Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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oder samskara, die wir fälschlicherweise als unser Selbst ansehen. Im illusionistischen Vedanta hat es nicht die Bedeutung einer Desintegration, sondern vielmehr die der Auflösung eines falschen und unwirklichen individuellen Selbst in dem einen wirklichen Selbst oder Brahman; auf diese Weise schwindet die Vorstellung und Erfahrung einer Individualität – wir können es auch so formulieren: ein falsches Licht wird im wahren Licht ausgelöscht (nirvana). In spiritueller Erfahrung verliert sich manchmal jedes Gefühl der Individualität in einem grenzenlosen kosmischen Bewusstsein; das, was die Individualität war, bleibt lediglich als Zentrum oder Kanal für den Strom eines kosmischen Bewusstseins, einer kosmischen Kraft und Tat bestehen. Oder aber es [nirvana] kann die Erfahrung des Verlustes der Individualität in einem transzendenten Sein und Bewusstsein bedeuten, in dem sowohl die Wahrnehmung des Kosmos als auch der Individualität schwindet. Oder es kann in einer Transzendenz stattfinden, die sich des kosmischen Wirkens bewusst ist und dieses stützt. Doch was meinen wir mit Individualität? Das, was wir meist so bezeichnen, ist das natürliche Ego, ein Entwurf der Natur, der ihr Wirken in Mental und Körper zusammenhält. Dieses Ego muss ausgelöscht werden, da sonst keine vollständige Befreiung möglich ist; doch das individuelle Selbst oder die Seele sind nicht dieses Ego. Die individuelle Seele ist das spirituelle Wesen, das manchmal als ein ewiger Teil des Göttlichen beschrieben wird, aber ebenso als das Göttliche selbst beschrieben werden kann, das seine Manifestation als die Vielen aufrechterhält. Dies ist die echte spirituelle Individualität, die in ihrer vollkommenen Wahrheit erscheint, sobald wir uns vom Ego befreien, von unserem falschen, trennenden Gefühl der Individualität, wenn wir unser Einssein mit der Transzendenz und dem kosmischen Göttlichen und mit allen Wesen verwirklichen. Dadurch wird das Göttliche Leben möglich. Nirvana ist ein Schritt in dieser Richtung: das Verschwinden der falschen, trennenden Individualität ist eine notwendige Voraussetzung, um unser wahres, ewiges Wesen zu verwirklichen und darin zu leben, um göttlich im Göttlichen zu leben. Doch dies können wir in der Welt und im Leben tun.

      6. Wiedergeburt

      Wenn Evolution eine Wahrheit ist- nicht nur eine physische Evolution der Arten, sondern eine Evolution des Bewusstseins –, dann muss sie eine spirituelle und kann nicht nur eine physische Tatsache sein. In diesem Falle ist es die Individualität, die sich entfaltet und in ein immer weiter entwickeltes und vollkommenes Bewusstsein wächst, und dies kann offensichtlich nicht im Laufe eines einzigen kurzen menschlichen Lebens geschehen. Wenn es die Evolution einer bewussten Individualität gibt, dann muss es eine Wiedergeburt geben. Wiedergeburt ist eine logische Notwendigkeit und eine spirituelle Tatsache, die wir erfahren können. Beweise von Wiedergeburt, manchmal von überwältigend überzeugender Natur, fehlen nicht, doch wurden sie bislang noch nicht sorgfältig erfasst und gesammelt.

      7. Evolution

      In meiner Erläuterung des Universums habe ich die wichtige Tatsache einer spirituellen Evolution als Grundlage unseres Daseins hervorgehoben. Sie besteht aus einer Reihe von Anstiegen, vom physischen Wesen und Bewusstsein zum Vital, dann zum Lebens-Selbst, von dort weiter zum mentalen Wesen, das im vollentwickelten Menschen verwirklicht wird, und weiter von dort zu einem vollkommenen Bewusstsein jenseits des Mentals, nämlich in das supramentale Bewusstsein und supramentale Wesen, das Wahrheits-Bewusstsein, welches das integrale Bewusstsein des spirituellen Wesens ist. Das Mental kann nicht unsere letzte bewusste Ausdrucksform sein, denn grundsätzlich besteht es aus Unwissenheit, die nach Wissen sucht; allein das supramentale Wahrheits-Bewusstsein kann uns das wahre und ganze Selbst-Erkennen und Welt-Erkennen bringen; nur durch dieses können wir zu unserem wahren Wesen gelangen und unsere spirituelle Evolution vollenden.

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      Über Nirvana

      Was ich in der Zeitschrift Arya schrieb, war eine Erläuterung der Dinge, wie sie sich vom Bereich des Obermentals dem Mental darbieten, abgefasst in mentalen Darlegungen und daher unter Anwendung der Logik. Denn in einer derartigen Arbeit, die zwischen dem Intellekt und dem Überintellektuellen vermittelt, hat die Logik ihren Platz, obwohl natürlich keinen vorrangigen, wie etwa in den rein mentalen Philosophien. Selbst der Mayavadin versucht, seinen Standpunkt oder seine Erfahrung durch eine unerbittlich logische Beweisführung zu erhärten. Nur wenn er die Maya erklären soll, kann er ähnlich dem Naturwissenschaftler lediglich seine Vorstellung über den Ablauf dieser universalen Täuschung ordnen und gliedern; er kann nicht erklären, wie oder warum seine illusorische, trügerische Maya entstand. Er kann lediglich feststellen: Nun gut, sie ist eben vorhanden.

      Natürlich ist sie vorhanden. Doch die Frage lautet zunächst, was ist sie? Ist sie wirklich eine täuschende Macht und nichts anderes, oder ist etwa des Mayavadins Vorstellung von ihr eine irrige, vorschnelle Auffassung, eine mentale, unvollständige Deutung oder gar selbst eine Illusion? Und als nächstes: Ist Illusion die einzige oder höchste Macht, die dem Göttlichen Bewusstsein oder Überbewusstsein innewohnt? Das Absolute ist absolute Wahrheit, frei von Maya, andernfalls wäre Befreiung nicht möglich. Besitzt also die höchste und absolute Wahrheit keine andere wirkende Macht als die der Falschheit und ohne Zweifel mit ihr – denn beide gehören zusammen – die Macht, diese Falschheit aufzulösen und zu entkräften, die aber dennoch ewig besteht? Ich finde, dass dies ein wenig seltsam klingt. Doch seltsam oder nicht, es mag so sein, – denn es kann, wie du ausführst, das Unsägliche nicht den Gesetzen der Logik unterworfen werden. Doch wer soll entscheiden, dass es so ist? Du wirst erwidern: „Jene, die dorthin gelangen“. Doch wohin gelangen? Zum Vollendeten und Höchsten, purnam param? Ist das eigenschaftslose Brahman des Mayavadins dieses Vollendete und Vollkommene, – ist es wirklich das Höchste? Gibt es nicht oder kann es nicht ein Höheres als jenes Höchste geben, paratparam? Das ist keine Frage der Logik, es ist die Frage einer spirituellen Tatsache, einer höchsten und vollständigen Erfahrung. Die Lösung dieser Frage sollte sich nicht auf der Logik gründen, sondern auf einer wachsenden, sich stets erhöhenden und weitenden spirituellen Erfahrung – einer Erfahrung, die natürlich Maya und nirvana miteinbezieht oder durch diese hindurchgegangen sein muss, denn andernfalls wäre sie nicht vollständig und hätte keinen entscheidenden Wert.

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