Der kleine Ritter (Herr Wolodyjowski). Henryk Sienkiewicz

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Der kleine Ritter (Herr Wolodyjowski) - Henryk Sienkiewicz

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Baschka nennen wir im Scherz die Witwe von drei Männern, denn drei würdige Kavaliere haben gleichzeitig um sie gefreit, alles Edelleute aus unserer Gegend, Besitzer, deren verwandtschaftliche Beziehungen ich Euch auch ganz genau nennen kann.«

      Bei diesen Worten breitete die Frau Truchseß wieder die Finger ihrer linken Hand aus und legte den Zeigefinger der Rechten an. Sagloba aber fragte so schnell als möglich:

      »Und was ist aus ihnen geworden?«

      »Alle drei haben im Kriege ihr Leben gelassen, deshalb nennen wir Bärbchen auch die Witwe.«

      »Seht, das ist bei uns etwas Alltägliches, und selten erreicht jemand bei uns ein hohes Alter und stirbt eines natürlichen Todes. Man sagt sogar, es zieme einem Edelmann gar nicht anders, als auf dem Schlachtfelde zu sterben. Wie Bärbchen das ertragen hat?«

      »Sie hat ein wenig geweint, die Arme, am meisten im Stall, denn wenn sie etwas quält, so pflegt sie immer in den Stall zu gehen. Ich ging ihr also einmal nach und fragte: »Wem gelten deine Tränen?« und sie antwortete: »Allen dreien.« Aus der Antwort konnte ich bald merken, daß ihr keiner besonders ans Herz gewachsen war. Und so denke ich auch, da ihr Kopf noch mit anderen Dingen voll ist, fühlt sie noch gar nicht den Willen Gottes. Christine schon mehr, aber Bärbchen nicht im entferntesten.«

      »Sie wird ihn fühlen,« sagte Sagloba, »wir verstehen das am besten; sie wird ihn fühlen, sie wird ihn fühlen!«

      »Das ist unsere Bestimmung,« antwortete die Frau Truchseß.

      »Das eben ist es, Ihr habt mir diese Worte aus dem Munde genommen!«

      Das weitere Gespräch unterbrach die Annäherung der jüngeren Gesellschaft. Der kleine Ritter hatte schon alle Verlegenheit Christinen gegenüber abgelegt, und sie beschäftigte sich offenbar aus Herzensgüte mit ihm und mit seinem Leide, wie ein Arzt sich mit einem Kranken beschäftigt, und vielleicht erwies sie ihm gerade darum mehr Freundlichkeit, als ihre kurze Bekanntschaft sonst gestattet hätte. Da aber Michael ein Bruder der Frau Truchseß war, und das Mädchen eine Verwandte ihres Mannes, so wunderte das niemand. Bärbchen indessen blieb gewissermaßen beiseite, nur Sagloba schenkte ihr seine beständige Aufmerksamkeit; im übrigen schien ihr das alles gleichgültig zu sein, ob sich jemand mit ihr beschäftige oder nicht. Anfangs betrachtete sie beide Ritter mit Bewunderung; aber mit gleicher Bewunderung betrachtete sie auch Ketlings prächtige Waffen, die an den Wänden herumhingen. Dann begann sie ein wenig zu gähnen, dann fielen ihr die Augen immer mehr und mehr zu, und endlich sagte sie: »Wenn ich mich jetzt schlafen lege, so wache ich gewiß nicht vor übermorgen auf.«

      Nach diesen Worten trennten sich bald alle, denn die Frauen waren sehr wegmüde und warteten nur auf die Herrichtung der Betten. Als Sagloba sich endlich mit Wolodyjowski allein befand, begann er erst vielsagend mit den Augen zu zwinkern, dann traktierte er den kleinen Ritter mit einem Hagel leichter Rippenstöße.

      »Michael, was Michael — he? Wie die Rüben! Was? Mönch willst du werden? Was? Und die Drohojowska, die zuckersüße Rübe, und der kleine Heiduck, der rosige, was sagst du dazu, Michael?«

      »Was? — nichts!« antwortete der kleine Ritter.

