Freche Fee und lustiger böser König. Märchen. Hanns Heinz Ewers
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Da bekam der gute Zauberer eines schönen Tages den Ziegenpeter, eine ganz dumme Krankheit, die man auch Mumps nennt. Erst meinte er, es wäre nichts, aber er wurde immer kränker und kränker. Nun war der alte Kakerlak schon an und für sich recht dick und häßlich, jetzt aber schwollen sein Hals und sein Kopf und seine Backen so sehr an, daß er genau so aussah wie ein Dudelsack. Er hätte sich ja gewiß sehr leicht heilen können, da er für alle Krankheiten, die es gab, die allerbesten Rezepte hatte, aber leider waren alle Rezepte nur lateinisch geschrieben, und der arme Kakerlak hatte gerade das lateinische Wort für Ziegenpeter vergessen und konnte sich durchaus nicht darauf besinnen.
Die Prinzessin, die auf der Mädchenschule kein Latein gelernt hatte, konnte ihm auch nicht helfen und so nutzte den beiden auf einmal alle Hexerei nichts. Als der Zauberer fühlte, daß sein letztes Stündlein herannahte, rief er aus:
»O Hohn der Weltgeschichte! Das Kapitol wurde durch Gänse gerettet, und Kakerlak, der berühmte Kakerlak, stirbt am Ziegenpeter!«
Dann sagte er noch einmal: »Morior«, was auf deutsch »Ich sterbe« heißt, um zu zeigen, daß er doch nicht all sein Latein vergessen hatte; drehte sich herum und war mausetot.
Seine Frau, die Prinzessin Johanna Nepomucena Hubertina, weinte sehr, wie es sich in einem solchen Falle gehört. Als der alte Zauberer begraben war, beschloß sie, in ihr Heimatland zurückzukehren und die nächsten siebzehn Jahre lang ordentlich Latein zu lernen, damit es ihr nicht auch so ergehe, wie dem seligen Kakerlak.
Krökel dem Ersten, dem Vater der Prinzessin Fanfrilla, der zu der Zeit König war, war das zwar anfangs gar nicht angenehm, aber einmal mußte er doch auf die alten Familienbeziehungen Rücksicht nehmen und dann – wenn er es auch nicht sagte – fürchtete er sich doch ein wenig vor der Zauberkunst der Alten. So erließ er denn ein großes Dekretum, daß an allen Anschlagsäulen im ganzen Königreiche aufgeklebt wurde. Jung und alt stand rund herum und las mit weit aufgesperrten Augen:
»W i r, K r ö k e l I.,
K ö n i g v o n u n d ü b e r U l a l u m e,
bestimmen und verordnen hiermit,
daß
die Frau Kakerlak, Witwe des Zauberers Kakerlak
selig, geborene Prinzessin Johanna Nepomucena
Hubertina von Ulalume
frei und ungestört in dem Uns gehörigen Walde von Surresum sich als Hexe niederlassen und soviel zaubern und hexen und Latein lernen darf, als sie Lust hat. Auch soll sie deshalb weder verbrannt noch aufgehängt werden, und jedermann soll sie in Ruhe lassen. – Nur soll sie natürlich nichts unrechtes tun und alle unsere Untertanen auch hübsch in Ruhe lassen.«
Darunter stand an der linken Seite die Unterschrift des Kanzlers:
»von Sanftmut.«
und an der rechten Seite ein großer Schnörkel, der Krökel I. bedeutete:
Die geborene Prinzessin und verwitwete Kakerlak zog also in den Wald und bewohnte eine alte, verfallene Hütte, die in der Nähe der sieben Quellen lag. Jahrein, jahraus studierte sie Latein und nur zwischendurch hexte sie ein bißchen, um nicht ganz aus der Übung zu kommen. Da aber im Sommer rings um ihre Hütte und zwischen den sieben Quellen viele hundert große Büsche gelben Ginsters blühten und da die alte Hexe stets ein gelbes Kleid trug und immer einen blühenden Ginsterzweig in der Hand hatte, so wurde sie von allen nur die Ginsterhexe genannt.
