An der Grenze zur Realität. Funny van Dannen

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An der Grenze zur Realität - Funny van Dannen

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wäre?

      Nein, sagte Dunja, sicher nicht. Zum Erfolg gehört immer eine gewisse Ansehnlichkeit. Ich glaube nicht, dass wir in einem eher hässlichen Mann den Sohn Gottes sehen würden.

      Seh ich auch so, meinte Frau Christiansen. Einen hässlichen Erlöser will keiner, der muss schon schön sein.

      Ich war schockiert und sackte im Stuhl zusammen.

      Sie sah mich an. Ja, ist so!, rief sie. Kann ich auch nicht ändern, und würde ich auch gar nicht wollen. Dein Bild ist gut. Authentisch, nachhaltig, alles. Aber der Mensch will Schönheit, Schönheit und Wahrhaftigkeit und Heiligkeit und Mut und Klugheit, alles, alles, aber ohne Schönheit kannst du nichts verkaufen.

      Ich sackte immer tiefer, ich rutschte vom Stuhl unter den Tisch und leckte vor Abscheu über die Worte der Lehrerin den Boden ab.

      Nun schaut euch den Gestörten an!, sagte Frau Christiansen. Nur weil er die Realität nicht erträgt, leckt er den Boden ab!

      Sie ging zum Pult und schrieb einen Tadel ins Klassenbuch. Dann schickte sie mich hinaus, um meine Zunge abzuwaschen. Als ich wiederkam, sprachen sie über Udos Bild. Er hatte Jesus als sympathischen Fisch in der Mitte des Ozeans dargestellt, die anderen Fische freundlich und interessiert lauschend drumherum, manche hatten sogar Ohren. Lauschende Fische! Ich lag schon wieder fast am Boden. Sogar die Haie guckten nett, mit nach oben gezogenen Mundwinkeln.

      Sehr poetisch, sagte Frau Christiansen. In dir scheint ein kleiner Franz von Assisi zu stecken, was?

      Udo von Assisi, flüsterte ich Dunja ins Ohr.

      Sag es uns allen, sagte Frau Christiansen, los!

      Oh, sagte ich, nichts Besonderes!

      Bitte, sagte sie, es interessiert uns.

      Na gut, ich sagte: Der heilige Franziskus und Dschingis Khan waren Zeitgenossen. Stellen Sie sich vor, es hätte damals schon das Fernsehen gegeben, und die beiden zusammen in einer Talkshow!

      Unsinn, sagte Frau Christiansen, du redest nur Unsinn! Ich müsste dich schon wieder tadeln.

      Der Papst und sagen wir mal Präsident Obama würden heutzutage auch nicht zusammen in einer Talkshow auftreten. Die müssen ihre Bücher dort gar nicht bewerben. Und Dschingis Khan konnte nicht mal schreiben.

      Frau Christiansen, sagte ich. Sie machen auch Fehler. Obama und Dschingis Khan sind doch total verschiedene Typen.

      Wir schweifen ab, rief die Lehrerin. Schnell! Wir haben noch zwei Minuten. Schaut euch das Bild von Dunja an.

      Sie hielt es hoch.

      Gut, murmelten alle.

      Und die Stirnbandmessage?

      Peace, sagte Eugen, kann ja nicht verkehrt sein.

      Kitschig, sagte Frau Christiansen. Das ist ein Hippie, nicht Jesus!

      Dunja schossen Tränen in die Augen.

      Warum malen Sie nicht mal ein Bild von Jesus? fragte Peter.

      Das mach ich, rief die Lehrerin, das mach ich!

      Dann nahm sie ihre Handtasche vom Pult und ging mit ausgestreckten Armen hinaus. Das macht sie oft und das soll heißen: Ihr kreuzigt mich durch eure Existenz. Hat sie uns mal verraten, als sie beim Schulfest vom Prosecco angeschickert war. Jetzt sind wir schon gespannt.

       In der Krise

      Zwei Bratwürste standen an einem herrlichen Frühlings­tag auf und wollten sich über die große Wirtschaftskrise unterhalten. Es ging nicht.

      Es geht nicht, sagte die eine. Sie hieß Lisa P. Wir sind beide viel zu dumm, um auch nur ansatzweise zu verstehen, was da passiert.

      Aber alle reden über die Krise, entgegnete die andere Bratwurst. Sie hieß Marco C. Glaubst du, die sind alle viel intelligenter als wir?

      Hat schon mal eine Bratwurst den Nobelpreis bekommen?, fragte Lisa zurück. War eine Bratwurst schon mal Fußballbundestrainer oder Ingenieur?

      Nein, sagte Marco. So gesehen hast du Recht. Aber die Menschen sind auch Spinner, findest du nicht? Sie glauben an so was wie Gott und Derivate. Und ewiges Leben, das ist doch völlig gaga.

      Ja, sagte Lisa. Sie sind nicht so realistisch wie wir Bratwürste. Das macht sie anfälliger für Krisen. Wir wissen, dass wir auf der Welt sind, um gegessen zu werden. Punktum. Das ist für uns in Ordnung, aber die Menschen haben viel mehr Energie als wir, die treibt die tollsten Blüten. Sie haben Sex und spielen Golf und Musik.

      Sex, fragte Marco, was ist das denn?

      Sex ist immer vor Sieben, sagte Lisa. Und manchmal stöhnen sie dabei. Klingt gar nicht gut.

      Und Golf?

      Auch seltsam, sagte Lisa. Dafür brauchen sie Schläger.

      Oha!, rief Marco. Sind Schläger nicht ganz üble Typen?

      Ja, sagte Lisa. Sie schlagen kleine, weiße, niedliche Bälle. Die fliegen schreiend durch die Luft und verste­cken sich in Löchern. Aber die Menschen finden sie und schlagen sie immer wieder.

      Und Musik?, fragte Marco. Ist das noch schlimmer als Sex und Golf?

      Geht so, sagte Lisa. Manchmal schon. Aber dafür braucht man Ohren.

      Kenn ich, sagte Marco. Sieht scheiße aus. Stell dir vor, wir hätten Ohren!

      Nein, sagte Lisa, das stell ich mir nicht vor. Ich möchte Schönheit, Schönheit und Perfektion. Und du möchtest das auch, wir sind so. Perfekt und schön. Die Menschen sind anders. Sie haben keinen Wert an sich. Hast du schon mal einen nackt gesehen?

      Nein, sagte Marco, womit denn?

      Augen, sagte Lisa. Menschen und Tiere und Würfel haben Augen. Ein Regenwurm hat mir mal erzählt, wie Menschen aussehen. Sie haben Ausstülpungen und Extremitäten, unten, oben, vorne, hinten.

      Voll eklig, sagte Marco. Kein Wunder, dass sie keinen Wert an sich haben.

      Ja, sagte Lisa. Und weil sie keinen Wert haben, müssen sie Werte schaffen, um sich gut zu fühlen.

      Gut fühlen, fragte Marco, was ist das denn?

      Verstehst du nicht, beschied ihm Lisa. Wir Bratwürste haben keine Gefühle. Gefühle machen Menschen laut oder leise, je nachdem.

      Schon kompliziert, diese Menschen, meinte Marco. Und sie können wirklich Werte schaffen?

      Na, schau dich an!, rief Lisa. Oder mich! Sie haben uns gemacht.

      Machen?, sagte Marco langsam. Menschen können machen?

      Ja, sagte Lisa, deshalb heißen manche auch Machos.

      Marco staunte: Was du alles weißt!

      Lisa legte sich hin.

      Ich

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