Woher wir kommen. Wohin wir gehen.. Johannes Huber

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Woher wir kommen. Wohin wir gehen. - Johannes Huber

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sprechende Organbank.

      Da gibt es noch ein Bewusstsein und – ganz im holistischen Sinn – die Seele als anderes Ich im Jenseits.

      Wir alle leben im Exil

      Der Katholizismus duckt sich noch dezent ab vor der Wissenschaft. Die Kirche könnte ruhig klarere Positionen vertreten. Sie verkündet nicht die Kernbotschaft, weil sie fürchtet, ausgelacht zu werden. Stattdessen schmückt sie sich mit Charity-Gedanken und medial begleiteter Nächstenliebe. Das ist alles gut so, keine Frage. Aber die Kernbotschaft ist eine andere.

      Im Zentrum des Christentums steht der Exilgedanke. Wir kommen von wo und gehen wieder irgendwo hin.

      Das hier ist unser Exil.

      Das Leben ist die Zwangsumsiedlung unseres wahren Ichs.

      Willkommen in der Verbannung.

      Immerhin trifft es uns alle, nicht? Die Vertreibung aus dem Paradies. So deutlich sagt es die Kirche nie, weil man Lob will, Zulauf und nicht Abkehr, Zuspruch und nicht nach oben verdrehte Augen, die signalisieren: Ah, Frömmler. Heutzutage tun sich die Menschen immer schwerer, Meinungen zu vertreten. Weil sie zu Recht befürchten müssen, in der Sekunde mit elektronischer Jauche beworfen zu werden. Es ist besser, als Atheist zu gelten und die Gottlosigkeit zum Credo zu machen, als einen Glauben zu vertreten, der als frömmlerische Spinnerei abgetan werden könnte. Bloß um der Frage nach einem Schöpfer zu entgehen.

      Es ist cool, im Wald einen Baum zu umarmen und sich dabei mit dem Universum vereinigen zu wollen. Eine Kirche zu besuchen und sich dabei die Relativität unserer Existenz bewusst zu machen, wird allerdings als anachronistisch abgetan.

      Manchmal hat der hellhörige Mensch den Eindruck, es gäbe sogar Konzeptionisten für eine neue Gesellschaft, die diese Welt in eine Gottlosigkeit hineinführen möchten. Der Trend geht weg von der Familie, weg vom Individuum, weg von Mann und Frau, hin zu einer Welt mit vermischten Geschlechterrollen und ohne Transzendenz. Ein Pseudorealismus ohne Individualismus, dafür mit Kontrolle.

      Und diese Akteure warnen auch die religiös Empfänglichen: Sie mögen ja nicht auf ihr Recht pochen, keinen Botschaften begegnen zu müssen, die ihre Illusionen auflösen. Genau jene Träumereien, aus denen ihr Wolkenschloss namens Glauben aufgebaut ist. Ha! Der Spott, der dieser Sentenz mitschwingt, zeugt von einer kleingeistigen Haltung. Oder wie es so schön heißt: Wenn die Sonne der Kultur tief steht, dann werfen auch Zwerge lange Schatten.

      Die Argumente der Vertreter dieser neuen Weltordnung gehen so: Das Universum ist ewig. Alles bleibt immer gleich. Der Kosmos wird als ein sich selbst verfassendes Ganzes gesehen. Als Hyper-Ungeheuer, das sich Zeit und Raum gönnt, um seine Kreationen vorzuführen, wie es Sloterdijk formuliert. Mehr ist nicht drin. Vom Tyrannosaurus Rex über das Ebola-Virus bis zum Homo sapiens. Alles nur Show. Der Kinosaal der Ewigkeit, heute im Programm: Mensch ohne Zukunft. Der Zweck dahinter: Das mathematisch Berechenbare wird verewigt und zum Übersinnlichen erklärt, um das bisher Transzendente verneinen zu können. An sich ja nicht unklug, wenn man die Gottlosigkeit programmatisch erklären will.

      Eines wird dabei aber übersehen. Nämlich dass dieses Hyper-Ungeheuer unglaublich intelligenten Gesetzen folgt, die eine noch unglaublichere Feinabstimmung aufweisen.

      Das ist kein Zufall.

      Das muss man infrage stellen. Dass das Universum so ein perfekt ausgeklügeltes System ist, kann gar kein Zufall sein. Das wäre so, als würde man einen Hochleistungscomputer loben, weil er so schnelle Rechenoperationen durchführen kann und so eine tolle Grafik hat. Aber niemand fragt, wer ihn eigentlich gebaut hat. Und genau das sollte die erste Frage sein. Wer hat uns geschaffen? Wer hat den Urknall verursacht? Was war vorher?

