Mindful Leadership - die 7 Prinzipien achtsamer Führung. Marc Lesser
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Damit sieht und umfasst Achtsamkeit zwei Welten gleichzeitig: das Universale und das Relative oder den Großen Geist und den Kleinen Geist. Einerseits ist das Ziel ein bedingungsloses Akzeptieren dessen, was Sie sind und was Sie erleben. Im großen universalen Plan der Dinge sind Sie so, wie Sie sind, perfekt. Und doch ist das noch etwas anderes als die relative Welt, und nur in der brauchen Sie ein paar Verbesserungen. Vom Standpunkt des Absoluten aus gesehen sind Sie tatsächlich vollkommen, einschließlich all Ihrer Kämpfe, Leiden, Sehnsüchte und Abneigungen. Und doch gehört es zum Kern der Achtsamkeitspraxis, vertraut zu werden mit den eigenen individuellen Mustern und Tendenzen, Ängsten und Enttäuschungen und auf sie einzugehen, um die alltäglichen Lebensprobleme transformieren zu können, statt sie zu ignorieren oder zu verdrängen.
Jedes der sieben Kapitel in diesem Buch beinhaltet eine Anzahl von Übungen, Experimenten und Aktivitäten, die Ihnen helfen sollen, die sieben Prinzipien in Ihrem Leben zu verstehen und zu verwirklichen. Diese sieben Prinzipien bauen auch aufeinander auf, und ich habe sie in drei Gruppen gegliedert, die ich »Erforschen«, »Sich verbinden« und »Integrieren« genannt habe. Die ersten vier konzentrieren sich hauptsächlich auf die innere Arbeit der Selbsterforschung und Selbstwahrnehmung. Die nächsten beiden konzentrieren sich vor allem auf Beziehungen: Ihre Beziehungen zu anderen Menschen, zu Ihrer Arbeit und zu der Welt insgesamt. Und das siebte Prinzip konzentriert sich darauf, alles zu integrieren und zu verbinden. Letzten Endes arbeiten alle sieben Prinzipien zusammen, um Ihnen bei der Erkenntnis zu helfen, was jeweils im gegebenen Moment das Wichtigste ist, damit Sie die wirkungsvollste Entscheidung treffen können. Alles in allem stellen sie ein Handbuch oder Arbeitsbuch dar, wie Sie sich als Achtsamkeitsübende und als achtsame Führungspersönlichkeit entwickeln können.
Es folgt nun eine kurze Zusammenfassung, um was es bei den sieben Prinzipien geht.
ERFORSCHEN
• DIE ARBEIT LIEBEN: Fangen Sie mit der Inspiration an, mit dem Wesentlichsten. Bestätigen und kultivieren Sie Inspiration – Ihre tiefsten, vom Herzen kommenden Intentionen.
• DIE ARBEIT TUN: Pflegen Sie eine regelmäßige Meditations- und Achtsamkeitspraxis. Lernen Sie, bei der Arbeit und in allen Lebensbereichen angemessen zu reagieren.
• KEIN EXPERTE SEIN WOLLEN: Lassen Sie den Gedanken los, dass Sie recht haben. Treten Sie ein in ein größeres Staunen, lassen Sie mehr Offenheit und Verletzlichkeit zu.
• DEN EIGENEN SCHMERZ BERÜHREN: Gehen Sie dem Schmerz, der zum Menschsein gehört, nicht aus dem Weg. Verwandeln Sie Schmerz in Chancen und Lernprozesse.
SICH VERBINDEN
• DEN SCHMERZ DER ANDEREN BERÜHREN: Gehen Sie dem Schmerz der anderen nicht aus dem Weg. Seien Sie die lebendige Verkörperung einer tiefen Verbundenheit mit dem Menschsein und dem Leben.
• SICH AUF ANDERE VERLASSEN: Geben Sie das trügerische Gefühl der Unabhängigkeit auf. Ermutigen Sie andere und lassen Sie sich von ihnen ermutigen, damit eine gesunde Gruppendynamik entsteht.
INTEGRIEREN
• IMMER WEITER VEREINFACHEN: Lassen Sie jede Armuts- und Mangelmentalität los. Kultivieren Sie Ehrfurcht und Staunen. Integrieren Sie Achtsamkeitspraxis und Ergebnisse.
Der Ursprung der sieben Prinzipien
Ich habe diese sieben Prinzipien nicht alleine entwickelt. Sie sind aus dem achtsamkeitsbasierten Search-Inside-Yourself-Programm zur Ausbildung von Führungskräften hervorgegangen, das ich bei Google entwickeln half. Dieser evolutionäre Prozess ist ganz wesentlich dafür gewesen, was diese Praxisprinzipien darstellen und wie ich sie verstehe, darum denke ich, es ist sinnvoll, diese Geschichte zu erzählen.
