Social Web. Anja Ebersbach
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2. Einbeziehung der kollektiven Intelligenz der Nutzer. Schlagworte wie Mitmach-Netz oder user-generated content fallen unter diesen Punkt. Es ist also nicht mehr der Betreiber, der die Inhalte seiner Website gestaltet, sondern der Nutzer selbst, der die jeweiligen Plattformen mit Bildern, Videos, Informationen und seinen Meinungen füllt. Selbst die Struktur einer Seite kann gemeinsam verändert werden. Durch einfache, benutzerfreundliche Oberflächen werden die Einstiegshürden so gering wie möglich gehalten, so dass die Nutzer fast ohne jegliche technische Vorkenntnisse aktiv an der Veränderung der Website mitwirken können. Ein beliebtes Beispiel ist die Enzyklopädie Wikipedia, auf der jeder Nutzer Wissen niederschreiben und ein anderer beliebiger User diesen Artikel ändern darf. Anders als vermutet, hat das Fehlen eines zentralen Redaktionsprozesses keine Qualitätseinbußen zur Folge. Vielmehr steigert die Teilhabe vieler Nutzer am Gesamtwerk den Wert der Anwendung und jeder Teilnehmer profitiert davon.
3. Daten stehen im Mittelpunkt der Anwendungen. Die Anwendungen stehen und fallen mit den Daten, die von Nutzern permanent generiert werden. Die Qualität und Quantität der Datenbestände spiegeln das Kapital der Webanwendungen wider. Die Inhalte sind damit wesentlich wichtiger als ihre Darstellung. Datenbestände wie das gesammelte Wissen von Wikipedia oder die Strukturen landesweiter sozialer Netze samt Adressen und Telefonnummern bei XING konnten bisher nur mit hohem Aufwand und viel Fleißarbeit gewonnen werden. Jetzt geht es darum, sie zu verbinden und zu nutzen. Dabei hat das Rennen um die wichtigsten Daten bereits begonnen, vor allem um geografische, persönliche, terminliche und produktspezifische.
4. Neue Formen der Softwareentwicklung. Software wird im Web 2.0 nicht mehr als Produkt ausgeliefert, sondern als Service. Denn ein Produkt aktuell zu halten, ist wesentlich schwieriger als einen Service, bei dem die Software zentral auf einem Server vorgehalten wird.
Die aus der Softwareentwicklung traditionsgemäß gepflegte Versionsnummerierung und die Publikation von neuen Versionen einer Software alle paar Jahre gelten seit dem Web 2.0 als überflüssig und inkonsistent. Neue Versionen werden möglichst früh und möglichst oft im Betastadium veröffentlicht.
Der Entwickler profitiert davon:
• Bei einem Millionenpublikum bekommt man selbst auf kleinste Veränderungen hin ein schnelles, aussagekräftiges Feedback.
• Neue Praktiken können schnell ausprobiert und frische Ideen sofort umgesetzt werden.
• Das Publikum, also diejenigen, die eine Software nutzen werden, weiß oft besser als die Entwickler, was verbessert werden soll.
• Auch aus dem Verhalten, z. B. der Reihenfolge von Klicks, lassen sich Rückschlüsse ziehen.
Im Social Web ist das Image des permanenten Beta so gut, dass es sogar dem Anwender gegenüber immer wieder als Qualitätsmerkmal und als Zeichen für eine besonders innovative Plattform dargestellt wird. Ganz nach dem Motto: »It’s not a bug, it’s a feature!«
Abb. 1.5: Logo mit »Beta«
5. »Leichtgewichtige« Programmiermodelle. Um die Daten einer breiten Menge zugänglich zu machen, werden »Lightweight Programming Models« implementiert. Das heißt, dass die Daten sehr einfach über eine HTTP- oder Web-Service-Schnittstelle bereitgestellt werden. Neue offene, flexible, leicht zu bedienende Schnittstellen, sogenannte APIs, ermöglichen den Zugriff auf die global gesammelten Daten, die auf den Servern großer Onlineunternehmen, wie z. B. eBay, abgespeichert und ständig aktualisiert werden.
Verschiedenste digitale Daten lassen sich beliebig vermischen und in neue Formen bringen. So entstehen sogenannte Mashups, die Inhalte von verschiedenen Anwendungen des Internets zusammenbringen, z. B. Placeopedia, die die Funktionalitäten von Google Maps und Wikipedia vereinigt, so dass sämtliche Plätze der Welt mit Wikipedia-Einträgen angereichert werden können.
