Next Level Sales. Christopher Held
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Am Ende trifft der Kunde die Kaufentscheidung und im Vergleich zu einer Welt von vor 20 Jahren ist diese Kaufentscheidung nicht von einer Firma abhängig. Kunden können heutzutage schnell und einfach zu einem Wettbewerber wechseln. Aus diesen Gründen ist es essenziell, den Verkaufsprozess beim Kunden zu starten und den Kunden sowie seine Bedürfnisse im Detail zu verstehen.
Kundenbedürfnisse unterscheiden sich von Industrie zu Industrie. Nichtsdestotrotz gibt es einige allgemeine Punkte, die dem heutigen modernen Kunden jeder Branche wichtig sind. Im Folgenden betrachten wir diese Aspekte genauer und erläutern, warum sie die perfekte Basis für den digitalen Verkaufsprozess sind.
Typischerweise legt der Kunde im Verkaufsprozess auf die folgenden Aspekte Wert:
1 Flexibilität,
2 Schnelligkeit und Agilität,
3 eine positive Kauf‐ und Serviceerfahrung und
4 ein gutes Preis‐Leistungs‐Verhältnis.
Abhängig von der Art des Produkts kommen noch weitere produktspezifische Aspekte hinzu, wie zum Beispiel auf den Kunden perfekt zugeschnittene Lösungen. Jedoch betrachten wir hier nur die oben genannten wichtigsten Punkte im Rahmen des Verkaufsprozesses.
Flexibilität im Verkaufsprozess
Der Kunde erwartet aufgrund von wechselnden und steigenden Anforderungen Flexibilität im Verkaufsprozess. Was ist mit »Flexibilität im Verkaufsprozess« gemeint? Der Kunde wünscht sich pragmatische Lösungen, »ease of making business«. Ein Beispiel, bei dem Kunden sich diese Flexibilität wünschen, ist das unkomplizierte Verschieben eines Verkaufstermins um beispielsweise eine Woche. In der heutigen, schnelllebigen Zeit kann das auch bedeuten, dass ein Termin, der in 30 Minuten stattfinden soll, kurzfristig verschoben wird. Diese Kurzfristigkeit und Flexibilität ist in der digitalen Welt keine Herausforderung. Allerdings stellt dies Vertriebler aus der analogen Welt, die seit zwei Stunden in der Anreise zu einem Termin sind, vor ein enorm großes Problem und führt zu Leerfahrten. Flexibilität hängt auch oft direkt mit Schnelligkeit und Agilität zusammen.
Schnelligkeit und Agilität
Was machen wir, wenn der Kunde ein kurzfristiges Meeting benötigt, weil ein Mitbewerber ein sehr gutes Angebot auf den Tisch gelegt hat? Warten wir auf den physischen Termin, der persönlich in einer Woche stattfinden kann, oder können wir sofort verfügbar sein? Können wir agil auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen?
Die Vorzüge von digitalen Meetings möchte ich anhand eines konkreten Beispiels verdeutlichen. Im Verkaufsgespräch bemerkt der Vertriebler, dass der Kunde einen bestimmten Produktexperten benötigt, um eine Verkaufsentscheidung zu treffen. In der analogen Welt müsste der Vertriebler zurück ins Büro fahren, sich mit dem Produktexperten abstimmen und potenzielle Termine raussuchen, um anschließend eine gemeinsame Anreise zu planen und zu buchen. Dieser Prozess inklusive der Verfügbarkeiten kann schnell drei bis vier Wochen dauern. Bis dahin könnte der Kunde bereits zur Konkurrenz abgewandert sein oder er müsste eventuell erneut von dem Produkt überzeugt werden. In digital unterstützten Gesprächen können weitere Personen mit einem Klick zu einer Besprechung hinzugefügt werden. In dem konkreten Beispiel könnte man somit den Produktexperten vielleicht sogar direkt in der Videokonferenz hinzuholen und die Produktfragen des Kunden beantworten (wenn er zu dem Zeitpunkt verfügbar ist). Zur Not setzt man eine Folge‐Videokonferenz für den nächsten Tag an und bittet den Produktexperten hinzu. Diese Schnelligkeit und Kundenorientierung wird in Zukunft noch viel mehr Kaufentscheidungen beeinflussen, als es ohnehin heute schon passiert, denn Kunden lieben schnelle Antworten und schnelle Lösungen. Das Unternehmen, das die beste Kundenerfahrung bietet, erhält in den meisten Fällen den Zuschlag. Der Preis ist ein spannendes Entscheidungskriterium, aber letztendlich entscheidet die Kundenerfahrung. Es gilt, sich den Bedürfnissen des Kunden anzupassen und schneller und digitaler zu sein als der Wettbewerber. Wer kennt sie nicht, die »Horror‐Stories« der Unternehmen, die die Digitalisierung verpasst haben, wie beispielsweise Kodak, Quelle oder Nokia?
