Der neue König von Mallorca. Jörg Mehrwald

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Der neue König von Mallorca - Jörg Mehrwald

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Parole. Müller sank ins Kopfkissen. Leider schien auch kein anderer Gast eine Maschinenpistole zu haben. Markus kam zu dem Schluss, dass wahrscheinlich außer ihm noch niemand um diese Zeit schlief. Der Wahnsinnige drohte nun zum Schluss nochmal lautstark: »Ich komme wiiieder!«

      Müller griff zum Telefon und versuchte, den Portier zu erreichen. Wie erwartet meldete sich niemand. Er legte auf und hörte, wie sich der Fahrstuhl auf den Weg in seine Etage hochquälte. Was auch immer mit dieser Fuhre kam, er konnte es nicht mehr hören, denn wie auf Kommando startete eine Spülorgie wohl sämtlicher über ihm liegender Toiletten. Ganz Schalke war geschlossen auf dem Klo. Müller war unwohl, er blickte instinktiv zu den Fallrohren in den Zimmerecken verliefen, ob nicht womöglich die ganze Brühe hier bei ihm herauslief. Mühsam schraubte er sich aus dem Bett und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche. »Irgendwann muss doch mal Ruhe sein«, nahm er an. Er irrte sich.

      Die beiden nebenan begannen anscheinend mit leicht wippenden Bettbewegungen einen weiteren Versuch, »Mehr« zu bekommen. Der Wandfunk verdoppelte sein Programmangebot, als auf der anderen Seite seines Zimmers die Tür krachte. »Der wird doch nicht einfach so schlafen wollen?«, fragte sich Müller sarkastisch. Es dauerte ein paar Schritte und das Poltern eines heruntergefallenen Aschenbechers, bis ein quäkender Fernseher die Antwort gab. Markus legte sich wieder hin. Die Geräusche schienen auf ein Fußballspiel hinzudeuten. Der überlaute, leicht verzerrte Tons ließ ihn erkennen, dass dieses Spiel im Spanischen Fernsehen lief. Der geplagte Dienstreisende ergab sich in sein Schicksal. Ein »Gooooooaaaal«-Schrei unterbrach mal kurz gegen drei Uhr vierzig seinen angestrengten Erschöpfungsschlaf. Erst das Kratzen an seiner Zimmertür ließ ihn dann richtig wach werden. Da näherte sich der kleine Zeiger seines Weckers gerade der Sechs. Müller bewaffnete sich mit einer Vase und öffnete die Tür. Mit einer Scheckkarte versuchte ein feister, kahlköpfiger Trinker seine Tür zu öffnen. »Was mmmachen S’n meim Zimm…?«, lallte der derangierte Suffkopp, dann verstummte er angesichts der sehr bedrohlich wackelnden Vase und suchte, vor sich hin brabbelnd, den Fahrstuhl.

      Auf dem hinteren Teil des Flures fiel in dem Moment eine Tür ins Schloss. Markus drehte sich um, und seine Miene erhellte sich. Nina Blauvogel kam ihm im kurzen Sprinterhöschen, einem knappen Sportshirt und Laufschuhen entgegen: »Können Sie auch nicht schlafen?«

      Müller ordnete sein Outfit und strich sich verlegen mit der Hand durchs Haar: »Ich versuche es seit fünf Stunden.«

      »Wenn man in die Irrenanstalt geht, darf man sich nicht über die Irren wundern«, stellte Nina in herzerfrischendem Ton fest.

      »Ich laufe mir jetzt meinen Frust von der Seele.«

      »Tun Sie das, ich versuch’s ein letztes Mal mit Schlafen«, sagte Müller und winkte seiner Angebeteten hinterher. Er vergaß natürlich nicht, noch einen längeren Blick auf das zu werfen, was er in sexueller Hochstimmung als »Knackarsch« bezeichnet hätte. Als er die Tür hinter sich schloss, stand für ihn unumstößlich fest: Das Blauvögelchen musste er schnellstens näher kennenlernen. Erfreulich fand er, dass Nina, aus welchen Gründen auch immer, diese exzessive Trinkergegend auch nicht normal fand.

      »Aber warum ist sie dann hier?«, fragte sich Markus, als er sich wieder ins Bett hineinarbeitete.

      Der Fahrstuhl rumpelte schon mindestens das zehnte Mal nach oben. »Die besoffene Scheckkarte«, ging es Markus durch den Kopf, bevor er vor Erschöpfung zum letzten Mal in dieser Nacht einschlief.

      *

      Hugo hatte Ernie im Hotel abgesetzt, nachdem er ihn durch mehrere Karaoke-Bars gehetzt hatte, in denen er ihn gegen die Konkurrenz seines Publikums direkt antreten ließ. Ernie schleppte ich völlig erschöpft auf sein Zimmer.

      »Vergiss nicht, dass ich den ganzen Aufenthalt hier trage. Was glaubst du, was das heißt? Du hast Vertrag, das heißt auch, rumvögeln is nicht, solange kein Erfolg. Ganz einfache Formel.«

      »Und was ist mit der Scheißmotivation?«, wollte Ernie missgelaunt wissen.

      »Man kann nicht als Goldkehlchen auf die Bühne tanzen, wenn man sich vorher als Eichhörnchen die Nüsse hat klauen lassen. Das klappt nicht. Also entweder Eichhörnchen oder Goldkehlchen. In deinem Vertrag steht Goldkehlchen. Und genau das wollen deine weiblichen Fans sehen. Die merken doch sofort, wenn dich eine andere ausgelutscht hat.«

      Ernie legte sich aufs Bett.

      »Mann, dieses Showleben ist verdammt anstrengend.« Hugo deckte ihn zu.

      »Junge, wenn du einen Namen hast, geht’s erst richtig los. Also, nie wieder solche Sprüche und nie wieder ohne mein Wissen mit Wanda vögeln.«

      »Versprochen …«

      »Versprochen, das höre ich gern.« Ernie blinzelte mit einem Auge.

      »Nee, du hast dich wohl versprochen? Wanda, das muss sein, dafür übe ich noch intensiver.«

      Hugo schluckte. Es waren kaum acht Stunden vergangen. Nun hatte sein Problem einen Namen.

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