Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland

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Minuten vor elf! Er hob den Hörer und ließ sich die Verbindung nach Köln geben. Es war besser, wenn Walter morgen mit her kam. Für alle Fälle. Evis seelischer Zustand ließ keine Experimente zu. Ihr Anruf hatte es gezeigt.

      Dr. Hermann Mittler zögerte noch. Aber da hörte er Walter Beckers Stimme, sehr beschäftigt, sehr in Eile. „Ja?"

      Er seufzte. Die Würfel waren gefallen, und ein Rückzug kam ihm wie Feigheit vor.

      „Tag, Walter! Hermann Mittler hier. Du hast wenig Zeit, ich bin informiert. Ich konnte für Evi morgen einen Termin bei uns bekommen. Es war ihr ausdrücklicher Wunsch ...“

      „Guten Morgen erst mal. Stimmt, sie sagte heute früh, sie werde dich anrufen.“ Beckers Stimme war abwartend, vorsichtig. „Sie legt großen Wert auf deinen Rat.“

      Dr. Mittler war irritiert. Evi hatte ihn mit ihrer niederschmetternden Selbstdiagnose überrumpelt, Walter sprach aber lediglich von einem guten Rat! Hier stimmte etwas nicht.

      Er verfluchte seine Idee, angerufen zu haben. Er klebte jetzt am Fliegenfänger, wie man so schön sagt, und er musste sich mit Anstand aus der Sache ziehen.

      Umständlich räusperte er sich. „Den Arztbesuch habe ich ihr nahe gelegt. Zu meiner Überraschung bestand sie darauf, nach Bonn zu kommen. – Sag mal, wie sehen deine Terminpläne für morgen aus?“ Walter Becker schaltete schnell. „Es handelt sich also um eine schwerwiegende Sache, ja? Heute Morgen sah ich, wie sie sich zusammenkrümmte. Sie hat sich tapfer bemüht, es zu verharmlosen.“

      „Nimmt mich nicht wunder. Mit Krankheiten geht sie nicht hausieren.“

      „Sie ist ein wunderbarer Kumpel, Hermann. Sie will mich nicht belasten. Im Augenblick geht es bei uns ziemlich rund. Was hat sie?“

      Dr. Mittler brummelte hinauszögernd: „Schwer zu sagen vom ärztlichen Standpunkt aus. Eine genaue Untersuchung bringt Klarheit. Das wäre morgen um elf. Könntest du mit ihr rüberkommen?“

      Walter war hellhörig. „Etwas ungewöhnlich, aber du wirst deine Gründe haben. Ich richte es selbstverständlich ein und komme mit.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Ist da etwas, das ich wissen muss?“

      Mittler krümmte sich innerlich. „Sie braucht deinen Zuspruch. Wie steht ihr miteinander?“

      „Gut. Schon mal eine Verstimmung, natürlich. Wo gibt’s das nicht? Aber sonst ein harmonisches Verhältnis. Grund zur Klage habe ich nicht. Möglich, dass Eva etwas zu kurz kommt. Der Job frisst mich auf. Beschwert hat sie sich aber nie. – Sag mal, worauf zielst du ab? Du willst mir doch etwas schonend bei bringen!“

      „So ungefähr. Evi hat sich eine Selbstdiagnose gestellt. Hat irgendein medizinisches Fachbuch in die Hand bekommen.“

      „Und?“ Jetzt schwankte die Stimme am anderen Ende der Leitung.

      „Ihre Gemütsverfassung ist saumäßig, entschuldige die harte Formulierung, Walter. Sie redet sich ein, sie hat Krebs. Darum hätte ich gern, wenn du sie morgen begleitest.“

      „Du denkst an eine Kurzschlussreaktion?“

      „Auch. Habe schon zu viele erschreckende Überraschungen erlebt …“

      „Hat sie Krebs oder nicht?“, unterbrach ihn Walter. Die Stimme war laut und nervös, irgendwie gehetzt.

