Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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der Glückseligkeit mit all ihren Folgen. Und auf die Frage, warum diese Möglichkeit angenommen wurde, lautet die Antwort des menschlichen Verstandes, die der Kosmischen Wahrheit am nächsten kommt, folgendermaßen: in den Beziehungen oder im Übergang des Einen Göttlichen zum Göttlichen in den Vielen wurde diese unheilvolle Möglichkeit an einem bestimmten Punkt zur Unvermeidlichkeit. Und einmal vorhanden, übt sie auf die Seele, welche in die sich entfaltende Manifestation herabkommt, eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, die diese Unvermeidbarkeit hervorruft, – eine Anziehung, die in menschlichen Begriffen auf der Erd-Ebene als Ruf des Unbekannten gedeutet werden kann, als Freude an der Gefahr, an der Schwierigkeit, am Abenteuer, als Wille, das Unmögliche zu versuchen und das Unvorhersehbare zu verwirklichen, als Wille, das Neue und Unerschaffene mit dem eigenen Selbst und Leben als Stoff zu erschaffen, als die Faszination der Widersprüche und ihre schwierige Harmonisierung. Diese Dinge, übertragen auf ein anderes überphysisches, übermenschliches Bewusstsein, höher und weiter als das mentale, waren die Versuchung, die zum Fall führte. Denn für das ursprüngliche Lichtwesen, das im Begriff war herabzukommen, gab es nur ein Unbekanntes, die Tiefe des Abgrunds und die Möglichkeiten des Göttlichen in der Unwissenheit und Unbewusstheit. Andererseits geht vom Göttlichen Einssein eine unendliche Billigung aus, mitleidsvoll, zustimmend, hilfreich, ein höchstes Wissen, dass all dies zu geschehen hat, dass das einmal Erschienene ausgearbeitet werden muss, dass sein Vorhandensein in gewisser Weise Teil einer unermesslichen, unendlichen Weisheit ist, dass der Sturz in die Nacht zwar unvermeidlich war, doch das Auftauchen in einen neuen, noch nie dagewesenen Tag ebenfalls gewiss ist und allein auf diese Weise eine bestimmte Manifestation der Höchsten Wahrheit bewirkt werden kann – nämlich durch Ausarbeitung seiner formgewordenen Gegensätze als Ausgangspunkt der Evolution und als Voraussetzung eines umwandelnden Neu-Auftauchens. In dieser [Göttlichen] Billigung war ebenfalls die Bereitschaft zum großen Opfer mit eingeschlossen, die Herabkunft des Göttlichen selbst in diese Unbewusstheit, damit es die Bürde der Unwissenheit und ihre Folgen auf sich nehme, damit es als avatara und vibhuti vermittle und unter dem zweifachen Zeichen des Kreuzes und des Sieges der Erfüllung und Befreiung entgegenschreite. Ist dies eine zu phantasievolle Darlegung einer nicht auszudrückenden Wahrheit? Wie vermöchte man sonst, ohne Gleichnisse zu gebrauchen, dem Verstand ein Mysterium deuten, das weit jenseits seiner selbst liegt? Erst wenn man die Schranke der begrenzten Intelligenz überschritten und an der kosmischen Erfahrung, dem kosmischen Wissen teilgehabt hat, welche die Dinge in ihrem Einssein sehen, nehmen die höchsten Realitäten hinter diesen Gleichnissen – Gleichnisse, die mit der Wirklichkeit der Erde übereinstimmen – ihre göttlichen Formen an und werden als einfach und natürlich empfunden und als essentiell in den Dingen enthalten. Allein indem man in dieses größere Bewusstsein eintritt vermag man die Unausweichlichkeit seiner Materialisierung und ihres Zieles zu erkennen.

      Dies ist in der Tat nur die Wahrheit der Manifestation, wie sie sich dem Bewusstsein an der Grenzlinie zwischen der Ewigkeit und dem Herabstieg in die Zeit darstellt, wo die Beziehung zwischen dem Einen und den Vielen in der Evolution selbstbestimmt ist, ein Bereich, in dem alles Künftige enthalten, aber noch nicht wirksam ist. Doch das befreite Bewusstsein kann sich höher erheben, dorthin, wo das Problem nicht länger besteht, und es von dort im Licht einer höchsten Einheit sehen, in der alles in der selbst-tätigen, selbst-seienden Wahrheit der Dinge vorherbestimmt ist und gerechtfertigt steht vor einem absoluten Bewusstsein, vor einer absoluten Weisheit und einem absoluten Entzücken, die sich im Hintergrund der gesamten Schöpfung und Nicht-Schöpfung befinden; sowohl Bejahung als auch Verneinung werden dort von jener unsagbaren Realität her gesehen, die diese befreit und harmonisiert. Doch dieses Wissen ist dem menschlichen Mental nicht deutlich zu machen, seine Lichtsprache ist zu unlesbar, das Licht selbst ist zu hell für ein Bewusstsein, das an die Schwere und Dunkelheit des kosmischen Rätsels gewöhnt und darin verstrickt ist, als dass es dem Faden zu folgen oder das Geheimnis zu begreifen vermöchte. Jedenfalls können wir seine volle Bedeutung erst dann erkennen und unsere Seele von dem Mysterium befreien, wenn wir uns in den Spirit jenseits des Bereiches von Finsternis und Kampf erheben. Zu dieser Höhe der Befreiung aufzusteigen, ist der wahre Ausweg und das einzige Mittel, unanzweifelbares Wissen zu erlangen.