Der König Krökel der Erste dachte bei sich: »Wenn man nun schon einmal eine richtige Hexe im Lande wohnen haben muß, ohne sie verbrennen zu können, weil sie doch eigentlich zur Familie gehört, so will man doch auch was davon haben!«
Und deshalb gab er sein einziges elfjähriges Töchterlein zu der alten Kakerlaken in Pension; denn er meinte, es könne einem jungen Mädchen nie etwas schaden, wenn es ein bißchen hexen lernte.
So kam es also, daß die Prinzessin Fanfrilla in den Ginsterbüschen lag, zwischen der dritten und vierten Quelle, und an einem Filetschürzchen stickte, das sie der alten Ginsterhexe schenken wollte, die ihre richtige Urgroßtante war.
Die Prinzessin Fanfrilla stickte sehr ungern, und nun gar Filetschürzchen – die konnte sie auf den Tod nicht ausstehen! Aber gerade deshalb, meinte sie, müßte ein Filetschürzchen ein ausgezeichnetes Geburtstagsgeschenk für die Tante Hexe sein, denn die feierte im nächsten Winter ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag. Sie war nämlich gerade in einem Schaltjahr am neunundzwanzigsten Februar geboren und deshalb hatte sie nur alle vier Jahre Geburtstag. Das fand die Prinzessin Fanfrilla nun sehr traurig für die arme Urgroßtante, denn einen Geburtstag hielt sie für eine ausgezeichnete Einrichtung wegen des Kuchens und all der schönen Sachen, die man dann kriegte. Geradezu empörend aber fand sie es, daß der Schalttag nun aber noch besonders bei jedem vollen Jahrhundert wieder ausfiel, so daß die arme Urgroßtante dadurch nun schon zwei Geburtstage verloren hatte und also jetzt erst vierundzwanzigmal Geburtstagskuchen bekommen hatte, obwohl sie schon hundertundsieben Jahre alt war. – Diese Sache mit dem Kalender und seinen dummen Schalttagen ist sehr schwer zu begreifen; die meisten Leute wissen es überhaupt nicht und die Prinzessin Fanfrilla hätte es auch ganz gewiß nicht gewußt, wenn sie eben nicht selbst solch einen traurigen Fall in ihrer Familie gehabt hätte, nämlich ihre richtige Urgroßtante, die Witwe Kakerlak, die Ginsterhexe. Ihr Vater, König Krökel I., hatte es bis heute noch nicht begriffen, er meinte, das sei bloß so ein dummer Eigensinn von dem Monat Februar, daß er manchmal achtundzwanzig und manchmal neunundzwanzig Tage habe. Er erklärte, wenn sich das nicht bald ändere, dann werde er eines Tages überhaupt den Kalender abschaffen lassen. Aber die Prinzessin Fanfrilla hatte sich von der Tante Hexe die Geschichte sehr lange erklären lassen und hatte es schließlich verstanden. Das heißt, manchmal vergaß sie es auch wieder und dann mußte sie sehr lange grübeln, bis sie sich an das alles wieder erinnerte. Das Grübeln besorgte sie immer, wenn sie zwischen den Quellen saß und an dem Filetschürzchen häkelte.
Plötzlich kriegte die kleine Prinzessin den Kribbel in die Finger.
»Ach!« schrie sie auf, »es ist doch gut, daß die Tante Hexe so selten Geburtstag hat! Sonst müßte ich ja jedes Jahr so ein Filetschürzchen häkeln.«
Sie seufzte dreimal ganz laut, dann nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Da merkte sie, daß sie sich verzählt hatte und eine ganze Menge Maschen wieder aufmachen mußte. Das ist immer recht unangenehm; wenn man obendrein aber noch den Kribbel in den Fingern hat, so ist es sehr schlimm. Die Prinzessin