Social Web. Anja Ebersbach
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Mobile Web. Wireless LAN und Bandbreitentechnologien wie UMTS oder LTE machten es Ende der 2000er-Jahre in bislang nie gekanntem Umfang möglich, über mobile Geräte (Laptops, Smartphones, Tablets) mit dem Internet und dem Web in ständiger Verbindung zu bleiben. Die zunehmende Erreichbarkeit des Internets erweitert die Interaktionsmöglichkeiten der Nutzer erheblich, beispielsweise was die Orientierung und Terminplanung betrifft. Die Wahrnehmung der Welt wird mit dem mobilen Web aber nicht nur erweitert, sondern gleichzeitig wieder eingeschränkt, weil etwa jedes Ereignis dokumentiert und geteilt, aber in dem Moment nur eingeschränkt erlebt werden kann. Der breiten Bevölkerung sind in jedem Fall mit dem mobilen Web mächtige Tools an die Hand gegeben. Und so überrascht es nicht, dass das mobile Web seit wenigen Jahren das Web insgesamt formt. Einige wie die Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation Lila Tretikov (2014)6 prognostizieren sogar ein Sterben klassischer Websites. In jedem Fall verlagert sich der Entwicklungsschwerpunkt, so dass auch klassische Social-Web-Anwendungen wie Wikipedia mit Hochdruck den Anforderungen des mobilen Webs und seiner Nutzer angepasst werden.
Crowd. Unter den verschiedenen Online-Communities (Entwicklercommunities, Wikicommunities, Ratingcommunities) lassen sich seit einigen Jahren Gruppen identifizieren, die als »Crowds« beschrieben werden. Das Zusammentragen von Wissen wird als »Crowdsourcing« bezeichnet. Die Vorfinanzierung von Projekten wird über Crowdfunding- oder Crowdinvesting-Plattformen organisiert. Crowds schaffen bewusst über Arbeit oder finanzielle Beteiligung Werte. So öffnen sich völlig neue Möglichkeiten, über das Web nachfrageorientiert die Herstellung teurer Produkte und Dienstleistungen zu koordinieren und bereitzustellen. Crowds decken einen allgemeinen Bedarf und die Beteiligten unterstützen ein gemeinsames, meist auch gemeinnütziges Ziel, das sie meist emotional berührt, indem sie einen begrenzten persönlichen Beitrag leisten. Eine negative Entwicklung kennzeichnet dagegen der Begriff des Crowdworkings. Dieser beschreibt die Entstehung eines neuen Niedriglohnbereichs, in dem Menschen prekär Akkordarbeit für Unternehmen leisten.
Eroberung des Öffentlichen. Was bleibt von dem oben skizzierten Bild eines früher freien Netzes, das heute durch die Kommerzialisierung und den Zugriff der öffentlichen Gewalt bedroht bzw. zerstört ist? Hier wird ein differenzierterer Blick nötig. So haben zwar große Bevölkerungsteile in den hochindustrialisierten Ländern Zugang zum Web. Sie erobern das Netz aber unter kommerzialisierten Bedingungen, die gleichzeitig die Möglichkeiten dieser Eroberung schufen. Auch bei der der oft vorgebrachten These der Rückeroberung einer Öffentlichkeit im Internet feststellen, dass die Öffentlichkeit des Netzes vielfach erst hergestellt werden muss.
Die Entwicklung der Social Software und des Social Webs ist gegenwärtig nicht abzusehen, da sie sehr widersprüchlich verläuft. So sind Medienkonzerne an der Verknappung der Ware Wissen interessiert, was sich mit der Offenheit des Mediums Internet, die nun zur größten Kopiermaschine der Welt wurde, nicht verträgt. Dadurch entsteht gegenwärtig eine neue Konfliktlinie um Fragen des Urheberrechts, freier Software und geistigen Eigentums. Hier gibt es Selbstorganisationsprozesse, die auf die Verwertungsinteressen großer Konzerne antworten. Die File Sharing Communities und jüngst auch die Crowdfunding-Communities entwickeln über ihre große Anzahl an teilnehmenden Nutzern eine erste wirtschaftlich ernstzunehmende Gegenbewegung.