      Doch diese Befreiung und Transzendenz auferlegt nicht notwendigerweise eine Abkehr, ein Sich-Loslösen von der Manifestation. Sie kann eine Befreiung in das Wirken des höchsten Wissens und eine Intensität von Macht vorbereiten, welche die Welt umzuwandeln und das evolutionäre Streben zu erfüllen vermögen. Es ist ein Aufstieg, von dem es keinen Sturz mehr gibt, sondern ein beflügeltes, sich selbst tragendes Herabkommen von Licht und Kraft und Ananda.

      Was der Kraft des Seienden innewohnt, manifestiert sich als Werden; doch welcher Art die Manifestation sein wird, ihre Grundzüge, das Gleichgewicht ihrer Kräfte, die Ordnung ihrer Prinzipien, hängt von dem handelnden Bewusstsein ab, das in der schöpferischen Kraft wirkt, es hängt von der Bewusstseinsmacht ab, die das [absolute] Sein für die Manifestation aus sich entlässt. Es liegt in der Natur dieses Seins, seine Bewusstseinsmächte abstufen und verändern zu können und entsprechend dieser Abstufung oder Veränderung die Welt, den Grad und das Ausmaß seiner Selbstenthüllung zu bestimmen. Die manifestierte Schöpfung ist durch diejenige Bewusstseinsmacht, der sie angehört, begrenzt, und ihr entsprechend erkennt und lebt sie; sie vermag erst dann mehr zu erfassen, machtvoller zu leben, ihre Welt zu verändern, wenn sie sich einer größeren Bewusstseinsmacht darüber öffnet, ihr entgegenstrebt oder sie zum Herabkommen bewegt. Dies aber findet in der Bewusstseins-Evolution unserer Welt statt, nämlich, dass eine Welt unbelebter Materie unter dem Druck dieser Notwendigkeit eine Macht des Lebens, eine Macht des Mentals hervorbringt, die neue Schöpfungsformen in sie einbringen und schließlich dahingehend wirken, eine supramentale Macht zur Herabkunft zu bewegen. Darüber hinaus wirkt eine schöpferische Kraft zwischen zwei Bewusstseinspolen. Einerseits besteht zuinnerst und darüber ein geheimes Bewusstsein, das alle Möglichkeiten in sich birgt – dort ewig manifest, hier noch der Befreiung harrend –, ein Bewusstsein des Lichtes, des Friedens, der Macht und Glückseligkeit. Auf der anderen Seite gibt es noch ein anderes, ein äußeres, an der Oberfläche und unter uns, das vom scheinbaren Gegenteil ausgeht, von Unbewusstheit und Trägheit, von blinder Kraft und der Möglichkeit des Leidens, und diese wächst, indem es immer höhere Bewusstseins-Mächte in sich aufnimmt, die seine Manifestation in immer größeren Ausdrucksformen erstehen lassen. Jede neue Schöpfung dieser Art lässt einen Teil der inneren Macht in Erscheinung treten und ermöglicht hierdurch die Herabkunft der darüber wartenden Vollkommenheit mehr und mehr. Solange die äußere Persönlichkeit, mit der wir uns identifizieren, in den niederen Bewusstseins-Mächten zentriert ist, ist ihr das Rätsel ihres eigenen Daseins, ihres Zwecks, ihrer Notwendigkeit ein unlösbares Mysterium; wenn diesem äußeren mentalen Menschen überhaupt ein Stück der Wahrheit vermittelt wird, erfasst er sie nur unvollkommen, er missdeutet und missbraucht sie vielleicht und lebt nicht ihrer entsprechend. Sein eigentlicher Wanderstab besteht eher aus dem Feuer des Glaubens als aus einem erlebten und nicht zu bezweifelnden Licht der Erkenntnis. Nur indem er sich in ein höheres Bewusstsein erhebt, jenseits der mentalen Grenze und für ihn daher zur Zeit noch überbewusst, kann er aus seiner Unfähigkeit und Unwissenheit auftauchen. Seine volle Befreiung und Erleuchtung wird kommen, wenn er die Grenzlinie überschreitet und in das Licht eines neuen, überbewussten Daseins eintritt. Das ist jene Transzendenz, nach der die Mystiker und spirituell Suchenden strebten.

      An der Schöpfung würde dies jedoch an sich nichts ändern. Das Entweichen einer befreiten Seele aus der Welt verändert diese Welt nicht. Doch wenn das Überschreiten der Grenzlinie nicht nur einem Aufsteigen, sondern einem Herabkommen zugewandt wäre, bedeutete dies die Umwandlung der Linie von dem, was sie jetzt ist, ein Lid, eine Schranke, in einen Durchgang für die höheren Bewusstseinsmächte des [absoluten] Seins, die sich jetzt noch über ihr befinden. Es würde eine neue Manifestation auf Erden bedeuten, ein Einbringen höchster Mächte, die die Grundbedingungen hier völlig umkehrten, und zwar derart, dass eine Schöpfung entstünde, die in die volle Flut spirituellen und supramentalen Lichtes erhoben wäre, an Stelle einer, die sich in das Halb-Licht des Mentals aus der Finsternis stofflicher Unbewusstheit erhebt. Nur in solchem vollen Licht des verwirklichten Spirits könnte das verkörperte Wesen die Bedeutung und zeitweilige Notwendigkeit seines Herabstiegs in die Finsternis und deren Bedingungen erkennen – und alles was damit verbunden ist – und diese gleichzeitig auflösen

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