Gourmetkatz. Kaspar Panizza

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Gourmetkatz - Kaspar Panizza

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auf diesem Pilgerweg ohnehin nie. Schmunzelnd dachte er an die beiden verrückten Münchnerinnen, die gestern Abend in der Herberge die Gäste unterhalten hatten.

      Das glitzernde Meer schmerzte in seinen Augen. Er kniff sie zusammen und ein paar Tränen rollten an seinen Wangen hinunter. Tränen, deren Ursprung nicht unbedingt die gleißende Sonne war.

      Er erinnerte sich an den sonnigen Augusttag, an dem seine Schwester gestorben war. Bis zum letzten Moment hatten sie gehofft. Das Schreckliche war, dass er ihr nicht hatte helfen können.

      »Geh den Jakobsweg für uns zwei«, hatte sie geflüstert, und dann war sie mit einem Lächeln gestorben.

      Er wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht. Bevor er sich mit den Füßen näher an den Abgrund tastete, streifte er den Rucksack von seinen Schultern, stellte ihn hinter sich in eine Felsnische und blickte auf die unter ihm vorbeiziehende Küstenstraße hinab. Mehrere Hundert Meter weiter westlich, auf einem Felsvorsprung, entdeckte er die beiden Münchnerinnen, die vermutlich wegen ihres ausgiebigen Rotweingenusses am Vorabend auch noch nicht weiter gekommen waren. Er selbst hatte die Etappe erst gegen 11 Uhr begonnen. Der Wind nahm, wie immer um diese Tageszeit, an Stärke zu. Sicherheitshalber zog er mit beiden Händen den Hut fester in die Stirn.

      »Ein schöner Tag«, sagte ein Mann in dunklem Anorak und Basecap, der unbemerkt neben ihn getreten war.

      »Ein wunderschöner Tag«, antwortete er und versuchte vergeblich, dessen Gesicht zu erkennen. Die Stimme kam ihm bekannt vor.

      Der Fremde zog sein Smartphone aus der Tasche und machte ein Foto von Strand und Meer. Er blickte aufmerksam auf das Display und fuhr mit dem Finger geschickt darüber hinweg. »Schönes Foto«, stellte er fest und steckte das Handy in die Jackentasche zurück.

      Dann trat der Mann einen Schritt zurück und stieß ihn mit beiden Händen den Abhang hinunter.

      »Du hättest dabeibleiben sollen«, hörte er noch. In diesem Moment erkannte er seinen Mörder. Mein Gott, warum macht er das, war sein letzter Gedanke, bevor er unten aufschlug.

      Dienstag

      Kommissar Steinböck hatte seine beiden Kollegen Ilona Hasleitner und Emil Mayer junior vorzeitig nach Hause geschickt. Die Berichte zum letzten Fall hatten sie abgeschlossen und übers Wochenende war kein neuer Mord dazugekommen.

      »Man könnte fast glauben, du fühlst dich nicht wohl, wenn Klessel keine Leiche auf dem Seziertisch hat«, lästerte Frau Merkel und formte einen ausgiebigen Buckel, um sich anschließend wieder zusammenzurollen.

      Der Kommissar musterte die Katze und versuchte sich an die Zeit zurückzuerinnern, bevor sie in sein Leben getreten war. »Getreten« war natürlich der falsche Ausdruck. Sie hatte sich in sein Leben geschlichen und dann peu à peu in allen Bereichen breitgemacht. Kaum ein Abend, an dem sie sich nicht ums Fernsehprogramm stritten. Ihre ständigen Nörgeleien über seinen Bauch und seine extravaganten Boxershorts prallten zwar an ihm ab, aber trotzdem hatte es die Katze geschafft, dass sein Liebesleben momentan gegen null driftete. Selbst im Büro war sie dabei, und am liebsten streunte sie durch die Gerichtsmedizin, um Dr. Thomas Klessel bei der Arbeit zuzusehen.

      »Maul nicht rum, dann kommen wir heut früher heim. Ich kann’s mir im Wintergarten bequem machen und du kannst auf deinem blöden Youtube-Kanal rumzappen.«

      »Ich hör immer ›früher‹? Es ist schon nach 18 Uhr. Okay, lass uns verschwinden«, antwortete Frau Merkel und sprang von der Fensterbank.