2006, in meiner Zeit als Trainer für Führungskräfte, war Google einer meiner Hauptklienten und im Hauptquartier im kalifornischen Mountain View coachte ich mehrere Führungskräfte in regelmäßigen Sitzungen zu Führung und Teambildung. Eines Tages rief mich ein gewisser Chade-Meng Tan an und bat mich um ein Treffen. Ein paar Google-Kollegen hatten über mich als »den Typen mit zehntausend Stunden Meditationspraxis, einem Master of Business Administration und vielen Jahren Führungserfahrung« gesprochen. Meng, wie ihn alle nennen, war ein Google-Ingenieur.
Meng nimmt Achtsamkeit und Meditation leidenschaftlich ernst, und er ist überzeugt, Meditation sei der Weg, um eine friedlichere Welt zu schaffen. Er beschloss, seine 20 Prozent frei gestaltbarer Arbeitszeit (Google ermutigt seine Mitarbeiter, bis zu 20 Prozent ihrer Zeit auch in Projekte außerhalb ihres Kernverantwortungsbereichs zu stecken) zu nutzen, um ein Achtsamkeitsprogramm aufzubauen und innerhalb von Google anzubieten. Zu der Zeit existierte noch nichts dergleichen, und er lud mich ein, in dem Entwicklungsteam für das Programm mitzuarbeiten.
Zu diesem Zeitpunkt war er sich schon einmal über den Namen im Klaren: »Search Inside Yourself«, »Such in dir selbst«, ein Wortspiel mit der Tatsache, dass Googles Hauptgeschäft die Suchmaschinen sind. Außerdem hatte Meng sich mit Daniel Goleman, Jon Kabat-Zinn und anderen beraten und war zu dem Schluss gekommen, dieses Achtsamkeitsprogramm müsse um emotionale Intelligenz zentriert sein und starke wissenschaftliche Elemente haben. Sehr ermutigende und spannende Forschungsergebnisse stellen heute einen Zusammenhang her zwischen der Meditationspraxis und Veränderungen im Gehirn sowie konstruktiverem Reagieren auf Stress und emotionale Herausforderungen.
Als Leiter des ersten Search-Inside-Yourself-Programms im Jahre 2007 lud Meng den Zen-Lehrer und Poeten Norman Fischer ein, dazu Mirabai Bush, der eine Organisation namens »Center for Contemplative Mind in Society« leitete. Ich schaute zu, wie diese beiden das Programm leiteten und bot dann den fünfundzwanzig Teilnehmenden Coaching-Einzelsitzungen an. Die nächsten Wiederholungen des SIY-Programms wurden von Norman und mir gemeinsam geleitet. Im folgenden Jahr leiteten Meng und ich die meisten Schulungen gemeinsam, zusammen mit Philippe Goldin, einem weltweit führenden Wissenschaftler in der Hirnforschung und zu Effekten von Achtsamkeit.
Das Programm kam gut an und wurde bei Google extrem populär. In der Firma wurde die ganze Belegschaft neugierig auf Meditation, und alle spürten sofort, was eine regelmäßige Praxis bewirken kann. Die wissenschaftliche Forschung dazu war neu und überzeugend, und wir nutzten sie als zentrales Element der Achtsamkeitslehre; das war sehr wichtig für die aufgeschlossene, aber trotzdem faktenorientierte Google-Belegschaft. Das Programm traf einen Nerv, weil es die anspruchsvolle, temporeiche Google-Kultur ansprach, indem es Meditation, Achtsamkeit, emotionale Intelligenz, Wissenschaft und Führungsqualifikationen zu einem Ganzen verband. Und was vielleicht am wichtigsten war: Wir schafften es, eine offene und vertrauensvolle Umgebung zu schaffen, die zum Aufbau einer fürsorglicheren, lernbereiten Gemeinschaft führte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren brennend interessiert, miteinander wirklich ins Gespräch zu kommen und ihre Verletzlichkeit zu zeigen, miteinander ihr Leiden unter Problemen und Herausforderungen genauso zu teilen wie die möglichen Potenziale. Der Ruf des Programms verbreitete sich per Mundpropaganda, weil die Teilnehmenden merkten, dass sie kompetenter führen konnten und ihre Gesamtzufriedenheit spürbar wuchs. Ein paar Jahre später wurden diese Eindrücke durch Vorher-Nachher-Befragungen bestätigt.
2009 war es so weit, dass die Wartelisten anschwollen, und sobald ein Programm angekündigt war, war es binnen Minuten voll. 2011 beschlossen Meng und ich, es sei an der Zeit, das Search-Inside-Yourself-Programm auch außerhalb von Google anzubieten, und im folgenden Jahr gründeten Meng, Philippe und ich ein Leadership-Institut auf gemeinnütziger Basis, das Search Inside Yourself Leadership Institute (SIYLI). Ich war Geschäftsführer, Meng war Vorstandsvorsitzender und Philippe war das