Freche Fee und lustiger böser König. Märchen. Hanns Heinz Ewers

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Freche Fee und lustiger böser König. Märchen - Hanns Heinz Ewers

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      »Wenn die Schule aus ist, kannst du mitkommen,« sagte er, »ich will dir die Großmutter zeigen.«

      Als es zwölf Uhr schlug, zogen die beiden Jungen aus der Schule. Jupp führte seinen neuen Freund durch alle möglichen engen Gassen, die dieser bis dahin noch nie gesehen hatte. Endlich kamen sie an ein großes, verfallenes altes Haus. Hinten im Hofe standen ein paar niedrige schmutzige Gebäude; in eins derselben ging Jupp hinein. Otto folgte ihm. Vom Gange aus öffnete Jupp ganz leise die kleine Türe eines Zimmers und ließ seinen Freund durch die Ritze sehen.

      Erst konnte Otto gar nichts erkennen, so dunkel war es in dem Raume. Allmählich unterschied er einen wurmstichigen alten Tisch, ein paar Stühle mit zerbrochenen Lehnen und einen wackeligen schwarzen Ofen, in dem ein qualmiges Kohlenfeuer rauchte. Hinter dem Ofen saß eine furchtbar häßliche alte Frau auf einem Lehnstuhle. Sie trug einen grauen geflickten Mantel, ihr Gesicht war gelb und grau und ganz mit Runzeln bedeckt. Die Nase hing fast über den Mund, und zwischen den Lippen lugte ein langer Zahn heraus. Die Hände hatte sie auf einen großen Krückstock gestützt und wirklich! die Finger waren ganz krumm und die Nägel sahen wie Krallen aus.

      »Hast du sie gesehen?« frug Jupp leise.

      »Ja,« flüsterte Otto atemlos, »sie ist sehr häßlich!«

      »Natürlich ist sie sehr häßlich,« erklärte Jupp stolz, »sie ist überhaupt die häßlichste, die es gibt! – Sie ist eben eine ganz richtige Großmutter.«

      Dann schloß er vorsichtig die Türe und brachte seinen Freund, der froh war, daß er wieder weg konnte, noch ein paar Straßen zurück.

      »Die Großmutter kann alle Geschichten erzählen, die es auf der ganzen Welt gibt und wenigstens noch hundert mehr,« erklärte er.

      Für ein paar Tage hatte Otto genug von Jupps Großmutter; als dieser ihm aber immer wieder sagte, welch herrliche Geschichten die Großmutter wisse, da bekam er doch Lust, auch einmal eine zu hören.

      »Du könntest mich einmal mitnehmen, wenn sie eine erzählt!« meinte er.

      Worauf Jupp ihm erklärte, das ginge nicht.

      »Warum denn nicht?«

      »Du kannst doch nicht verlangen, daß du für zehn Glaskugeln die Großmutter ganz mitbekommst! Nur zum Sehen! – Wenn du sie ganz mithaben willst, mußt du noch mehr geben, ich will dir nachher sagen, was.«

      Nach der Schule warteten die beiden Jungen, bis alle anderen Schüler fort waren. – Dann sagte Jupp zu Otto:

      »Hast du zwei Schiefertafeln?«

      »Sogar drei; zwei habe ich zu Hause.«

      »Gut, dann können wir diese hier zum Kontrakt benutzen!«

      »Wozu?«

      »Zum Kontrakt! Wenn man was Wichtiges abmacht, muß man es immer schriftlich machen, sagt mein Vater, sonst gilt es nicht! Und das nennt man dann Kontrakt. – Nun schreibe, was ich dir sage!«

      Otto schrieb alles auf die Schiefertafel. Als er fertig war, setzten beide ihre Namen darunter; Otto schrieb »Otto Bender«, und Jupp kritzelte etwas, das »Jupp« heißen sollte. Dann fiel Jupp ein, daß Otto vielleicht später noch etwas bekommen könne, das er auch gern haben möchte, aber er wußte nicht, wie er das in den Kontrakt bringen sollte. Er besann sich ein wenig, dann sagte er zu Otto:

      »Schreib’ noch darunter: Und noch was anderes.«

      Der Kontrakt sah so aus:*

      Jupp nahm die Tafel und gab Otto die Hand.

