Das Mündel des Apothekers. Stefan Thomma

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Das Mündel des Apothekers - Stefan Thomma

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außerhalb der Stadtmauern lag. Griebel kannte Katharina zwar, war sich aber nicht mehr ganz sicher, ob sie es war, die er am vorherigen Tag aufgefunden hatte.

      Als die beiden das Berger Tor passierten, konnten sie die behelfsmäßige Holzbaracke, die als Leichenhalle diente, bereits sehen. Nur wenige Minuten Fußmarsch trennte Simon noch von der Gewissheit, ob seine langjährige Freundin noch lebte. Mit gemischten Gefühlen betrat er mit Griebel die Leichenhalle. Auf einem Tisch, mit einem Tuch abgedeckt, lag der leblose Körper. Nachdem der Totengräber das Leinen weggezogen hatte, konnte Simon die Frauenleiche sehen. Die Tote war jung und blond, aber es war nicht Katharina.

      »Das ist doch das Weib vom Bäcker aus der Judengasse«, gab Mühlbichler erleichtert von sich. »Und sie hat sich wohl selbst getötet, wie man an den aufgeschnittenen Handgelenken sieht.«

      »Das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen! Ach du meine Güte! Das muss ich dringend dem Schillinger melden, sonst bekomme ich Schwierigkeiten«, jammerte Griebel und stapfte Richtung Ausgang.

      Kapitel 4

      Am nächsten Morgen runzelte der Bürgermeister ungläubig die Stirn.

      »Und es ist sicher, dass es sich um Selbstmord handelt?«

      »Ohne Zweifel, werter Herr Bürgermeister«, bestätigte der Bader. »In ihrem Körper ist kein einziger Tropfen Blut mehr. Seht ihr die aufgeschnittenen Handgelenke?« Widerwillig beäugte Schillinger die Tote.

      »Das hat uns gerade noch gefehlt. Als ob wir nicht schon genug Gerede in der Stadt hätten.«

      »Etwas ist mir noch aufgefallen. Auf dem Hintern der Toten ist ein Zeichen.«

      »Was für ein Zeichen?« Fromme und Griebel drehten den Leichnam auf den Bauch.

      »So etwas hab ich noch nie gesehen. Es sieht aus wie ein umgedrehtes V und auf dessen Spitze ist ein Kreuz«, erklärte der Bader.

      »Was hat das zu bedeuten?«

      Fromme zuckte nur mit den Achseln. »Sprich mit Pastor Widmann oder vielleicht weiß der Stadtarchivar etwas darüber. Aber sonst zu niemandem ein Wort. Habt ihr mich verstanden? Ihr könnt sie jetzt beerdigen«, sagte er zu Griebel und lief mit Fromme zurück in die Stadt.

      »Das Fenster klemmt, ich bring es nicht auf«, schimpfte Griebel.

      »Lass mich mal ran«, murrte der Henker.

      »Ich kann das nicht verstehen, einen solchen Wirbel um eine Selbstmörderin zu machen. Kann man sie nicht einfach zur Tür hinaustragen?«

      »Na, weil nur die ehrbaren Bürger durch die Türe das Haus verlassen dürfen. Das war schon immer so.«

      »Aber auf dem Totenhügel in geweihter Erde darf ich sie begraben. Das soll mir mal einer erklären.«

      »Kannst du dich nicht mehr an den alten Schambeck erinnern, der sich in seiner Scheune erhängte? Dort wurde ein Loch in die Wand geschlagen, um ihn nach draußen zu bringen, weil es keine Fenster und nur die eine Türe gab.«

      Als sie den toten Körper der Bäckerin durch das Fenster des Leichenhauses bugsiert hatten, verluden sie ihn auf den Schinderkarren und transportierten ihn zur Richtstätte. Dort wurde der Leichnam enthauptet und beide Teile wieder zurück auf den Totenhügel gebracht.

