Sauerland Live. Reiner Hänsch

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Sauerland Live - Reiner Hänsch

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eine Menge verkehrt machen kann, wenn man Kinder zu solchen Arbeiten abrichtet - und das will ich nicht. Max soll frei von Unkraut aufwachsen.

      Aber morgen soll er mal mit ran. Na gut. Einmal. Es geht ja sicher ganz schnell.

      Hätte ich früher mehr Fußball mit den Jungs gespielt und auf der Straße rumgelungert, hätte sich vielleicht später plötzlich ein starker Gartentrieb bei mir entwickelt. Wer weiß. Könnte auch sein. Ich würde ich jetzt vielleicht Rosen und Tulpen züchten, ich wäre im Kleingärtnerclub, würde meine Rosen auf Ausstellungen präsentieren und mit den dicksten Kürbissen und Kartoffeln angeben. Ich würde mit dem Nachbarn über den Zaun die Erdbeer- und die Kartoffelernte diskutieren und Mehltau und Rote Spinne als bösartige Feinde des Gärtnertums verfluchen.

      Wir würden uns austauschen über Giftmischungen und den richtigen Einsatz der wirksamsten Pestizide. Ich hätte Mein schöner Garten abonniert, bekäme monatlich die Siedler-Zeitung und rückte so bestens informiert dem Maul­wurf mit dem Solar-Maulwurf­schreck zuleibe, ich würde Ultraschallabwehr gegen den Wildhasen auffahren, der meine zarten, hilflosen Setzlinge abknabbert. Ich würde Schussfallen gegen die Wühlmäuse vergraben – ja, die werden unterirdisch erschossen. Peng. Ich würde Zäune setzen. Vielleicht elektrisch. Natodraht. Mein Garten wäre ein einziges militärisches Sperrgebiet – aber vorbildlich. Keine Gartenfeinde, kein Unkraut, alles blüht, alles wächst – aber so, wie ich es will.

      Doch zum Glück ist es eben alles ganz anders gekommen. Und dafür bin ich meinen Eltern dann doch im Rückblick sehr dankbar.

      Ich kümmere mich einfach nicht um den Garten. Er ist einfach da und ich liege und sitze eben manchmal drin. Mehr nicht. Gut, der Rasen, also eher die wilde Wiese, wird ab und zu gemäht, okay. Aber dann muss es auch gut sein.

      Ich will doch nicht der Sklave meines Gartens werden, so, wie meine Schwiegereltern zum Beispiel. Bei Alfred und Helga sieht der Garten aus wie ein botanischer Setzkasten, wie ein florales Panoptikum. Da sind die Blumen ausgerichtet und die Büsche gestutzt wie von einem fundamentalistischem Frisörmeister.

      Der Rasen hat sogar Kanten. Rasenkanten! Kennen Sie so was? Hatten meine Eltern auch. Da werden die Kanten des Rasens in mühevoller Zentimeterarbeit mit dem Spaten brutal abgestochen, bis er dann aussieht wie ein grüner Teppich. Erst dann sind Schwiegerpapa Alfred und der Rest der Rasenkantenstecher-Armee zufrieden. Und sobald im grünen Teppich, der ja vielleicht sogar von Schwiegermama Helga abgesaugt wird, wenn ein paar Blättchen darauf fallen, dann die ersten Grashalme es wagen, wieder über die genehmigte Länge von vier Zentimetern hinauszuwachsen, kommt augenblicklich der geschärfte Rasenmäher zum Einsatz, mit dem Alfred dann unter den strengen Augen seiner Helga verbissen seine Runden zieht.

      Manchmal Achten, manchmal Ovale, und manchmal, wenn er ganz gute Laune hat, schafft er es sogar, ein Muster in den Rasen zu mähen wie auf dem Fußballplatz. Man muss dann nur immer die Richtung des Mähers ändern, damit dieses Muster entstehen kann. Mein Lieber!

      „Hey Max, krass, Alter, was? Bock auf ‘ne Challenge im Garten morgen? Ich fordere dich heraus!“

      Ja, das kommt nicht so gut an und unser Sohn vertieft sich mit angewidertem Blick wieder in den nächsten D-MAX-Beitrag, in dem es diesmal um eine Familie geht, die in den Wäldern von Alaska, also mitten in der Wildnis lebt. Und sogar überlebt. Dann schaltet er aus und geht in sein Zimmer.

      Am nächsten Morgen spüren wir beide, Max und ich, eine gewisse Unruhe bei Steffi. Es geht alles etwas hektisch zu beim samstäglichen Frühstück. So, als ob uns die Zeit wegrenne. Steffi schlingt alles hinunter, und das ist doch nicht gesund und sehr ungemütlich.

