Mindful Leadership - die 7 Prinzipien achtsamer Führung. Marc Lesser

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Mindful Leadership - die 7 Prinzipien achtsamer Führung - Marc Lesser

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style="font-size:15px;">       Hören Sie zu. Sterben Sie als Wissender. Sie leben nicht ewig.

      WALKER EVANS

      Als ich dieses Zitat des Fotografen Walker Evans zum ersten Mal las, wurde mir klar, dass ich, seit ich erwachsen bin, mithilfe der Meditation das Hinschauen geübt hatte. Ich begegnete der Zen-Meditation, als ich zwanzig war und zum ersten Mal das San Francisco Zen Center besuchte, und diese Erfahrung veränderte mein Leben. Seither ist die Meditation eine fundamentale Übung für mich und für Menschen, die achtsam führen wollen, ist sie das Kernstück.

      Obwohl Evans anscheinend gar nicht über Meditation spricht, hat er sie perfekt erfasst. Wenn wir meditieren, dann »schauen wir hin, lauschen, hören wir zu«. Wir sind bewusst und achtsam, sowohl nach innen als auch nach außen, um uns zu bilden und etwas Sinnvolles und Nützliches zu lernen. Ja, eigentlich meditieren wir oft, um zu sehen und zu verstehen, was das Wichtigste ist, weil uns mit einem Schlag bewusst wird, dass wir nicht ewig leben.

      Die Prämisse dieses Buches ist, dass Mitarbeiterführung ebenfalls diese Art des »Hinschauens« erfordert: mit vollem Bewusstsein bei der Sache zu sein, uns mit Körper, Geist und Herz ganz einzubringen und die eigenen innersten Werte und Ziele mit den innersten Werten und Zielen von anderen in Einklang zu bringen.

      Seltsamerweise habe ich festgestellt, dass Meditation und Mitarbeiterführung viel gemeinsam haben. Bei beiden heißt es, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Als praktische Übung klingt Meditation ganz simpel: einfach innehalten, dasitzen, dem Körper, dem Geist, dem Herzen volle Aufmerksamkeit entgegenbringen; Gedanken und Emotionen kommen und gehen lassen; Freundlichkeit und Neugier kultivieren; die Schmerzen und Enttäuschungen des Lebens, seine Freuden und Möglichkeiten berühren; Wertschätzung entwickeln dafür, dass man am Leben ist, und für alles, was lebt, und dazu ein bedingungsloses Gefühl der Zugehörigkeit und Verbundenheit. Eine andere Art, Meditation zu beschreiben, lautet: Sie üben, wahrhaft und authentisch Sie selbst zu sein, indem Sie alle vorgefassten Ideen und Identifikationen über Ihr »Ich« loslassen.

      Meditation hilft uns, mit Wertschätzung für das Großartige und Kostbare unseres Menschseins zu leben. Bei der Meditation (wie bei jeder kontemplativen Praxis) geht es darum, Tiefe und Heiligkeit in unserem alltäglichen Leben zu kultivieren. Und sie ist achtsam, weil wir dank ihrer Praxis sehen, was da ist, jede Kluft, allen Frust und all unser Potenzial, die ganze Katastrophe.

      Durch Meditation – indem wir hinschauen, lauschen und zuhören – lernen wir nicht nur zu erkennen, wie wir mit den Dingen fertig werden, sondern wie wir die wichtigsten Dinge mit dem geringsten Maß an Widerwillen oder unnötigem Kraftaufwand fertig bekommen. Wir erkennen, was wir beeinflussen können und was nicht, und handeln deshalb effizienter. Wir gehen tiefer auf andere ein und hören besser zu. Manchmal bedeutet Meditation, dass man erbittert um Veränderungen ringen muss, und manchmal bedeutet sie, dass man bedingungsloses Akzeptieren üben muss. Meditation lehrt Geschmeidigkeit und Anpassungsfähigkeit, Selbstvertrauen und Bescheidenheit. Und was vielleicht am wichtigsten ist: Sie macht uns das Herz leichter, hilft uns, Zynismus loszulassen, und zeigt uns, dass wir nicht abgeschnitten sind von uns selbst, von anderen Menschen, vom Leben insgesamt – und das sind wichtige Führungsqualitäten und Qualitäten im Leben überhaupt.

       Vermeidungsverhalten ist natürlich, schadet uns aber

      Manchmal kann Hinschauen und Fokussieren schmerzhaft sein, und was schmerzhaft ist, vermeiden wir gewöhnlich. Das ist eine natürliche Reaktion. Aber dieses Vermeidungsverhalten kann uns daran hindern, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen, denn dazu müssen wir das Schmerzhafte benennen und transformieren. Vermeidungsverhalten ist oft ein Haupthindernis für Achtsamkeit, für achtsames Führen und für die Schaffung einer Organisationskultur, die auf gegenseitiger Unterstützung beruht.