      »Ganz besonders hat mir der kleine Heiduck gefallen. Das kann ich dir sagen, als ich beim Abendessen neben ihr saß, schlug mir von ihr eine solche Glut entgegen wie vom Ofen.«

      »Sie ist eine wilde Ziege! Die andere ist doch gesetzter.«

      »Die Drohojowska ist eine ungarische Flamme, eine echte ungarische Flamme! Aber die andere ist eine kleine Ruß; bei Gott, wenn ich Zähne hätte ... ich will sagen, wenn ich eine solche Tochter hätte — nur dir würde ich sie geben! Eine süße Mandel, sage ich dir, eine süße Mandel!«

      Wolodyjowski wurde plötzlich traurig, denn ihm kamen die Kosenamen in Erinnerung, welche Sagloba Ännchen Borschobohota zu geben pflegte; wie lebend stand sie plötzlich vor seinem geistigen Auge: ihre Gestalt, ihr zierliches Gesicht, ihre dunklen Zöpfe, ihre Heiterkeit, ihr Geplauder, ihr Blick. Diese beiden waren jünger, aber die andere war ihm doch zehnmal lieber als alle jüngeren.

      Der kleine Ritter verbarg das Gesicht in den Händen, und es erfaßte ihn eine Traurigkeit, die um so größer war, als sie unerwartet kam.

      Sagloba war erstaunt; eine Zeitlang schwieg er und blickte unruhig um sich, endlich sagte er:

      »Michael, was ist dir? Sprich um Gottes willen!«

      Wolodyjowski sprach: »So viele leben, so viele sind in der Welt, nur mein Lämmchen ist nicht da, nur sie allein werde ich nimmer wiedersehen!«

      Dann raubte der Schmerz ihm die Stimme, er stützte die Stirn auf die Lehne der Bank und hauchte durch die schmerzlich zusammengezogenen Lippen:

      »Gott, Gott, Gott!«

      Fräulein Bärbchen ließ jedoch Wolodyjowski nicht locker, daß er sie das »Fechten« lehre, und er sagte nicht Nein, denn nach wenigen Tagen, wenn er auch Fräulein Drohojowska immer lieber hatte, gewann er doch auch Bärbchen sehr lieb; es war aber auch nicht gut möglich, sie nicht gern zu haben.

      Eines Morgens begann denn auch der erste Unterricht, hauptsächlich durch Bärbchens Ruhmredigkeit hervorgerufen und durch ihre Versicherungen, daß sie diese Kunst schon recht gut verstehe, und daß nicht jeder Beliebige ihr standhalten könne.

      »Alte Soldaten waren meine Lehrer,« sagte sie, »an denen ist bei uns kein Mangel, und es ist doch bekannt, daß nichts über unsere Fechter geht ... ja, es ist noch eine Frage, ob ihr Herren dort nicht euresgleichen finden würdet.«

      »Was Ihr sagt, Fräulein!« rief Sagloba. »Wir haben in der ganzen Welt nicht unseresgleichen.«

      »Ich wünschte, es zeigte sich, daß ich euresgleichen bin; ich hoffe es nicht, aber ich wünschte es.«

      »Im Schießen aus dem Terzerol würde auch ich mich versuchen,« sagte Frau Makowiezka lächelnd.

      »Bei Gott, es wohnen wohl lauter Amazonen in Euren Gegenden?« sagte Sagloba. Und er wandte sich an Fräulein Drohojowska: »Und welche Waffe führt Ihr am besten, mein Fräulein?«

      »Gar keine,« antwortete Fräulein Christine.

      »Aha, gar keine!« rief Bärbchen und begann zu singen, indem sie Christinen spöttelnd nachahmte:

      »O glaubet, Ihr Ritter,

       es geht in Splitter

       Wohl Panzer und Stahl,

       Durch Eisen und Schilde

       Trifft Amor der Wilde

       Ins Herz — ohne Wahl.«

      »Das ist die Waffe, die Ihr führt. Fürchtet euch nicht,« fügte sie hinzu, zu Wolodyjowski und Sagloba gewendet, »sie ist auch kein übler Kämpfer.«

      »Legt aus, Fräulein,« sagte Michael, um eine kleine Verwirrung zu verbergen.

      »Bei Gott, wenn sich jetzt zeigte, was ich denke,« rief Bärbchen und wurde rot vor Freude.

      Und sie nahm sofort ihre Stellung ein, einen leichten polnischen Säbel in der Rechten, die linke Hand auf den Rücken gelegt, die Brust heraus, den Kopf

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