Tschefuren raus!. Goran Vojnović

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Tschefuren raus! - Goran Vojnović Transfer Bibliothek

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ich nicht.“

      „Wieso weißt du das nicht? Gehst du oder gehst du nicht?“

      Jetzt bin also ich dran. Ranka hat ihren Teil zu hören gekriegt, jetzt muss ich herhalten. Aber ich habe keine Lust, die Situation zu befrieden. Ich hab heute keine Kraft dazu. Ich sage nichts. Ich sitze da wie ein Idiot. Radovan dampft ab und zappt sich wütend durch die Programme. Ranka platzt herein.

      „Wo wart ihr gestern?“

      „Hier.“

      „War es gut?“

      Ich hab keine Lust zu antworten und nicke nur. Das bringt bei Radovan das Fass zum Überlaufen. Es hat nicht viel gebraucht.

      „Was ist los mit dir?“

      „Nichts, wieso?“

      „Eben, nichts. Deine Mutter hat dich wirklich schön erzogen. Weck ihn nicht, lass ihn schlafen bis zwölf. Er muss nicht reden, wenn er nicht will.“

      Ich hab ja gewusst, dass sie sich über mich in die Haare kriegen. Blitzartig raffe ich meine Sachen zusammen und will aus dem Zimmer.

      „Wo willst du hin?“

      „Ich gehe …“

      „Wann kommst du zurück?“

      „Weiß ich nicht.“

      Als ich an der Tür bin, springt Radovan auf und kommt mir nach.

      „Mutter macht Essen.“

      Ich verschwinde nach draußen. Vor den Block. Diese ewige Fragerei macht einen wirklich fertig. Totale Scheiße.

      5. Warum wir nicht wie sonst vor dem Block sitzen

      Vor-dem-Block-Sitzen ist in Fužine Nationalsport. Wahrscheinlich ist es in jeder Wohnsiedlung so, aber in Fužine ist diese Disziplin aufs Perfekteste entwickelt. Ist ja logo, kleine Wohnungen, große Familien, angespannte Beziehungen, niedriger Standard. Jede große Familie hat wegen des niedrigen Standards in der kleinen Wohnung nur einen Fernseher, und klarerweise sind dann die Beziehungen angespannt, weil du dich ständig darum streitest, wer fernsehen darf. Und dann macht sich ein Glücklicher auf der Couch lang und zappt durch die Kanäle, und die anderen können sehen, wo sie bleiben. Wenn Mama ihre mexikanische Limonade schaut, geht Vater in die Kneipe, und wenn Vater sie mit Pink oder mit 24sati oder mit Trenja anödet, geht Mama auf einen Kaffee zur Nachbarin. In jedem Fall ziehen die Kinder den Kürzeren, und wenn sie dann noch keinen Computer haben, sitzen sie vor dem Block. Die Tschefuren sind nicht für Computer zu haben. Playstation, das geht noch irgendwie, aber Programmieren und Hacken, das ist nichts für uns Tschefuren. Und dann hat die Mehrzahl der Tschefureneltern irgendwo mal von wem gehört, dass Computer für Kinder gefährlich sind, und wollen dir deshalb natürlich keinen guten Rechner kaufen. Da sitzt du dann eben vor dem Block und drehst die Bässe auf. Du starrst Löcher in die Luft, mit anderen Worten. Drei Tage debattierst du darüber, ob der MerĐo besser ist, der von deutschen Maschinen gemacht wird, oder der Ferrari, der von Hand gemacht wird. Maschine gegen Mensch. Ein großes Thema. Dann bringst du den Terminator ins Spiel, und RoboCop, und Schumacher, und Adis Onkel Emir, der in Deutschland MerĐos schraubt, und den Kollegen von Dejan, der in Italien Ferraris testet, und Juventus, und Bayern, und den Pullover von Acos Oma Stojadinka, und den Pullover aus dem Emporium, und so drei Tage und drei Nächte lang. Und zwischendurch siehst du die abgelutschten Väter, die von der Arbeit kommen, brave kleine Nachbarn, die aus der Schule kommen, die Moderatorin aus dem achten Stock mit den hohen Absätzen, deren Arschbacken so tanzen, dass mir immer der Hals wehtut, wenn ich sie sehe, Božos sexy Mama, von der wir immer noch nicht wissen, ob sie vierzig oder fünfzig ist, den Alki Šuškić aus dem elften Stock, der einmal so abgefüllt war, dass er den Block verwechselt hat und beinahe beim Achter-Block eingebrochen wäre, weil er die Tür nicht aufkriegte, und Hausmeister Vlado, der ständig am Rumstinken ist, der Arsch. Und am Ende weißt du immer noch nicht, ob der MerĐo besser ist oder der Ferrari, weil der MerĐo ist ein Švabo und schon deshalb super und ihn fahren alle Gastarbeiter und Mafiosi, und Ferrari ist eben Ferrari, und das ist es dann.

