Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Wulf Diepenbrock
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Abb. I-3 Fraktionen der organischen Bodensubstanz (Körschens et al. 1997)
Aus ackerbaulicher Sicht ist es sinnvoll, diese ausgesprochen heterogene Materie in verschiedene Fraktionen zu untergliedern. Dabei ist zunächst zwischen organischer Primärsubstanz (z. B. frische Ernte - und Wurzelrückstände, organische Dünger) und organischer Substanz des Bodens (bereits umgewandelte Substanzen) zu unterscheiden. Aus den Ab- und Umbauprozessen ergeben sich einerseits Stoffe, die weiter abbaubar sind (umsetzbare organische Substanz, auch Nährhumus) und solche, die mit dem Ton stabile Komplexe eingehen und nicht weiter abgebaut werden (inerte organische Substanz, auch Dauerhumus). Bei der umsetzbaren organischen Substanz ist noch einmal zwischen einer aktiven, also rasch mineralisierbaren, und einer stabilisierten Fraktion zu unterscheiden (Abb. I-3).
Für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit ist die ausreichende Reproduktion der organischen Bodensubstanz eine der wichtigsten Voraussetzungen.
Deswegen ist es erforderlich, die im Zuge der Bodennutzung zu erwartende Entwicklung abzuschätzen, die sich aus Abbau und Zufuhr organischer Substanz ergibt. Diesem Zweck dienen Bilanzrechnungen. Hierbei ist davon auszugehen, dass der Anbau bestimmter Nutzpflanzenarten zu einem Nettoverlust an organischer Bodensubstanz führt (Humuszehrer). Dies ist dann der Fall, wenn die mikrobielle Abbaurate größer ist als der Anfall organischer Primärsubstanz aus Ernte- und Wurzelresten, wie z. B. bei Hackfrüchten (Kartoffeln, Rüben, Gemüsearten). In anderen Fällen wächst der Gehalt an organischer Substanz durch eine große Hinterlassenschaft an Wurzelrückständen (z. B. mehrjährige Futterpflanzen). Tabelle I-8 enthält Richtwerte für die anbauspezifische Veränderung der Humusvorräte von Böden in Humusäquivalenten. Sie werden in kg Humus-C je ha und Jahr angegeben. Negative Werte bedeuten Nettoverbrauch, positive hingegen Anreicherung an organischer Bodensubstanz.
Tab. I-8. Richtwerte für fruchtartspezifischen Humusreproduktionsbedarf bzw. Humusreproduktionsleistung in Humusäquivalenten (Häq) je ha und Jahr (n. VDLUFA 2014) | ||||
Fruchtarten | Humusreproduktionsbedarf (Häq ha-1 a-1) | |||
Untere Wertea | Mittlere Werte | Obere Werteb | ||
Zucker- und Futterrübe 1 | 760 | 1300 | 1840 | |
Kartoffeln | 760 | 1000 | 1240 | |
Mais | 560 | 800 | 1040 | |
Getreide, Ölfrüchte 2 | 280 | 400 | 520 | |
Humusreproduktionsleistung (Häq ha-1 a-1) | ||||
Niedriges Ertragsniveau | Hohes Ertragsniveau | |||
Körnerleguminosen | 160 | |||
Mehrjährige Futterpflanzen3 | 600 | 800 | ||
Stoppelfrüchte | 100 | |||
Winterzwischenfrüchte | 140 | |||
Untersaaten | 250 | |||
1ohne Rübenblatt; 2 ohne Stroh; 3 je HauptnutzungsjahraEmpfehlung für ertragsschwache Standorte; bEmpfehlung für Böden in schlechtem Kulturzustand (z.B. Rekultivierungsflächen) und Anbausysteme mit hohem Humusbedarf ohne mineralische N-Düngung (z.B. Ökologischer Landbau bei hohem Ertragsniveau) |
Ganz wesentliche Quellen organischer Primärsubstanz sind die organischen Düngestoffe. Sie unterscheiden sich in ihrer Reproduktionswirksamkeit allerdings erheblich, weshalb auch dafür Richtwerte ermittelt worden sind. In Abhängigkeit vom Trockensubstanzgehalt des jeweiligen Düngers werden mehr oder weniger hohe Beiträge zur Humusreproduktion erreicht. Für Getreidestroh ist von 80 bis 100 kg ha-1 Humus-C je Tonne Substrat auszugehen. Bei Gründüngung oder Rübenblatt mit geringen Trockensubstanzgehalten liegt dieser Wert hingegen nur bei 8 kg Humus-C je Tonne. Diese Richtwerte dienen zur Berechnung von Humusbilanzen, mit denen die mittelfristige Entwicklung der Gehalte an organischer Bodensubstanz abzuschätzen ist und haben somit grundlegende Bedeutung für die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit (Tab. I-9; vgl. hierzu Tab. I-30, S. 59).
