Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland

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„Ich bin in guter Stimmung, und ich hoffe, dass ich deinen Geschmack getroffen habe.“

      Sie suchte in seinem Gesicht nach irgendwelchen Anzeichen, die ihr den Grund für die Blumen und seine Fröhlichkeit verrieten.

      „Er ist wunderschön, doch, Walter. Herzlichen Dank! Dann hat es heute also keinen Ärger für dich gegeben?“

      „Massenhaft, aber der Kentenich ärgert sich noch viel mehr, und das freut mich.“ Während sie hineingingen, hob er den Aktenkoffer: „Kommt mir vor, als sei er einen Zentner leichter. Olga durfte seinen Einsparungsplan in den Papierkorb werfen.“

      „Das gibt Ärger. Kentenich ist nachtragend.“

      „Natürlich. Hoffentlich platzt er. Wenn er noch ein Jahr in der Firma regiert, sind wir auf den Hund gekommen. Begreift einfach gewisse Entwicklungen nicht. Hat keine Ahnung, welchen Trend der Markt vorzeichnet. Na ja, entweder schießt er sich selber ab oder er hat die Firma auf dem Gewissen. Ich hoffe, der erste Fall tritt ein.“

      Er stellte den schwarzen Koffer an die Seite, hängte die Jacke an die Garderobe und band die Krawatte ab.

      Im Spiegel sah er ihr Gesicht mit dem zweifelnden Ausdruck.

      „Hast du noch mal Schmerzen gehabt?“, fragte er. „Du warst bei Scharnitz, oder?“

      „Ich geh’ doch nicht zu ihm. Wie kommst du bloß darauf?“

      „Heute Morgen habe ich angerufen, du bist aber nicht an den Apparat gegangen. Da habe ich halt gedacht, dass ...“ Sein Blick fiel ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch stand der Diabetrachter, eingerahmt von Schere, Bildtaschen, Diastreifen und Rähmchen.

      „Das muss ich überhört haben. Vielleicht war ich in der Küche. Es tut mir leid, Walter. Es – es ist meine Schuld. Du hast gesagt, dass du anrufst, aber ich hab’s total vergessen.“

      Sie schwindelte, er spürte es. Sie schwindelte rührend unbeholfen.

      Wahrscheinlich hat sie davor die medizinischen Fachbücher aus dem Regal gewälzt, überlegte er, und dann im Zustand völliger Niedergeschlagenheit Hermann angerufen. Als ich es klingeln ließ, hat sie einfach nicht abgenommen. Aus Angst, ich könnte etwas merken, könnte ihrer Stimme anhören, dass einiges mehr als nur die Schmerzattacken ihr Kummer bereiten. Sie wusste ungefähr die Zeit, wann ich anrufen würde!

      Sollte er nun einfach über die Sache hinweggehen?

      Sie musste das als seltsam, geradezu unnatürlich empfinden, denn er machte sich immer große Sorgen, wenn in seiner kleinen Familie ein Krankheitsfall auftrat. Sie würde hellhörig werden, wenn er nicht fragte. Und misstrauisch war sie schon.

      „Aber Hermann hast du doch angerufen?“

      „Ja.“ Sie sagte es dünn, geradezu kläglich. Ihm entging nicht, dass ihr Tränen in die Augen schossen. Mit einer heftigen Bewegung wandte sie sich ab, als schäme sie sich vor ihm und vor Tina.

      „Na, na, was ist denn?“ Ganz behutsam fasste er sie an den Schultern, drehte sie zu sich herum und nahm sie in die Arme. Er spürte, dass sie zitterte. „Was hat er gemeint?“

      Der Blumenstrauß war im Wege, die Umhüllung knisterte.

      „Och, immer schmust ihr“, maulte Tina. „Krieg’ ich jetzt die Schleife oder nicht?“

      „Später, nicht vor dem Kind“, mahnte Eva-Maria ihren Mann leise. Sie nahm sich sehr zusammen.

      Walter gab sie frei.

      Sie holte eine Vase aus dem Wohnzimmerschrank und trug sie mit den Blumen in die Küche.