      „Ich bin kein Hellseher. Erst brauchen wir mal die Untersuchung. Der Befund sagt uns dann, woran wir sind.“

      „Wozu soll ich dann mitkommen, wenn erst untersucht wird?“ Hermann Mittler fluchte innerlich. Walter manövrierte ihn an die Wand. Er musste jetzt Farbe bekennen.

      „Die Symptome gefallen mir nicht. Zu präzise, verstehst du? Wahrscheinlich nur ein entzündlicher Vorgang, aber viele Frauen bewerten das über und sind vernünftigen Argumenten nicht mehr zugänglich.“

      „Allmählich verstehe ich dich“, sagte Walter Becker, und die Stimme klang müde und matt. Im Hintergrund flüsterte drängend eine weibliche Stimme.

      Dr. Mittler blickte auf die Uhr. Es war elf. Sie holte Walter zur Konferenz. Aber der legte nicht auf.

      „Was Evi braucht, ist Aufmunterung, Ablenkung. Wenn sie das Gespräch sucht, geh bitte darauf ein. Sie sucht einen Halt. Bestärke sie aber bloß nicht in ihrem Verdacht, sonst klammert sie sich daran. Kann ich auf dich zählen?“

      „Welche Frage! Sie ist ein feiner Kerl, ich lasse sie doch jetzt nicht im Stich.“

      Große Erleichterung überkam Dr. Mittler. Wenn Walter zu seinem Versprechen stand, dann konnten sie alle der morgigen Untersuchung und dem Befund halbwegs gelassen entgegensehen.

      Wenn nur Evi durchhielt! Die verteufelten Symptome waren ziemlich eindeutig.

      Aber Dr. Mittler hätte sich eher die Zunge abgebissen, als dies Walter einzugestehen.

      Wieder meldete sich die drängende weibliche Stimme im Hintergrund.

      „Du wirst gebraucht“, sagte der Arzt abschließend. „Worum ich dich noch bitten wollte unser Gespräch ist vertraulich. Evi würde die wildesten Vermutungen anstellen und sich bestätigt sehen, wenn sie von unserer Unterhaltung erfährt. Frauen wittern so etwas. Sie haben ein unheimliches Gespür. Ich rufe sie jetzt an.“

      „Wenn sie nur dran geht!“, erwiderte Walter Becker skeptisch.

      „Wieso?“

      „Habe ich kurz vor deinem Anruf schon versucht. Es war abgesprochen. Aber abgenommen hat sie nicht.“

      „Ich bin als hartnäckiger Anrufer bekannt“, versicherte Dr. Mittler beruhigend. „Wir sehen uns dann morgen, hoffe ich. Sicher ist es nichts Schwerwiegendes, ich stelle schon mal eine Flasche kalt. Auf den Schreck hin werden wir alle einen Schluck vertragen können.“

      „Ich wünsche, dass du recht behältst. Bis morgen dann, Hermann!“ Es klickte. Die Leitung war unterbrochen.

      Dr. Mittler fühlte sich nicht gerade in Hochstimmung, als er sich das zweite Gespräch geben ließ.

      Fortwährend dachte er daran, dass Evi etwas bemerken könnte, wenn Walter plötzlich zu rücksichtsvoll, zu zärtlich, zu verständig war. Er baute auf sein Fingerspitzengefühl.

      Die Ehe der beiden hatte eigentlich immer gestimmt, soweit er das als Außenstehender beurteilen konnte. Aus dieser Richtung drohte kaum Gefahr.

      Wenn nur Evi sich nicht in die dumme Annahme verrannt hätte! Mal sehen, wie sie sich jetzt gab. Vielleicht war die Erregung abgeklungen. Oft genügte es schon, mit einem verständnisvollen Partner zu sprechen, um den allerersten und darum besonders schlimmen seelischen Stau abzubauen.

      Sein Gespräch kam.

      Er hörte das Rufzeichen.

      Evi ging nicht an den Apparat.

      Er ließ es klingeln. Er nahm sich die Zeit.

      War sie aus dem Haus gegangen? Vielleicht doch zu diesem Scharnitz?

      Fast

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