      Was scheint auf den ersten Blick wahrscheinlicher? Jemand designt etwas sehr Kluges, das sich dann nach einem Masterplan weiterentwickelt. Oder etwas erschafft sich von selbst aus dem Nichts und entwickelt sich irgendwie weiter, zufällig auch den Menschen.

      Jeder, wie er glaubt.

      Theorien, Chancen, Möglichkeiten. Die moderne theoretische Physik kommt dagegen auch nicht gerade mit superlogischen Vorschlägen daher, die uns das Leben erklären.

      Denn die anerkannten Theorien des Mikro- und Makrokosmos passen nicht wirklich zusammen. Konkret die Quantenfeldtheorie und die allgemeine Relativitätstheorie. Für das Verständnis der Schwarzen Löcher, des Urknalls, wo die Krümmung der Raumzeit unendlich wird, wäre eine Theorie der Quantengravitation unerlässlich. Dass physikalische Größen damit unendliche Werte annehmen können, wird mit dem Begriff der Singularität umschrieben – ein Anzeichen dafür, dass Einsteins Berechnungen jenseits des Gültigkeitsbereichs angewandt werden. Die Stringtheorie ist ein Versuch, die Relativitätstheorie durch die Quantengravitation zu ersetzen. Sie probiert, alle vier physikalischen Grundkräfte zu vereinheitlichen, indem sie die Elementarteilchen auf Schwingungen eindimensionaler Strings zurückführt.

      Die ganze Welt besteht also aus schwingenden Saiten. Wie die Saiten einer Gitarre. Diese Strings sind unfassbar winzig. Viel kleiner noch als die kleinsten bekannten Elementarteilchen. Die Physik bietet sie uns in Form von wurmartigen Fäden mit einem Anfang und einem Ende an. Oder geschlossen als Ringe. Das alles natürlich nur als Idee.

      Jedenfalls seien diese theoretischen Strings praktisch in der Lage, auf vielfältige Weise zu schwingen. Vergleichbar mit den vielen möglichen Akkorden auf der Gitarre. Und diese Vielfalt erzeuge gleichzeitig die Vielfalt all jener Kräfte und Teilchen, die wir kennen und die unseren Kosmos ausmachen. Erscheint so weit recht einfach, ist in Wirklichkeit aber so kompliziert, dass es selbst Physiker-Kollegen der String-Fraktion die Schuhe auszieht. Ja, manchen von ihnen wurde es nach Jahrzehnten des munteren Drauflosforschens auf der einen und des argwöhnischen Zusehens auf der anderen Seite sogar zu bunt. Eine globale Anti-String-Bewegung entstand. Ausgerufen in den eigenen Reihen. Protestbücher wurden geschrieben, öffentliche Debatten wie Schlachten ausgetragen.

      Der Vorwurf: Die Stringtheorie sei nichts als mathematische Spiegelfechterei. Eine erstarrte Ideologie. Ein niemals zu überprüfendes Ungetüm von unfassbarer Komplexität. Die systematische Vernichtung von Forschungsgeldern im ganz großen Stil. Eine Weltentfremdung der übelsten Art. Das sind noch die höflichen Argumente. Das führte dazu, dass sogar einem der geistigen Väter sein Schützling entglitt. »Die Schönheit wurde zum Biest«, sagte 2006 Leonard Susskind, Mitbegründer der Stringtheorie. Wir kennen Ähnliches aus der Weltliteratur, wenn Goethes Zauberlehrling in seiner Verzweiflung über den verruchten, ungehorsamen Besen ruft:

       »Ach, da kommt der Meister!

       Herr, die Not ist groß!

       Die ich rief, die Geister

       Werd ich nun nicht los.«

      Auch die Frankfurter Physikerin Sabine Hossenfelder meint in ihrem neuen Buch Das hässliche Universum, dass solche Überlegungen in die Irre geführt haben.

      Die Vorbehalte kommen nicht von ungefähr. Normalsterbliche können gerade noch mit den vier Dimensionen unserer Realität umgehen. Drei für den Raum, die vierte für die fortschreitende Zeit. Bei den Strings sprechen wir von neun Dimensionen und mehr. Vermutlich elf. Diese zusätzlichen Dimensionen, heißt es, müsse man bloß aufklappen.

      Wir Menschen bekämen nichts davon mit, weil die zusätzlichen Dimensionen, wie es heißt, kompaktifiziert sind. Sie sind in mikroskopische Kugeln aufgewickelt. Die neun oder mehr Dimensionen, in denen diese Strings munter vor sich hin schwingen, können geometrisch verzerrt oder gekrümmt sein. Schlimmstenfalls kann so eine Dimension sogar nicht-geometrisch

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