosteine wieder standen und bis die Murmeln wieder in Position vor dem Handy lagen. Währenddessen zerrte der Bastler an seinen Fesseln und beobachtete ihr Treiben mit glasigen Augen. Schließlich nahm sie den Wecker und setzte sich wieder neben ihn.

      »Wie viele Minuten wollen wir dem Wecker diesmal geben?«, fragte sie. »Fünf?«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Zehn?«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Gut, dann machen wir einen Kompromiss. Also genau siebeneinhalb Minuten.« Sie stellte den Wecker ein und brachte ihn an seinen Platz vor dem Mikrophon neben dem Computer. Dann ging sie zurück und setzte sich wieder neben den Bastler.

      Der Bastler stand komplett in Schweiß.

      »Das kann einem schon an die Nerven gehen«, sagte sie mitfühlend. Aber er hatte es ja so gewollt. Und nun ermöglichte sie es ihm sogar, den Nervenkitzel mehrmals zu durchleben. Dafür konnte er ihr doch dankbar sein …

      Der Wecker klingelte.

      Das Mikrophon nahm das Geräusch auf.

      Der Computer erwachte aus dem Energiesparmodus und verschickte die dritte SMS.

      Das

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