      „Was ist denn los, Steffi? Haben wir’s eilig?“

      „Ja. Ab Mittag sind wieder Schauer angesagt.“

      „Ja und?“

      „Wie? Ja und? Wir gehen heute in den Garten“, singt sie. „Wisst ihr doch. Haben wir doch so ausgemacht.“

      Ja, wir hätten es zwar lieber vergessen, aber ja … so war der Plan. Steffis Plan. Sie hat es so ausgemacht.

      „Ich hab euch hier schon mal die alten Klamotten rausgelegt und dann geht’s gleich los.“ Steffi scheint richtige Freude an dieser bevorstehenden Aktion zu haben. Naja, es wird ja nicht lange dauern.

      „Boah, echt?“, fragt Max noch mal unnötigerweise, „Lukas wollte mich heute abholen, wir wollten zusammen ins Dorf …“

      Ach, da haben wir es wieder. Meine ganze schwere Kindheit holt mich in diesem Moment ein und ich werde nachdenklich. Zwing den Jungen nicht! Mach es nicht! Gib ihm seine Freiheit! Er braucht das. Er kann doch nichts dafür! Er muss unkrautfrei aufwachsen können!

      „Max, (räusper, räusper) heute gehen wir erst mal in den Garten! Kannst ruhig mal mitarbeiten und was für die Familie tun.“ Diese Worte sind mir wirklich nicht leicht gefallen, und er tut mir jetzt schon leid, der Arme. „Wann kommt Lukas denn?“

      „Um drei.“

      „Oooch, bis dahin sind wir lange fertig“, flöte ich fröhlich und tue so, als ob auch ich mich schon ein wenig auf meinen Einsatz an der grünen Front freue. Und außerdem sind ja ab Mittag Schauer angesagt. Läuft also.

      Traurig schlüpft Max in seine alten Jeans mit den Fahrradschmierflecken und zieht wiederwillig eine Jacke an, die ihm nicht mehr ganz passt. Auch ich zerre mir das Lumpenzeugs über, das Steffi uns rausgelegt hat und da stehen wir nun. Bereit, die Schmach der Sklaverei anzutreten.

      Steffi ist nicht mehr zu sehen. Sie steht schon zwischen den Kirschlorbeerbüschen und schnippelt fleißig. Sie schwitzt sogar schon, weil doch tatsächlich die blöde Sonne rausgekommen ist. Na, na, ob das mal gut geht mit den versprochenen Schauern heute Mittag.

      Steffi schneidet die ersten vorwitzigen Zweige ab und legt sie sorgfältig auf einen Haufen.

      „Max, du kannst das schon mal in die Schubkarre packen!“

      „Wo ist die denn?“, fragt er und auch ich muss nachdenken. Es ist doch schon eine ganze Weile her, dass wir dieses seltene Schiebe-Gefährt mal benutzt haben.

      „Am Kompost“, antwortet Steffi und bevor Max jetzt fragt, wo denn der Kompost ist, nehme ich ihn beiseite und wir gehen gemeinsam die Schubkarre holen. Ich habe den Komposthaufen schon mal gesehen. Er müsste irgendwo da hinten sein. Ah ja, da ist er ja. Leider ist der Reifen der Schubkarre platt und ich muss schon wieder überlegen, wo jetzt diese Luftpumpe ist.

      „Wo bleibt denn die Schubkarre?!“, ruft Steffi und ich rufe zurück „Wo ist denn die Luftpumpe?“ und höre nur, wie Steffi stöhnt und so was sagt wie „Immer dasselbe, wenn man‘s braucht, ist alles kaputt.“

      Ich erinnere mich aber dann, dass die Pumpe in der Garage lie­gen müsste und kann sie dann auch unter einer dicken Schicht Spinnweben herausarbeiten. Was Spinnen doch für tolle, total symmetrische und außerordentlich widerstandsfähige Gebilde bauen können!

      Dann steht die Schubkarre endlich an ihrem Platz.

      „Na los, einladen!“, ordnet Steffi etwas ungeduldig an und Max verrichtet murrend seine Fronarbeit. Dass sie bereits einen ganzen kleinen Berg von Ästchen abgeschnitten hat, kann man dem Busch über­haupt nicht ansehen. Er sieht eigentlich aus wie immer. So wird das nichts, denke ich. Da müssen ganz andere Geräte her. Da muss man in ganz anderen Dimensionen denken. Größer.

      „Warum

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