1.3 Begriffsklärung und Abgrenzung
1.3.1 Social Web und Web 2.0
Warum heißt dieses Buch eigentlich nicht »Web 2.0«? Eine sehr gute Frage, die wir uns auch schon wiederholt gestellt haben. Um es ganz kurz zu beantworten: Web 2.0 ist ein Begriff, der zwar häufig synonym mit dem Social Web benutzt wird, jedoch viel umfassender ist. Hier werden – je nach Blickwinkel – technische, ökonomische und rechtliche Aspekte mit einbezogen, die wir in diesem Buch nur behandeln, wenn sie unmittelbar mit unserem enger gefassten Thema, dem Social Web, zu tun haben. Zudem widerstrebt es uns ein wenig, einen derart kommerziell belegten und unscharfen Begriff für eine wissenschaftliche Publikationsform zu verwenden, auch wenn »Web 2.0« lange als ideenleitendes Schlagwort benutzt wurde. Um zu einer Einschätzung zu gelangen, ist es dennoch wichtig, zu wissen, wie der Begriff entstand und welche Implikationen mit ihm verbunden sind.
Entstehung des Begriffs. Anders als es die Versionsnummer vermuten lässt, ist das Web 2.0 keine neue technische Ausführung des WWW, die man sich von irgendeiner Website herunterladen und installieren kann. Vielmehr spielt der Begriff auf eine gefühlte Veränderung des WWW während der letzten Jahre an.
Er entstand während eines Brainstormings zwischen dem O’Reilly Verlag und MediaLive International. Der Vizepräsident von O’Reilly, Dale Dougherty, stellte dabei fest, dass das Internet durch das Zerplatzen der Dotcom-Blase 2000 nicht zusammengebrochen war, sondern heutzutage wichtiger denn je sei. Der seither festzustellende Wandel des WWW wurde mit einem starken Schlagwort belegt: »Web 2.0«. Man beschloss eine Konferenz zu organisieren, bei der genau dieses Thema Mittelpunkt sein sollte. Dass nicht nur das Management von O’Reilly die vielschichtigen Veränderungen im WWW spürte, zeigt die enthusiastische Aufnahme des Begriffs: Nach jener ersten Web-2.0-Konferenz im Jahre 2004 verbreitete sich der Ausdruck unaufhaltsam im Internet und wurde schnell zum Oberbegriff für alle möglichen Neuerungen im Web 7.
Die sieben Punkte von O’Reilly. Tim O’Reilly hatte sich ein Jahr nach der legendären Webkonferenz die Mühe gemacht, den Begriff in dem Artikel »What is the Web 2.0?«7 zu präzisieren und nannte folgende Aspekte:
1. Web als Service-Plattform. Das WWW ist mittlerweile überall. Es ist daher nahe liegend, alltägliche Aufgaben ins Netz zu verlegen. Terminplanung, Projektmanagement und Text- oder Bildverarbeitung verlassen die Grenzen lokaler Desktopanwendungen und werden im Internet abgelegt und verwaltet. Steigende Kapazitäten in der Breitbandkommunikation und die neue Funktionalität moderner Webapplikationen machen dies möglich.
Abb. 1.4: Bildbearbeitung im WWW mit Fotor
Hier sind nur einige Beispiele von einer Fülle an neuen Webapplikationen:
• Pixlr: Bildbearbeitungsprogramm,
• Lino: Haftnotizzettel und Fotos teilen,
• Doodle: Tool für Umfragen,
• Google Drive/Microsoft Office 365: Ein komplettes Office-Paket im Netz,
• Dropbox: Cloud-Speicherdienst (auch »Filehosting«),
• Trello: Tool für Projektmanagement und Workflows,
• Tricider: Brainstorming- und Abstimmungsprozesse.
Der Nutzer genießt durch diese WWW-Dienste einige Vorteile:
• Programme müssen nicht mehr auf dem lokalen Rechner installiert und gepflegt werden.
• Der User kann unabhängig vom Betriebssystem sämtliche Dienste nutzen.
• Zudem kann er von überall auf seine persönlichen Daten, wie z. B. seine Fotos, Adressen oder Lesezeichen, zugreifen und sie bearbeiten.
• Kooperative und kollaborative Arbeitsformen werden möglich.
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