Wüsten. Wolf Dieter Blümel

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Trockenheit (Kaltzeiten; Glaziale) wechselten sich allein in den letzten 2 Mio. Jahren mehr oder weniger regelmäßig ab, unterbrochen von wärmeren und feuchteren Perioden (Warmzeiten; Interglaziale). In diesem Rahmen der globalen Klimavariabilität ist folglich auch die Geschichte der Wüsten zu sehen: Mit einer kühleren Atmosphäre geht eine Zunahme der Wüstenflächen und eine Intensivierung des Wüstencharakters einher; eine wärmere Troposphäre nimmt dagegen mehr Feuchte auf und lässt die Wüstenareale schrumpfen.

      3.1 Antarktische Vereisung: neogene Abkühlung und Aridisierung

      Wüstenhafte Verhältnisse hat es im Lauf der Erdgeschichte und der Entwicklung der Kontinente immer wieder gegeben, aber auch Zeiten, in denen sie fehlten und teils üppigen Vegetationsformationen Platz gemacht haben. So begann auch die jüngste geologische Ära, das Tertiär, vor etwa 65 Mio. Jahren mit einer langen warm-feuchten Klimaperiode während des Alttertiärs, die offensichtlich von Pol zu Pol eine Waldbedeckung bewirkte. Zeugnisse sind alt- bis mitteltertiäre Steinkohlelager auf Spitzbergen (Arktis) oder die mitteleuropäischen Braunkohlen (Ville, Wetterau, Lausitz). Laterit- und Bauxitvorkommen am Vogelsberg belegen eine intensive chemische Gesteinsverwitterung, die man als tropoid bezeichnen könnte. Immer wieder werden auch fossilisierte Holz- und Blattfunde aus der damals noch unvergletscherten, offensichtlich bewaldeten Antarktis gemeldet.

       Tab. 2 Stratigraphische Gliederung des Känozoikums (n. Eberle et al. 2010)

Ära System Serie Alter Mio. Jahre
KÄNOZOIKUM Quartär Neogen Paläogen Holozän Pleistozän Pliozän Miozän Oligozän Eozän Paläozän 2,6 24 65

      Die jüngere Geschichte der waldarmen oder waldfreien – und damit auch der wüstenhaften – Landschaften beginnt mit dramatischen plattentektonischen Veränderungen: Der Urkontinent Pangäa teilt sich vor etwa 200 Mio. Jahren in Laurasia (später Laurentia und Eurasien) und den Südkontinent Gondwana. Dieser spaltet sich wiederum auf und bildet zwischen den entstehenden Kontinenten und Inseln neue Ozeane: Vor ungefähr 125 Mio. Jahren trennen sich Südamerika und Afrika; der Atlantik entsteht. Im Verlauf des Tertiärs bildet Australien einen eigenen Kontinent; auch Neuseeland ist ein Bruchstück des alten Gondwana-Riesenkontinents. Antarktika bewegt sich in eine zentrale südpolare Lage, was seinen Energiehaushalt völlig verändert – und damit auch die Klimageschichte des gesamten Globus. Vorderindien driftet auf die Nordhalbkugel und kollidiert mit der Eurasischen Masse; Himalaya und das Tibetische Hochplateau entstehen. Die alpidische Orogenese erzeugt einen Gebirgskomplex von den Pyrenäen bis zum Hindukusch. Von Alaska bis nach Feuerland entwickeln sich die nord- und südamerikanischen Kordilleren als Barrieren in wichtigen Windsystemen. Ihre Konfiguration aus Gebirgsketten, intramontanen Becken und Hochplateaus bildet bei der zunehmenden globalen Abkühlung die Ursache für ausgedehnte wie auch kleinräumige orographische Wüsten (Lee-Wüsten).

      Mit der neu konfigurierten Erdoberfläche wird vor allem im Neogen der früher ungehinderte Wärmeaustausch zwischen der Äquatorialregion und den Polen abgeschwächt. Eine globale Abkühlungstendenz ist festzustellen (Abb. 4); aufgrund der geringen Wärmeeinstrahlung beginnt im Oligozän (– 38 Mio. Jahre) die Vereisung der Antarktis. Seit dieser Zeit ist die Antarktis wohl nie mehr eisfrei. Mit der definitiven Trennung und Isolierung des Südkontinents von allen übrigen Gondwana-Fragmenten kann sich die Kaltwasserzirkulation des Antarktischen Ringstroms entwickeln (vgl. Blümel 1999). Von hier aus dringt kaltes, dichtes Tiefenwasser durch die ozeanischen Becken bis weit in die Nordhalbkugel hinein. Es etabliert sich unter der ozeanischen Thermosphäre mit Wassertemperaturen über 20 °C die Psychrosphäre als kaltes Stockwerk mit < 10 °C (bis stellenweise < 0 °C). Der konvektive Ferntransport kalten Wassers sorgt für eine im Trend anhaltende globale atmosphärische Abkühlung. Die Weltmitteltemperatur sinkt deutlich um etwa 4 – 5 K; heute liegt sie bei 14/15 °C. Die Antarktis wirkt wie ein globales Kälteaggregat: Ein System aus hoch aufragendem Inlandeis und einem saisonal von Eis bedeckten, circumpolaren Kaltwassergürtel (Antarktischer Ringstrom) sowie daraus in alle Ozeane abströmende dichte, kalte Wässer erniedrigten allmählich die Temperatur der Atmosphäre (Abb. 4).