      »Wir können froh sein, dass sich in Nördlingen nicht jeden Tag einer selbst das Leben nimmt. Ein ganzer Tag Arbeit für nur einen Toten. Was für ein Aufwand!«, schimpfte der Totengräber. Das Grab hatte er bereits vor einigen Tagen geschaufelt. Wenn er sonst nichts zu tun hatte, legte er die Gruben schon mal auf Vorrat an. Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis jemand starb. Sieben Werkschuh tief. So lautete die Vorschrift. Mit auf dem Rücken gefesselten Händen wurde die Bäckerin, mit dem Bauch nach unten, in der Grube abgelegt. Ihr Kopf fand, mit dem Gesicht nach unten, zwischen ihren Füßen Platz.

      »Damit die schädigenden Kräfte ins Innere der Erde abgeleitet werden«, erklärte der Henker.

      »So, noch eine Schicht aus Dornengestrüpp, dann können wir das Loch schon wieder verschließen«, murmelte der Totengräber vor sich hin.

      »Dazu brauchst du mich ja nicht mehr, Hans. Ich hoffe, der Selbstmord der Bäckerin spricht sich nicht herum. Fast jeder in der Stadt ist abergläubisch. Da können wir uns sonst auf etwas gefasst machen«, prophezeite Egger und fuhr auf dem Schinderkarren zurück in die Stadt.

      Die alte Mühlbichlerin und Heidrun, die Bäckersbase, wechselten die Straßenseite, als ihnen der Henker entgegenkam.

      »Ja, es war Selbstmord, aber die kleine Apothekerhexe ist ja letztendlich daran schuld«, erzählte Heidrun.

      »Was Ihr nicht sagt! Was hat die denn damit zu schaffen?«

      »Die? Die steckt mit dem Teufel unter einer Decke! Verhext hat sie die arme Bäckerin. Die Nabelschnur um den Hals des Kindes gewickelt, dass es schließlich erstickt und tot zur Welt kam. Und verscharrt wurde die Arme wie ein räudiger Köter, nachdem der Henker ihr den Kopf abgeschlagen hat. So etwas hat niemand verdient.«

      »Ihr sagt es! Selbst verendete Viecher werden anständiger bestattet.«

      »Auf den Scheiterhaufen gehört die elende Metze!«, schluchzte Heidrun.

      »Da scheint wohl was in der Familie zu liegen.«

      »Was meint Ihr damit?«

      »Die Mutter des Apothekers landete im Herbst 1590 während der Hexenprozesse auf dem Scheiterhaufen. Da war der Pferinger noch Bürgermeister und der Röttinger leitete damals die Befragungen. Und die Riesingerin hatte sogar die Altbürgermeisterswitwe Gundelfingerin der Hexerei beschuldigt. Oder war es die Lempin, die die Gundelfingerin angeschwärzt hatte? Egal.«

      »Was Ihr nicht sagt! Na, jetzt wundert mich nichts mehr. Ich hab mir schon so etwas gedacht.«

      »Die treibt sich doch immer bei dieser Hebamme im Gerberviertel herum. Da munkelt man ja auch, dass sie eine Hexe sei. Da passt doch eins zum anderen. Jetzt muss ich aber weiter, sonst bekomme ich kein Brot mehr.«

      *

      Stadthauptmann Stracke betrat in Begleitung zweier Wachen die Apotheke.

      »Katharina Riesinger. Im Namen des Kaisers, Ihr seid verhaftet wegen Hexerei.«

      »Was? Wer wirft mir so etwas vor, Erich?«

      »Herr Stracke oder Herr Stadthauptmann, wenn ich bitten darf! Das wird Euch der Stadtrichter Seefried schon noch erzählen! Abführen!« Ohne ein Wort zu sagen, stand Benedikt hinter seinem Schreibpult und beobachtete den Vorgang. Erinnerungen stiegen in ihm auf an den unseligen Tag, an dem seine Mutter vor mehr als 30 Jahren wegen Hexerei angeklagt worden war.

      Katharina schämte sich fürchterlich, als sie von den Stadtwachen zum Rathaus gebracht wurde. Jeder, der ihr begegnete, glotzte ihr nach.

      »Was

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