Kodak hat nicht auf die Digitalisierung der Fotoapparate gesetzt, sondern darauf vertraut, dass Kunden weiterhin Filme nutzen werden. Das war nicht besonders weitsichtig und kundenorientiert, denn ist es nicht klasse für den Kunden, direkt zu sehen, ob das Foto vom Familienurlaub etwas geworden ist, und zur Not noch eins zu machen? Was viele nicht wissen, ist, dass es tatsächlich ein Kodak‐Mitarbeiter war, der die erste digitale Kamera erfunden hat. Aber das Management war nicht begeistert von der Idee, da Kodak sehr gut an den Filmen verdient hat. Ende der 1970er‐Jahre hatte Kodak einen Marktanteil bei Filmen und Kameras von circa 80 bis 90 Prozent. 2012 folgte die Insolvenz.
Quelle, das ehemals größte Versandhaus Europas, hat eindeutig zu lange auf den gedruckten Katalog (»der Quelle‐Katalog«) gesetzt, sich der Digitalisierung verwehrt und wurde von Amazon abgelöst. Die Insolvenz folgte 2009. Dass eine Digitalisierung und ein Umbau möglich sind, bewies oder beweist hingegen Otto bis heute: Auch bei Otto ist noch bis 2018 ein Katalog gedruckt worden, aber immerhin fing Otto 1995, also noch bevor Amazon sein Geschäft in Deutschland startete, an, seinen Katalogen CDs beizulegen, um den Kunden auf dem Weg in das digitale Bestellen zu helfen.
Nokias Marktanteile entwickelten sich von 50 Prozent in 2007 auf circa fünf Prozent in 2012. Nokia gehörte in den 2000er‐Jahren zu den zehn wertvollsten Marken der Welt, bis das digitalere, benutzerfreundlichere iPhone die Nokia‐Handys verdrängte.
Die Digitalisierung des Vertriebs mag nicht genauso extrem sein, aber versetzen Sie sich in die Rolle des Kunden: Sie haben zwei Angebote auf dem Tisch, die entlang aller für Sie entscheidenden Variablen recht kompetitiv sind. Allerdings gibt es einen signifikanten Unterschied bei den beiden Anbietern: Bei einem der beiden Unternehmen dauert es mehrere Tage, bis Sie Antworten auf Ihre Fragen erhalten. Hingegen kommt das Konkurrenzunternehmen innerhalb von Stunden auf Sie zurück. Welches Licht wirft das auf die beiden Unternehmen, auch im Hinblick auf den späteren Kundenservice, weitere Verträge, Reklamationen et cetera? Für welchen Anbieter entscheiden Sie sich?
Die beste Kauferfahrung
In den Verkaufsentscheidungen wird die Kauferfahrung immer ausschlaggebender. Daher sollten sich Unternehmen darauf einstellen, dass der Fokus auf und um den Kunden die Devise Nummer eins in der Zukunft sein wird. Nehmen wir Amazon als Beispiel: Viele Endverbraucher bestellen am liebsten bei Amazon, unabhängig von den Diskussionen in den Medien über das Unternehmen. Der einfache Grund dafür ist die Ausrichtung des Unternehmens auf den Kunden. Für den Kunden zählt hier: eine riesige Auswahl, die Verfügbarkeit der Ware am nächsten Tag (teilweise sogar am gleichen Tag), die unkomplizierte Reklamation, die kundenfreundliche Retoure. Dies ist alles auf die absolute Kundenzufriedenheit und positive Kundenerfahrung ausgelegt. Obwohl Amazon nicht in allen Fällen der günstigste Anbieter ist, starten 51 Prozent21 der Käufer typischerweise nicht mehr auf Google ihre Online‐Suche, sondern direkt auf der Amazon‐Website.
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