      Abb. 4

      Klimatische Abkühlung im Tertiär und Quartär, dokumentiert durch Sauerstoffisotopenbestimmungen (δ18O) in Einzellern (benthische Foraminiferen). Vermerkt sind zeitlich zugehörige Gebirgsbildungen und ozeanographisch-glaziologische Veränderungen (veränd. n. Arz et al. 2007).

      Das Messinian Event – Austrockung des Mittelmeeres

      Die übergeordnete Antarktisvereisung bezog ab etwa 10 Mio. Jahren den westlichen Archipel mit ein und gipfelte am Ende des Miozäns (vor ca. 5,5 Mio. Jahren) in der Maximalvereisung (Queen Maud-Stadium). Gegenüber heute speicherte die Antarktis etwa 50 % mehr Eis. Damit verbunden war eine eustatische Absenkung des Meeresspiegels um 50 – 60 m. Die Meerenge von Gibraltar fiel trocken; der Zufluss aus dem Atlantik wurde unterbrochen. Das Mittelmeer trocknete (mehrfach) aus und bildete eine weiträumige Wüste, in deren Becken sich riesige Salzpfannen bildeten, in denen ca. 6 % des im Weltmeer gelösten Salzes eingedampft und ausgefällt wurden. Es entstanden mächtige Salzlagerstätten (Hsü 1972). Rhône und Nil mündeten als endorhëische (binnenländische) Flüsse über große Katarakte in das mediterrane Wüstenbecken und verdunsteten.

      Ob die glazial-eustatische Meeresspiegelabsenkung alleine für diesen Vorgang verantwortlich ist, oder ob auch tektonische Hebungen an der Gibraltar-Schwelle mitgewirkt haben, ist offen. Erdgeschichtlich wird diese dramatische Entwicklung als Messinian Event bezeichnet. Dessen Begleiterscheinungen haben möglicherweise die globale Klimaentwicklung in Richtung Abkühlung und Wüstenbildung weiter vorangetrieben: Da der geringere Salzgehalt das Meerwasser schneller gefrieren lässt, wird vermutet, dass dadurch der Eisaufbau im Nordpolargebiet unterstützt wurde und die arktischen Kältewüsten entstanden.

      Mit der kälteren Atmosphäre sinkt ihr Wassergehalt – die Niederschläge nehmen generell ab. Ozeanität und Kontinentalität akzentuieren sich. Kalte Auftriebswässer aus der Antarktis verursachen eine Aridisierung südwest-afrikanischer und süd-amerikanischer Küstenabschnitte. Es entstehen mit der Namib und der Atacama die ersten extremen Wüsten an den westlichen Kontinenträndern von SW-Afrika und S-Amerika; das belegen zahlreiche Untersuchungen (vgl. Eitel 1994; Kap. 12, 13). Auf den Festländern steigert sich die Trockenheit und weitet sich aus. Man kann davon ausgehen, dass durch die allmähliche globale Veränderung der klimatischen Zirkulationsmuster, insbesondere durch die zunehmende atmosphärische Kühle und Trockenheit, ein breiteres Spektrum an Vegetationsformationen entstand: Die an Humidität gebundenen Wälder mussten regional offenen Landschaften weichen: Es entwickelten sich in der Folge tropische Grasländer (Savannen), Halbwüsten und Wüsten, in den Außertropen die Steppen und andere Trockengebietsformen. Diese Entwicklung vollzog sich vor allem ab dem Mittleren Miozän (Tab. 2): Vor etwa 16 Mio. Jahren wuchs in der Ost-Antarktis ein bis heute persistentes Inlandeis auf; der Aufbau der marinen Psychrosphäre dürfte damals abgeschlossen gewesen sein. Spätestens seit dem Miozän beeinflussen die zugehörigen kalten Auftriebswässer (Benguela-Strom) die südwestafrikanische Küste und verursachen deren extreme Trockenheit.

      Die Aridisierung des südlichen Afrika lässt in der Folge

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