6. Software, die auf vielen Geräten nutzbar wird. Nicht nur der PC kommt als Endgerät in Frage, sondern auch mobile oder sonstige Geräte. Damit wird ein altes Ziel von Webseiten wieder belebt. Sie sollen so gestaltet werden, dass die Darstellung auf verschiedenen Medien möglich ist. Mittlerweile ist es weder schwierig noch kostenintensiv, über Smartphones und Tablets ins Internet zu gelangen. Da diese Helfer zu unseren täglichen Begleitern geworden sind, liegt es nahe, die erwähnten Datenbestände auch mit solchen Geräten abzurufen. Ein Beispiel ist das Mobile Tagging mit zweidimensionalen Strichcodes, die an Gegenständen angebracht werden können und eine URL kodieren. Mit einem Fotohandy können diese gelesen und via mobilem Browser abgerufen werden.
7. Rich User Experience. Der letzte Aspekt bezieht sich noch einmal auf den ersten Punkt in O’Reillys Liste, geht dabei jedoch direkt auf die konkrete Bedienbarkeit der Software ein. Wenn der Desktop zum Webtop mutiert und kein Unterschied zwischen einer Applikation im Netz und einem lokal installierten Programm besteht, bedeutet dies, dass die Webapplikationen einen riesigen Sprung in Sachen Usability gemacht haben. Und in der Tat ist es auf einmal möglich Drag & Drop, ausgereifte Fenstertechniken und andere bequeme Funktionalitäten zu nutzen, die man bisher nur von der Desktopsoftware kennt. Der »Touch«-Screen erweiterte die Interaktionsformen. Eine Schlüsseltechnologie dabei ist Ajax (siehe Kapitel 2.8.2).
Soweit also die sieben Punkte, die O’Reilly angeführt hat. Mittlerweile haben sich mindestens drei zusätzliche Aspekte herauskristallisiert, die immer wieder im Zusammenhang mit dem Web 2.0 auftauchen.
Juristische Herausforderungen. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr stellt die Transparenz persönlicher Informationen im WWW dar. Da das Web 2.0 davon lebt, dass Nutzer ihre Vorlieben, Interessen und Meinungen gerne ins Web verlagern und offenlegen, hat jeder Zugriff darauf. Dies wirft ganz neue rechtliche Problemstellungen auf, die natürlich auf das reale Leben abfärben und damit auch dort nach der momentanen Gesetzeslage behandelt werden müssen. Leider ist die Rechtsprechung mit der neuen Technologie zum Teil überfordert, so dass wenig Rechtssicherheit besteht und manchmal skurrile Urteile gesprochen werden1. Es ist anzunehmen, dass es noch Jahre dauern wird, bis der rechtspolitische Klärungsprozess tragfähige Ergebnisse bringt.
Neue Geschäftsmodelle. Die Frage, wie man momentan mit Dienstleistungen im WWW Geld verdienen kann, ist nicht trivial: Die Basissoftware läuft zum großen Teil auf Open-Source-Technologie, die meisten Dienste werden kostenlos zur Verfügung gestellt und die Konkurrenz ist riesig. Keine guten Voraussetzungen also, um einen Mehrwert zu generieren. Doch es gibt durchaus Ideen, mit denen Unternehmen im Web 2.0 Profite machen, z. B. über Premiummitgliedschaften, Werbung oder Nischenprodukte (siehe Kapitel 3.2.3).
10. Eigene Web-2.0-Ästhetik. Mit dem Web 2.0 entwickelte sich ein ganz eigenes Look&Feel. Dieses ist sehr verspielt, farbenfroh und kennt im Prinzip keine strengen Gestaltungsregeln. Das zeigten schon die für das frühe Web 2.0 so typischen lustigen, vokalarmen, zum Teil lautmalerischen Titel an, die mit Punkten und Zahlen angereichert wurden – z. B. lib.rario.us, Voo2do und Qooxdoo (sprich »kuckst du«). Das Webdesign selbst zeichnete sich durch bunte, kontrastreiche Farben, Badges, Bänder, Schaltflächen, Farbverläufe, Schatten und Spiegeleffekte aus. Zudem nahm man nicht mehr die ganze Breite des Browserfensters in Anspruch, sondern stellte die Inhalte in die Mitte, so dass die Seiten stärker an Din-A4-Seiten im Hochformat erinnern.
Abb. 1.6: Chocri besitzt das typische Web-2.0-Look&Feel und ist ein Beispiel für die neuen Geschäftsmodelle im Social Web.
Die Webseite »Web 2.0 Name Generator«