      »Mei, hast du’s aber eilig«, brummte Steinböck und klappte die Akte vor sich zu.

      Im selben Moment läutete das Telefon.

      Mit einem Satz war die Katze auf dem Schreibtisch. »Lass es, ich rieche Unheil«, orakelte sie.

      Steinböck blickte auf seine Uhr und griff seufzend nach dem Hörer. Er lauschte kurz, anschließend hielt er mit der Hand die Sprechmuschel zu. »Es ist die Husup«, flüsterte er.

      »Du hättest auf mich hören sollen.«

      Steinböck winkte ab und wandte sich wieder an seine Anruferin. Sein Gesicht wurde immer missmutiger.

      »Gut, in einer Viertelstund. Danach bin ich weg«, beendete er gereizt das Gespräch.

      »Und aus dem Nichts sprach das Unheil: ›Lächle und sei froh, ich bin’s nur.‹ Und ich lächelte und war froh, doch dann kam Husup!«, unkte die Katze.

      »Jetzt hab dich nicht so, es klang ernst.«

      »Wollte sie nicht auf den Jakobsweg gehen?«, fragte Frau Merkel nach.

      »Scheinbar ist sie wieder zurück.«

      »Schade, das Leben könnt so schön sein.«

      »Muss aber nicht«, vollendete der Kommissar grinsend.

      Es dauerte tatsächlich nur zehn Minuten, da polterte die kleine Reporterin durch die Tür. Wie jedes Mal ohne anzuklopfen. Den Versuch, die im Vergleich zu ihrer geringen Körpergröße überdimensionierte Handtasche auf Steinböcks Schreibtisch zu wuchten, unterließ sie, als sie seinen strengen Blick bemerkte, und stellte sie auf den Boden.

      »Na, Herr Kommissar, haben Sie diese schreckliche Katze immer noch?«, begrüßte sie ihn.

      Steinböck musterte die kleine Frau. Wie üblich: Bubikopf-Haarschnitt mit gegelten Haarspitzen und ein viel zu großer Pullover, der ihr fast bis zu den Knien reichte.

      »Die Leut im Tierheim nehmen sie nicht mehr zurück, und die Lkws bremsen rechtzeitig.«

      Während Sabine Husup hämisch grinste, entschied sich Frau Merkel, die beiden mit Missachtung zu strafen, und rollte sich auf der Fensterbank zusammen. Jetzt wurde das Gesicht der kleinen Reporterin ernst und sie wühlte in ihrer Tasche. Schließlich zog sie eine Mischung aus Tablet und Laptop heraus und deutete mit fragendem Blick in Richtung Steinböcks Schreibtisch.

      »Schon gut, solang Sie Ihre Taschen unten lassen«, stimmte er zu.

      »Diesen Laptop habe ich heute Morgen mit der Post bekommen.«

      Der Kommissar musterte sie fragend.

      »Von meiner Freundin.«

      »Schreiben Sie Ihre Artikel genauso, wie sie sprechen? Wie wär’s mit ein paar zusammenhängenden Sätzen? Ansonsten überlegen Sie sich, was Sie mir sagen wollen, und kommen morgen wieder«, erwiderte er ungehalten.

      »Sorry, also ganz von vorne. Meine Freundin Putzi und ich waren zusammen drei Wochen auf dem Jakobsweg unterwegs. Sie entsinnen sich? Ich hatte Ihnen vor meiner Abreise davon erzählt.«

      Steinböck erinnerte sich schwach an das Gespräch und nickte.

      »Also, wir sind vor acht Tagen zurückgekommen und haben beschlossen, vorerst Funkstille zu halten.«

      »Davon merke ich nichts. Ich frage mich, wie Putzi die drei Wochen mit ihr ausgehalten hat. Vermutlich hat sie sich schon nach zwei Tagen im Gewölbe irgendeiner Herberge erhängt.«

      Der Kommissar bedachte die Katze mit einem bösen Blick.

      »Umso überraschter

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