      Ich denke nicht, dass ich mich verraten habe, überlegte er. Misstrauisch ist sie nicht mehr, aber in einer erbärmlichen Verfassung. Da hat Hermann nicht übertrieben!

      Er ging ins kleine Esszimmer. Wie jeden Abend, wenn er von der Arbeit heimkam, hatten ihm seine Mädchen, wie er sie nannte, die Thermoskanne voll Kaffee bereitgestellt. Eva-Maria machte den Kaffee, Tina kümmerte sich ums Geschirr und trug immer Tasse, Untertasse und Löffel heran, alles schön einzeln. Die Zuckerdose nicht zu vergessen. Gelegentlich war dann auch eine dezente Zuckerspur zwischen Küche und Esszimmer gestreut.

      Er hörte Tina in der Küche plappern. Sie konnte es kaum erwarten, die rosa Schleife zu bekommen. Das Cellophanpapier knisterte.

      „Nicht wegwerfen!“, rief die Kleine ganz aufgebracht. „Das kann ich auch gebrauchen.“

      „Bitte, Tina!“ Evas Stimme klang vorwurfsvoll. „Und nachher liegt es vor dem Haus. Ist das Fahrrad weggeräumt?“

      „Hat der Papi schon gemacht.“ Kleine, eilige Schritte verließen die Küche, begleitet vom Knistern des Papiers. Freudestrahlend kam sie ins Wohnzimmer, hielt sich eitel die rosa Zierkordel aufs Haar und klemmte das Cellophan unterm Arm fest wie ein kostbares Beutestück, das sie nie mehr herzugeben bereit war.

      „Gefällt’s dir?“, fragte sie und drehte sich einmal.

      „Gefällt mir sehr gut. Aber gar nicht gefällt mir, dass fast jeden Abend das Fahrrad vor der Garage liegt, mein Kleines. Stell es auf den Ständer oder schiebe es ans Haus, sonst müssen wir es mal für ein paar Tage wegschließen. Das möchtest du doch sicher nicht, oder?“ Prüfend blickte sie ihn an. „Du hast mir ja auch nicht die Hand gegeben!“ Sie zog eine Schnute.

      „Dann holen wir das aber ganz schnell nach. Und du wirfst das Fahrrad nicht mehr hin.“ Er machte einen großen Schritt auf sie zu und fing sie blitzschnell ein.

      Sie quiekte, während er ihr einen herzhaften Kuss auf die Backe drückte.

      Als er sie losließ, sagte sie voll kindlicher Entrüstung: „Mann, jetzt hast du das ganze Papier verkrumpelt!“

      „Dann streifen wir’s halt wieder glatt.“ Er hockte sich auf den Boden und strich das Cellophan aus. Kritisch schaute sie ihm zu.

      Als er ihr es hinhielt, meinte sie: „Vorher war’s aber viel schöner.“

      Mit Schleife und Papier sauste sie hinaus und trampelte die Treppe zum Kinderzimmer hoch.

      Walter seufzte verhalten. Acht war sie und hatte das Temperament von zwei zehnjährigen Jungen. Manchmal veranstaltete sie einen ziemlichen Umtrieb. Wenn ihm der Kragen platzen wollte, dann sagte er sich immer, dass mit sechzehn wahrscheinlich ganz andere Umtriebe folgten, denen er als besorgter Vater wohl nicht mehr so ruhig zusah. Tja, und irgendwann ging sie sicher aus dem Haus. Es war ja modern, dass sich die Mädchen ein eigenes Zimmer nahmen, kaum dass sie richtig trocken hinter den Ohren waren.

      Na ja, räumte er ein, immer ist übertrieben. Manchmal platzt mir halt doch der Kragen!

      Er hörte Eva-Maria die Blumenstängel nachschneiden, der Wasserhahn lief.

      Schließlich brachte sie die Vase herein und setzte sie auf den Tisch.

      „Es sind wirklich schöne Blumen, Walter.“ Sie ordnete zwei Stängel anders und setzte sich.

      „Freut mich, dass du Spaß daran hast. – Was sagt Hermann?“ Er goss sich Kaffee aus und löffelte

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