      »So,« sagte er, »jetzt hast du die Großmutter ganz mit.«

      * Kohntrakt vohn Otto Bender und Jup

      Quetschbüdel. Jup kriecht noch 20 Glaskugeln und jeden

      Tag 1 Buterbrod mit Schinken bies er tot ist und

      Otto Bender darf die Grosmutter mit haben

      und Jup kriecht alle Schularbeiten gemacht

      vohn Otto und immer fohrgesagt und kriecht

      daß Feifchen vohn Otto und kriecht das Phonie

      auch mit zum drauf reitten und Otto

      kriecht die Grosmutter vohn Jup mit

      Otto Bender, Jupp

      und noch was anderes.

      Lise auf der Milchstraße

      Ein paar Tage darauf erzählte die Großmutter den beiden Jungen eine Geschichte:

      Die kleine Lise war von ihrer Mutter mit hinausgenommen worden auf die große Wiese, wo das Feuerwerk stattfand; aber da das Feuerwerk erst zu einer Zeit anfing, zu der Lise für gewöhnlich schon längst im Bette lag, und da sie an diesem Sonntagnachmittag noch besonders eifrig mit anderen kleinen Mädchen herumgetollt hatte, so war sie todmüde, daß sie gleich die Äuglein zumachte, als die Mutter sie auf den Arm nahm.

      Das Feuerwerk war sehr schön; Raketen blitzten eine nach der anderen auf und schossen himmelhoch in die Luft; prächtige Feuergarben prasselten dann aus der Höhe herab und große Flammenräder drehten sich im Kreise. Am schönsten aber waren die roten, blauen und gelben Kugeln, die hoch hinaufflogen, oben stehenzubleiben schienen und einen prächtigen Regenbogenstreifen zur Erde warfen, bis sie endlich mit einem Knalle zerplatzten.

      »So sieh doch zu, dummes Ding!« sagte die Mutter zu Lise und stieß sie an.

      Gerade flog eine schöne blaue Kugel in die Luft hinauf, als Lise die Augen aufmachte. Sie sah den bunten Streifen, der dicht vor ihr zur Erde niederging. Schlaftrunken griff sie mit beiden Händen danach, und ehe die Mutter sich dessen versah, war das kleine flinke Ding daran in die Höhe geklettert.

      »Ich komme gleich wieder,« rief sie ihrer entsetzten Mutter zu, »ich will nur die schöne Kugel da herunterholen!«

      Aber als sie schon so hoch war, daß sie glaubte, die Kugel mit den Händen greifen zu können, zerplatzte ihr diese vor der Nase.

      Sicher wäre Lise nun heruntergefallen, wenn sie nicht eine lange weiße Schnur gesehen hätte, die in der Luft baumelte. Schnell griff sie danach und hielt sich tapfer daran fest. Sie fühlte, wie sie langsam immer höher hinaufgezogen wurde; bald konnte sie gar nichts mehr da unten auf der Erde erkennen. Ihr wurde ganz schwindlig; sie schloß beide Augen und hielt sich nun so fest wie möglich an der Schnur. – Das ging so eine gute Weile; endlich fühlte sie, wie sie auf festen Boden heraufgezogen wurde.

      Jetzt erst schlug sie die Augen auf; da sah sie am Rande zwei Engelein sitzen, die mit den Beinen baumelten. Hinter ihnen standen noch drei andere Engelchen, die noch die weiße Schnur in der Hand hatten, an der sie Lise heraufgezogen hatten.

      »Was für einen komischen Vogel wir da gefangen haben!« sagte der eine der Engel, ein kleiner pausbackiger Kerl.

      Die Lise machte einen Knix und wollte

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