      Du sitzt vor dem Block und setzt Schimmel an. Aber das ist wenigstens cool. Besser als Radovan und Ranka hören zu müssen.

      Und jedes Mal ist es dasselbe. Dejan behauptet etwas, und Adi zieht ihn auf und beweist ihm, dass das, was er behauptet, Blödsinn ist.

      „Wirst schon sehen, dass wir in Črnuče waren.“

      „Einen Scheiß waren wir in Črnuče. Was für ein Črnuče! Črnuče ist da, wo der Sechser hinfährt. Du bist echt ein Spacko.“

      „Kauf doch ’ne Zeitung und sieh nach, wo diese Jagdhütte ist. Sicher schreiben sie im Lokalteil, dass wir sie verwüstet haben.“

      Das sind so diese genialen Ideen von vor dem Block. Dass du, wenn du mal Rambazamba machst, gleich in die Zeitung kommst.

      Aco fällt natürlich auf diesen blöden Schmäh rein und geht zur Trafik. Und kommt zurück mit dem Dnevnik. Ich hab nicht mal gewusst, dass dieses Käseblatt überhaupt existiert.

      „Sieh dir den Debilen an, was der gekauft hat. Willst du was über Kultur lesen? Ich hab dir doch gesagt, du sollst die Novice kaufen.“

      „Hier ist doch auch ein Lokalteil drin!“

      „Jetzt wirst du sehen, wo wir waren. Črnuče. Wirst sehen, dass wir in Vič waren.“

      Sowieso.

      „Das sind wir! Wir sind drin!“

      „Gib her! Lass mich, du kannst sowieso nicht lesen.“

      „Einen Scheiß kann ich nicht!“

      Es ist nicht zu glauben! Diese Jagdhütte ist ein total angesagter Partyschuppen, und jetzt schreiben sie über uns in der Zeitung. Gut, das ist nicht wer weiß was, aber irgendwo muss man ja anfangen.

      „Van…da…len … Was ist das denn?“

      „Das sind Blödmänner. Lies weiter.“

      „Vandalen haben gestern Abend eine Hütte in Dolgi Most verwüstet … Siehst du, Dolgi Most.“

      „Aber das ist doch da, wo Črnuče ist. Der Sechser fährt doch nach Dolgi Most.“

      „Einen Scheiß ist das da, wo Črnuče ist. Weißt du, wo Dolgi Most ist?“

      „Na wo?“

      „Das ist … wenn du nach Vič fährst und dann …“

      „Das ist nicht Vič, wenn es Dolgi Most ist. Wenn es Vič wäre, hätten sie Vič geschrieben.“

      „Hör doch auf, wenn du keine Ahnung hast. Erinnerst du dich, wo er nicht gewusst hat, wo Tromostovje ist.“

      „Das hab ich gewusst, ich hab nur nicht gewusst, dass das der Prešeren-Platz ist.“

      Wer weiß, ob diese Debatte im Leben einmal zu Ende gegangen wäre, wenn es nicht Samira gegeben hätte, Adis Mutter.

      „Adi, da kommt deine

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