Sauerland Live. Reiner Hänsch

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Sauerland Live - Reiner Hänsch

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Na, bei dem Wetter lohnt es sich ja auch kaum. Aber war das nicht schon immer so grün von allen Seiten? Die dicke Eiche hat ast- und blättermäßig auch ganz schön zugelegt, stelle ich fest. Fast kein Licht mehr auf der Terrasse. Ja, ja.

      „Da! Es kommt näher“, sagt Steffi mit dieser Angststimme und zeigt auf die zwischen den Terrassenplatten aufgeschossenen Gras­büschel, die tatsächlich schon ziemlich nahe an die Tür vorgerückt sind. Ist die Tür abgeschlossen?

      Naja, vielleicht merkt man ja auch gar nicht, wie alles wächst und wuchert, wenn man einfach nur mal an den vier Sonnentagen, die das Jahr uns in diesen Breiten genehmigt, im Garten sitzt und dann eben den Grill anwirft, die Würste im Auge hat und keinen Blick für heranrückende Büsche und Sträucher.

      „Siehst du nicht, wie das alles gewachsen ist, Alex. Die Natur schlägt zurück!“ Stimme, jetzt fast apokalyptisch.

      „Ja, Steffi, jetzt mal nicht so dramatisch. Es ist halt einigermaßen warm und es regnet andauernd. Da wächst natürlich alles, ist ja klar. Wie im Regenwald“, sage ich ganz munter, als würde ich es sogar schön finden, wie die wilde, freie Natur da so um uns herumwuchert.

      Aber Steffi hat recht, es sieht schon etwas beängstigend aus. Die Fichten werden immer höher, die Büsche immer dichter und breiter, das Efeu rankt schon an einigen Stellen durch die Fenster, das Gras wächst … man müsste mal was machen.

      Tja, dann müssen wir da eben bald mal was abschnippeln“, sage ich so leichthin und ganz guter Dinge, weil dieses „bald“ noch etwas weiter in der Zukunft liegen könnte. Ich sehe nämlich, dass sich gerade schon wieder eine dicke schwarze Wolke nähert, die der soeben geplanten gärtnerischen Aktivität einen platschnassen Strich durch die Rechnung machen wird.

      „Heute aber nicht mehr. Du siehst ja, es regnet gleich“, sage ich also abschließend zur grünen Hölle unseres Gartens und gehe wieder zurück zu Max und D-MAX.

      Heimlich und mit dem düsteren Unbehagen einer bevorstehenden, möglicherweise schweren, ungewohnten Arbeit sehe ich schnell mal im Handy nach, wie das Wetter in den nächsten Tagen werden könnte, denn ich spüre bei Steffi so einen unbändigen Tatendrang, der sich eventuell von ein paar Regentropfen gar nicht aufhalten lässt. Morgen nass mit trockenen Abschnitten. Oh. Trockene Abschnitte. Mist. Das könnte reichen.

      Das mit dem augenblicklich drohenden Schlechtwetter sieht Steffi aber glücklicherweise ein, nachdem sie die schwarze Wolke jetzt auch entdeckt hat und nickt zögerlich zustimmend aber nachdenklich. Ja, ich sehe es, da ist dieser Wille, die Natur zu besiegen. Der Mensch will sich seinen Lebensraum zurückerobern. Jedenfalls der Mensch Steffi Knippschild.

      „Aber morgen dann!“, sagt sie mit fester Stimme, die sogar den dröhnenden Motor des Chevys übertönt, „morgen gehen wir alle …“, dabei lächelt sie jetzt besonders Max überfreundlich an, „… in den Garten und kämpfen gegen diesen Urwald.“

      Steffi übertreibt natürlich mit dem Urwald. So schlimm ist es meiner Meinung nach noch lange nicht, aber gut, ein bisschen nach Dschungel sieht es tatsächlich aus. Wenn ich unser Gartenhaus suche, das ich dann von Efeu und Schlinggewächsen fast erdrückt in der hinteren Ecke des Gartens finde, dann muss ich zugeben, dass das Ganze ein bisschen was von über­wucherten Inkatempeln hat, die erst nach Jahrhunderten im Dschungel entdeckt worden sind, weil die Natur sie einfach verschluckt hatte.

      Vielleicht wird man eines Tages, in ein paar Jahrhunderten, auch die Familie Knippschild von Ranken erwürgt und mumifiziert in diesem Sauerlanddschungel entdecken und anhand dieser Funde das ganz normale Leben in dieser ländlichen Region zu re­konstruieren versuchen. Wie haben die Menschen damals gelebt in dieser Regenwaldhölle? Offensichtlich haben sie den Kampf gegen die Natur aber verloren. Schrecklich! Familien und geführte Reisegruppen werden durch unseren ehemaligen Garten und durchs ehemalige Haus gehen und nur noch Reste der Knippschildschen Zivilisation vorfinden.

