Wüsten. Wolf Dieter Blümel

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Wüsten - Wolf Dieter Blümel

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fluktuierende Ausweitung bzw. Schrumpfung des Kernwüstenareals lässt sich auch durch die heute noch in der Extremwüste persistente Savannenpflanze Welwitschia mirabilis untermauern (Kap 7.1.5; 12.2.5). Weitere Indikatoren für Änderungen am Namib-Grenzsaum stehen zwangsläufig mit hygrischen Schwankungen des Hinterlandes in Zusammenhang. Von dort aus ziehen Fremdlingsflüsse wie der Hoanib in die Wüste. Letzterer hinterließ dort Flussauslaufsedimente als möglicher Indikator für abnehmende Niederschläge während der Kleinen Eiszeit (Kap. 12.2.4). Postsedimentär bis heute werden sie wieder ausgeräumt – ein Zeichen zumindest für Klimafluktuationen am Wüstenrand, aber nicht zwangsläufig auch in der Wüste selbst. Der Küstenwüstenstreifen mit seiner Breite von einigen Zehnern Kilometern scheint über den Zeitraum des Quartärs hinweg in seinem extremen Charakter unverändert geblieben zu sein.

      3.3 Afrika im Quartär (Jungpleistozän und Holozän)

      Den jüngsten Phasen des Klima- und Umweltwandels in den (heutigen) Wüsten gilt das besondere Interesse geographischer Forschung, um daraus die Ursachen und auch die zeitliche und landschaftliche Dynamik von Veränderungsprozessen abzuleiten und sie ggf. für die Einschätzung zukünftiger Entwicklungen zu nutzen.

      In Bezug auf die Klima- und Landschaftsgeschichte ist die Sahara trotz ihrer immensen Weite am besten untersucht und hat sehr viel Neues wie auch auf einige andere Wüsten übertragbare Erkenntnisse geliefert. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte offenbarten eine frappierende Jugendlichkeit der Sahara als der größten hyperariden Wüste. Ihre Entwicklung von einer lebensvollen Gras- und Strauchlandschaft zum aktuellen Erscheinungsbild einer Voll- und Extremwüste vollzog sich vor etwa 5500 Jahren in kurzer Zeit (Kap. 12.1.3). Zuvor hat ihr Raum während des holozänen Klimaoptimums (ab ~8000 J.v.h; Abb. 5) lange Zeit derart viel Feuchtigkeit erhalten, dass sich ein savannenartiges Ökosystem mit eindrucksvoller Großsäugerfauna und erstaunlichen menschlichen Aktivitäten einstellen konnte. Zudem wurden große Grundwassermengen gebildet, die heute als fossile Ressourcen für die agrarische Nutzung äußerst bedeutsam sind (Pachur & Altmann 2006). Dieser Feuchtphase vorgeschaltet war jedoch der Zustand einer hyperariden Wüste während des letzten Hochglazials, das vor 16 000 Jahren zu Ende ging. Während dieser kühleren Periode mit einer um 4 – 5 K abgesenkten Globaltemperatur (~10 –11 °C) war die Sahara deutlich weiter ausgedehnt als heute und in ihrem Ariditätsgrad noch extremer (Abb. 5). Fixierte, vorzeitlich Dünenfelder zeugen von diesem Extremzustand (stv. Völkel 1988), der sich in vergleichbarer Weise auch in anderen Wüsten wiederfindet.

       Tab. 3 Zeitlich-stratigraphische Gliederung des Spät- und Postglazials in Mitteleuropa – zur vergleichenden Einordnung klimatischer u. a. Entwicklungen in den Wüsten und Halbwüsten. Das Hochglazial (LGM/Last Glacial Maximum) umfasst den Zeitraum von 20 000 –14 446 Jahren vor heute [cal BP] (aus Gebhardt et al. [Hrsg.] 2007)

Quartär Zeitabschnitt (Chronozone) Zeitdauer (cal BP; Jahre vor heute)
Spätholozän HOLOZÄN Mittelholozän Frühholozän Subatlantikum Subboreal Atlantikum Boreal Präboreal 2800 – 0 5100 – 2800 8200 – 5100 9800 – 8200 11 590 – 9800
SPÄTGLAZIAL Jüngere Dryas Alleröd Ältere Dryas Bölling Älteste Dryas Meiendorf 12 680 – 11 590 13 370 – 12 680 13 535 – 13 370 13 670 – 13 535 13 810 – 13 670 14 446 – 13 810
HOCHGLAZIAL Last Glacial Maximum (LGM) >14 446