Tab. I-9. Richtwerte für die Humusreproduktionsleistung organischer Materialien in Humusäquivalenten (Häq) je t Frischmasse (n. VDLUFA 2014) | ||
Organische Materialien | Trockensubstanz-gehalte (%) | Humusäquvalente Häq (t FM)-1 |
Stroh | 86 | 100 |
Gründüngung, Rübenblatt | 10 | 8 |
Stalldung, verrottet | 25 | 40 |
Gülle | 7 | 9 |
Klärschlamm | 25 | 20 |
Gärprodukte aus Biogasanlagen | 10 | 12 |
Die Bodenfruchtbarkeit ist ein vielgestaltiges Phänomen, dessen Betrachtung sich mit der Entwicklung des Ackerbaus gewandelt hat. Sie ist und bleibt aber unter allen Produktionsweisen stets die Grundlage für die Erzeugung von hochwertigen pflanzlichen Nahrungsmitteln, von Futter und Rohstoffen sowie in rasch zunehmendem Maße auch von Energie. Fruchtbare Böden sind somit eine strategische Ressource, welche für die weitere Entwicklung der menschlichen Zivilisation durch nichts ersetzbar ist. Ihrem Schutz vor Zerstörung durch Erosion und weiter fortschreitende Versiegelung muss daher auf allen Entscheidungsebenen höchste Priorität eingeräumt werden.
2.2Klima und Witterung
Das Klima eines Ortes wird durch den langjährigen statistischen Durchschnitt der Wetterbeobachtungen beschrieben. Dazu werden im Wechsel von Dezennien die jeweils letzten drei Jahrzehnte herangezogen und Mittelwerte für einzelne Parameter gebildet.
Das sind die Daten der jeweils gültigen Referenzperiode. In Tabelle I-10 ist beispielhaft die Entwicklung klimatologischer Referenzwerte für den Standort Berlin-Dahlem in den drei Perioden von 1961/1990 bis 1981/2010 angegeben. In der dargestellten Zeitspanne hat die Sonnenscheindauer um rund 100 Stunden pro Jahr zugenommen. Damit einher geht eine höhere Jahresmitteltemperatur von 0,6 °C, eine größere Verdunstungsrate von 41,4 mm pro Jahr und eine um 24 mm zugenommene negative klimatische Wasserbilanz. Diese Daten deuten darauf hin, dass sich die klimatischen Bedingungen für den Ackerbau an diesem Standort verändern. Wenn diese als Klimawandel bezeichnete Entwicklung zukünftig weiter fortschreitet, gilt es rechtzeitig Strategien zu entwickeln, mit denen die Bodennutzung an die zu erwartenden veränderten Produktionsbedingungen angepasst werden kann.
Zwischen Klima und Vegetation besteht ein enger Zusammenhang, der besonders bei großräumiger Betrachtung augenfällig wird. Wichtige Hinweise darauf liefern phänologische Beobachtungen. In internationalen Netzwerken werden hierfür entsprechende Daten erhoben und übergreifend ausgewertet.
Tab. I-10. Entwicklung klimatologischer Referenzwerte am Standort Berlin-Dahlem, 1961–2010 (Chmielewski 2011) | ||||
Parameter | Maßeinheiten | Referenzperioden | ||
1961–1990 | 1971–2000 | 1981–2010 | ||
Mittlere Jahressumme der Globalstrahlung | MJ m-2 | 3377,1 | 3404,7 | 3561,5 |
Mittlere Summe der Sonnenscheindauer | Stunden | 1603,7 | 1654,3 | 1705,8 |
Jahresmittel der Lufttemperatur | °C | 9,3 | 9,6 | 9,9 |
Mittlere Jahresniederschlagshöhe | mm | 544,6 | 540,1 | 561,9 |
Mittlere Verdunstungshöhe (nach Haude) | mm | 655,9 | 672,1 | 697,3 |
Mittlere klimatische Wasserbilanz | mm | -111,3 | -132,0 | -135,4 |
Dazu zählen unter anderem die Blüte von Wild- und Kulturpflanzen (Hasel, Schneeglöckchen, Weide, Süßkirsche, Apfel, Flieder, Hollunder, Winterroggen, Linde, Herbstzeitlose), Laubentfaltung und Fruchtreife der Rosskastanie, Blüte von Roggen und Hafer, Laubverfärbung