      Wir müssen uns dafür entscheiden, hinzuschauen, die Augen aufzumachen und wach zu werden. Wenn wir das nicht tun und das Vermeidungsverhalten zur Gewohnheit wird, dann hören wir auf, uns mit ganzem Herzen auf uns selbst und das Leben einzulassen. Wir werden gefühllos, verschlafen das, was ist, und sehen nicht mehr klar. Dieses Thema ist nicht auf Mitarbeiterführung oder den Arbeitsplatz beschränkt. Es ist ein universales menschliches Problem, eines, das in uns als evolutionär entstandenen Wesen praktisch fest eingebaut ist: Wir können nicht alles gleichzeitig sehen, wir wenden uns instinktiv von dem ab, was Schmerz verursacht, und wir mögen Veränderungen nicht. Vermeidungsverhalten fühlt sich manchmal wie Selbsterhaltung an, aber tatsächlich ist es Selbstschädigung. Zu lernen, das direkt anzuschauen, was da ist, so gut es geht, auch dann, wenn wir es nicht so recht wollen, ist eine mächtige Fähigkeit, die uns herausfordert, verändert und unser Leben transformiert.

      Ich zum Beispiel halte mich für jemanden, der zu Anfang seines Lebens die meiste Zeit geschlafen hat. Ich wuchs in einer Vorstadt in New Jersey auf und lebte ein für meine Begriffe »normales« Leben. Ich hatte gute Noten, trieb Sport – Bowling, Golf, Football und Baseball. Ich sah stundenlang fern und arbeitete im Sommer als Caddy auf dem Golfplatz, als Lagerarbeiter in einem Holzlager oder in der Wäscherei eines örtlichen Krankenhauses. Was ich aß, war hauptsächlich abgepackt oder kam aus Dosen.

      Diese Stumpfheit, dieses Ignorieren, dieses Sich-Abwenden von allem, was unangenehm war, fing mit meiner Geburt an – meine Mutter wurde stark narkotisiert, als ich auf die Welt kam, damit sie möglichst wenig Schmerzen leiden musste – und setzte sich dann in der Schule fort, wo wir regelmäßig Atomalarm üben mussten (in Deckung gehen, sich zusammenkauern und den Kopf einziehen). Es setzte sich fort in meinen Besuchen im »Veterans Administration Hospital«, wo mein Vater wegen einer bipolaren Störung mit Schocks behandelt wurde; heute denke ich, dass er wahrscheinlich eine posttraumatische Belastungsstörung hatte. Mein Vater hatte im Zweiten Weltkrieg in Frankreich und Deutschland an der Front gekämpft, aber so wie meine Gefühle, Ziele und Zweifel fiel das in die Kategorie von Dingen, über die man nicht sprach.

      Als ich heranwuchs, wusste ich das noch nicht, aber es fühlte sich an wie zwischen zwei Welten: auf der einen Seite eine Welt des Isoliert-Seins, auf der anderen eine sich öffnende Welt gegenseitiger Verbundenheit; von einem Dasein im Tiefschlaf, bei dem ich mir des eigenen Schmerzes und des Schmerzes um mich herum nicht bewusst war, hin zu einer Welt intensiver Gefühle, der Tränen, der Trauer, der Freude und des Feierns. Von einer Welt, in der ich die Tiefe meiner Herzenswünsche ignorierte und so tat, als sei alles in Butter, hin zu einer Welt der Sehnsucht, des Kämpfens und des Liebens. »Die ganze Katastrophe« dieser verrückten, verworrenen Welt und die Anstrengungen, dem Ganzen einen Sinn abzugewinnen, lieben zu lernen.

      Heute spielt sich eine ähnliche Geschichte ab. Wir stehen zwischen zwei Welten, Achtsamkeit und Mindful Leadership sind so nötig wie nie zuvor. Ich denke natürlich, dass das immer schon so war, aber der historische Moment, an dem wir uns befinden, scheint in seiner Intensität und in dem, was auf dem Spiel steht, besonders brisant: Klimawandel, Atomwaffen, soziale Ungleichheit und Terrorismus stehen ganz oben auf der Liste. Große Volkswirtschaften, die Politik, das Gesundheitswesen werden umgekrempelt, Agrar- und Wassersysteme brechen zusammen und entstehen gleichzeitig wieder neu. Katalysator und transformierende Kraft ist dabei genau diese Fähigkeit – die Fähigkeit, den Autopilot-Modus, den Modus der Verdrängung abzuschalten und umzuschalten auf größere Aufmerksamkeit, Bewusstheit, ein waches Bewusstsein; die Fähigkeit, den eigenen Schmerz anzuerkennen, aber auch die Möglichkeit, diesen Schmerz zu transformieren – durch Hinschauen, Lauschen, Sich-nicht-Abwenden.

      Wir fangen an, wach zu werden für das, was ist, und für das, was möglich ist. Es ist nicht einfach. Sich bewusst zu sein – der Liebe, der Diskrepanzen, der unaufhaltsam vergehenden Zeit, der Tatsache, dass wir nicht ewig leben –, kann einem das Herz zerreißen. Gleichzeitig beflügelt mich die pure Tatsache, das Leben zu leben, beflügelt mich die Gesamtheit von Frust und Potenzial dieses Menschendaseins. Das ist es, worum es in diesem Buch und in den sieben Meditationsprinzipien geht: dass Sie Ihr Leben einschließlich aller Schmerzen und aller Möglichkeiten

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