      Landschaftliche Veränderungen in den Wüsten und an deren Rändern gehen mit hygrischen Schwankungen auch in der weiteren Umgebung einher. Wüsten sind eingebettet in das großräumige Gesamtsystem der Ökozonen/-regionen und Zirkulationsmuster. Alle relevanten Grenzen verlagern sich, wenn v. a. Veränderungen im Niederschlagsregime greifen: In den niederen Breiten mit ihrem ohnehin höheren Strahlungsinput und hohem Wärmeniveau steuern in erster Linie die veränderten Niederschlagsverhältnisse die Dimensions- und Lageveränderungen von Ökozonen und den Charakter ihrer Vegetationsformationen (Artenspektrum, Dominanzen usw.).

      Die großräumigen Konsequenzen hygrisch-klimatischer Schwankungen zwischen dem letzten Hochglazial (LGM) und der Jetztzeit werden in dem Zeitscheibenvergleich Afrikas sehr gut deutlich. In sechs Abschnitten ist in Abb. 5 die Entwicklung der Vegetationsformationen seit dem letzten Hochglazial (20 000 – 16 000 J.v.h.) bis zum gegenwärtigen Zustand wiedergegeben. Sehr deutlich wird der Zusammenhang zwischen dem Wachstum der Wüste und dem zeitgleichen drastischen Zurückweichen des Regenwaldes während der Kaltzeit sowie dem Ausufern des Regenwaldes und der Savannen während des postglazialen Klimaoptimums zwischen 9000 und 7000 J.v.h. (Abb. 5; Runge 2001). In diesem Stadium war die Sahara als Wüste nicht existent. Als Hauptursache dafür wird die Stellung der Erdachse angesehen. Sie war im genannten Zeitraum einige Zehntel Grad stärker geneigt als heute. Zudem lag der Perihel im September (heute: Januar). Die Nordhalbkugel erhielt mehr Sonneneinstrahlung.

      Abb. 5

      Rekonstruktion und Vergleich der Vegetationsentwicklung in Afrika seit dem LGM (Letztes Hochglazial) – der Zeit der global größten Wüstenausdehnung im Jungquartär. Auch die Namib hatte sich während des LGM um ein Mehrfaches ausgeweitet. Während des postglazialen Wärmeoptimums zwischen 9000 und 5000 J.v.h. war der saharische Bereich als Wüste nicht mehr existent (aus Runge 2001).

      Diese extraterrestrische Konstellation bewirkte das postglaziale oder holozäne Wärmeoptimum (Abb. 6). Der afrikanische und indische Monsun nahmen zu; mit dem vermehrten Niederschlag breiteten sich die Savannen gegen die Wüste Sahara aus. Vor etwa 5500 Jahren setzte wieder eine Aridisierung ein, aus der die heutige hyperaride Wüste resultierte.

      Abgleich mit anderen Wüsten: Die klimatisch-landschaftsgeschichtlichen Befunde aus dem saharischen Bereich und ihre zeitliche Einordnung lassen sich nicht pauschal auf die Wüsten aller Kontinente übertragen. Nicht überall verlief die Entwicklung gleichartig oder synchron. In manchen Hochgebirgsregionen änderten sich die Höhenstufen und Vergletscherungsverhältnisse. Die späteren Kältewüsten der kanadischen Arktis sowie Grönlands und Spitzbergens lagen während des Hochglazials unter Eisbedeckung. Ihre Ausprägung als periglaziale Kältewüste entwickelte sich zeitlich anders als in den heutigen subtropisch-randtropischen Wüsten. Auch besteht zwischen den Wüsten Innerasiens und ihren teils vergletscherten (hoch-)gebirgigen Nachbarregionen während des Quartärs eine geomorphologisch-hydrologische Beziehung, wie sie z. B. in den afrikanischen Wüsten fehlt.

      Abb. 6

      Kurve der nacheiszeitlichen (holozänen) Klimaschwankungen und deren Auswirkungen auf kulturgeschichtliche Entwicklungen, vornehmlich der Nordhalbkugel (ergänzt n. Schönwiese 1995 aus Eitel 2008).

      Dennoch zeigte sich ein erstaunlich synchroner jungquartärer Landschaftswandel beispielsweise zwischen Ost-Sahara und zentralasiatischen Wüsten (Pachur & Altmann 2005) und indiziert für Teile der Mittelbreiten und

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