      Also gut, dann gehen wir eben morgen alle mal in unseren Garten und schnippeln ein bisschen an den Zweiglein und Ästchen herum, die zu weit vorstehen, damit es nicht so weit kommen kann.

      Kann ja kein Problem sein und lange kann das auch nicht dau­ern, denke ich, weil ich jetzt am Wochenende und an den nächsten paar freien Tagen ganz gerne an meinem zweiten Buch weiterschreiben würde. Das erste, das den Titel Mörder, Möpse und Millionen trägt und ein spannender, unterhaltsamer Krimi geworden ist, hat sich in einer Ecke der Buchhandlung Kohle immerhin fast zweihundertmal verkauft (und von mir persönlich verschenkt natürlich) und mich darin bestärkt, dass ich wenigstens hier im Ort ein gefragter und vielgelesener Bestseller-Autor bin und auf jeden Fall ein zweites Buch schreiben sollte. „Ich hab ihr Buch gelesen, Herr Knippschild. Habs mir schlimmer vorgestellt.“ Na, bitte. Das sind Kritiken, die man sich wünscht.

      Wieder einen Krimi, dachte ich so. Warum nicht? Ich lese sie selber gerne, und was man selbst gerne liest, sollte man als Autor auch schreiben.

      Das Buch hat auch schon einen Titel. Der ist mir als erster eingefallen, nachdem vor Kurzen der alte Heinz Potthoff gestorben ist. „Totgesoffen!“, sagten die Leute da hinter vorgehaltener Hand und so soll das Buch auch heißen. Das gefällt mir. Aber mit der Handlung bin ich mir noch nicht so ganz im Klaren. Es soll auf dem Dorf spielen, es wird einen Toten geben, einen dorfbekannten Säufer, der eines Tages mit einer Flasche Schnaps in der Hand eben tot aufgefunden wird. Mord muss ja sein, sonst ist es kein richtiger Krimi. Es stellt sich aber dann heraus, dass in der Schnapsflasche ein Pflanzengift war … naja, und so weiter. Ich weiß es noch nicht so genau.

      War der Gärtner der Mörder? Daran muss ich also noch arbeiten. Und wenn wir morgen dann mit der Schnippelei im Garten fertig sind, dann geht es weiter mit meinem Manuskript. Ich freue mich schon drauf.

      „Garten?“, fragt Max mit reichlich angeödeter Miene und hat mein vollstes Verständnis. Ich bin auch nicht so der Gartentyp, was dessen Pflege und Hege angeht. Ich besitze zwar alle Geräte, die nötig sind, um der Sache Garten theoretisch Herr zu werden, aber ich gestehe, dass ich sie bis jetzt nur sehr selten oder gar nicht eingesetzt habe. Ich sitze lieber in einem Liegestuhl mittendrin im Garten und lese oder döse – an den bereits genannten vier Sonnentagen.

      Natürlich freue auch ich mich, wenn es um mich herum blüht und sprießt, sieht ja auch sehr schön aus, aber das muss auch nicht unbedingt sein. Es geht auch ohne Blühen und Sprießen. Einfach nur rumsitzen und lesen. Oder essen und trinken. Grillen zum Beispiel.

      Also, ich würde jetzt nie auf die Idee kommen, ein Blumenbeet anzulegen, weil ich Blüten und Bienen und so was brauche. Steffi sagt so oft Sachen wie „Schau mal, die Hortensie ist wieder gekommen!“ und freut sich. Ich freue mich dann natürlich auch, weil es wirklich toll ist, dass die Hortensie wieder da ist und auch sehr schön aussieht, sage aber nur „Ja, schön“ und lese weiter.

      Und diese Blumen dann auch noch zu pflegen oder womöglich sogar das Unkraut aus den Beeten zu zuppeln. Nein, nein. Das geht zu weit. Das muss wirklich nicht sein. Bisschen Wiese, bisschen Busch und Baum. Das reicht mir vollkommen. Und dann einfach wachsen lassen! Fertig.

      Ich kann mich noch sehr gut an meine Kindheit erinnern, in der ich oft genug mit entsprechender Strenge im Garten zum Unkrautjäten verurteilt wurde, obwohl ich gar nichts angestellt hatte, während die anderen Jungs draußen in Freiheit waren und allerlei Unsinn anstellen konnten. Aber ich saß knurrig zwischen unreifen Erdbeeren und sprießenden Porreestängeln und hab das verdammte Unkraut dazwischen rausgepopelt.

      Ich habe es gehasst und mir geschworen, so etwas meinen Kindern niemals anzutun. Das verfolgt einen bis ins hohe Alter, das beeinflusst die persönliche Entwicklung, das Sozialverhalten, die Einstellung zu Obst und Gemüse und

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