Systemische Interventionen. Jochen Schweitzer

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Systemische Interventionen - Jochen Schweitzer

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soll nicht eingeladen werden (und warum nicht)? Soll die Teilnahme verbindlich oder freiwillig sein (und warum)?

      (3) Euphorie, Skepsis und Einladungspolitik: Mutmaßliche Haltung der Eingeladenen wie der nicht Eingeladenen zu der vorgesehen Beratung; Überprüfung, ob die vorgesehene Einladungspolitik sinnvoll erscheint?

      (4) Vorerfahrungen: Gibt es Vorerfahrungen mit Organisationsberatung? Als wie erfolgreich oder erfolglos werden diese erinnert? An welche davon sollte man anknüpfen, an welche nicht?

      (5) Ablauf: Welche Themen sollten in welcher Reihenfolge und in welcher Form behandelt werden? Welche Beratungsformen wären für die Eingeladenen »allzu langweilig«, welche »allzu experimentell«, welche »anregend« und welche »genau passend«?

      (6) Bilanz: Lohnt sich nach den Ergebnissen des Auftragsklärungsgespräches die vorgesehen Beratung überhaupt? Soll es bei dem Plan bleiben, oder haben sich andere, evtl. erfolgversprechendere Handlungsideen entwickelt? Wie sähen diese aus?

      3. Eventuell ist nun die geplante Beratung schon beendet, bevor sie anfing. Erscheint sie sinnvoll, dann entwickeln wir als Berater einen Ablaufplan, der Ziele, Themen, Arbeitsformen, Zeitplan und Ort der Beratung beschreibt. Je mehr und je beratungsunerfahrenere Teilnehmer, umso genauer beschreiben wir unseren Ablaufplan. Nach unserer Erfahrung reduziert diese Transparenz jenen Teil der allfälligen Befürchtungen, die mit der Unvorhersehbarkeit des Beratungsereignisses zusammenhängen.

      4. Diesen Ablaufplan senden oder mailen wir allen vorgesehenen Teilnehmern zu – mit der Bitte, uns noch vor der Veranstaltung eine Rückmeldung zu geben. Idealerweise holen wir uns diese Rückmeldung »persönlich« ab, z.B. als kurze Besucher einer routinemäßigen Abteilungskonferenz oder in einer kurzen Telefonkonferenz mit den Vertretern wichtiger Teilnehmergruppen (z.B. Betriebsrat, Außendienstmitarbeiter, Pflegedienst).

      Es empfiehlt sich, sich daran zu gewöhnen, regelmäßig die Arbeit an dem vereinbarten Contracting und den bislang erarbeiteten Zwischenergebnissen zu evaluieren. Hargens (2005) schlägt vor, etwa jede siebte Frage so zu formulieren: »Wenn wir so darüber reden und an Ihrem Anliegen arbeiten, kommen Sie dann Ihrem Ziel näher oder nicht?«

      Literatur zum Weiterlesen

      Schlippe, A. von (2003). Grundlagen systemischer Beratung. In: Zander, B. / Knorr, M. (Hg.). Systemische Arbeit in der Erziehungsberatung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 30-54

      Schweitzer, J. (1995). Kundenorientierung als systemische Dienstleistungsphilosophie. Familiendynamik 20 (3), 292-313

       Unfreiwilligkeit und Dreieckskontrakte

      Eng mit dem Thema »Auftragsklärung« ist das der Entwicklung eines Kontraktes verbunden. Kontrakte können formal und inhaltlich gestaltet werden und eine mehr oder weniger detaillierte Festlegung auf vereinbarte Ziele beinhalten. Einigkeit besteht darin, dass diese Ziele, auch wenn sie explizit formuliert worden sind, nicht so eng ausgelegt werden sollten, dass sie kein »Nachjustieren« mehr ermöglichen. Daher ist eigentlich das englische »Contracting« dem statischen Nomen »Kontrakt« vorzuziehen, da darin der Prozesscharakter deutlicher wird. Besonders bedeutsam sind in diesem Zusammenhang noch zwei Themen, die in Beratungen immer wieder thematisiert werden: Unfreiwilligkeit und Dreieckskontrakte.

      2.1 Systemisches Arbeiten im Kontext von Unfreiwilligkeit

      Nicht selten wird durch eine Klärung des Auftragskontextes deutlich, dass die direkten Gesprächspartner an dem Gespräch eigentlich gar nicht interessiert sind und nur kommen, weil sie »müssen« (Liechti 2009).

      Ein straffällig gewordener Mann kommt nur unter gerichtlicher Auflage zum Psychotherapeuten; ein Abteilungleiter besucht einen Coach, weil er ohne Verbesserung seiner Performance seinen Job zu verlieren droht; Eltern stimmen einer aufsuchenden Familientherapie zu, weil ihnen sonst das Sorgerecht entzogen wird. Hier ist die Fähigkeit besonders gefragt, mit den unfreiwilligen Gesprächspartnern eine Kooperationsbeziehung aufzubauen. Der Schlüssel liegt darin, Unfreiwilligkeit (Kooperationsverweigerung) als ein Lösungsverhalten anzusehen (Conen 1999, 2005). Das bedeutet die Bereitschaft, mögliche Bedeutungen unfreiwilligen Verhaltens zu verstehen und darin liegende Kooperationspotenziale zu erschließen. So kann unfreiwilliges Verhalten ein Hinweis darauf sein, dass die Problemdefinition einer dritten Person abgelehnt wird – und somit eine wichtige Ressource für die Identität des Betroffenen darstellen, in der Verweigerung liegt seine ganze Kraft und der Schlüssel zu seinem persönlichen Selbstwertgefühl. Wenn diese Qualitäten anerkannt und gewürdigt werden, kann das schon ein wichtiger Schritt in Richtung auf mehr Kooperation sein.

      Es ist daher wichtig zu vermeiden, in einen Machtkampf über die »richtige« Problemdefinition zu geraten. Stattdessen sollte untersucht werden, wie die konkrete Situation genutzt werden kann. In dem »unmöglichen Dreieck« zwischen einer Kontrollinstitution, die Druck oder gar Zwang ausübt, einem Klienten(system) der / das kein Problem benennt oder das Problem völlig anders verortet und einem / einer BeraterIn, der / die eine minimale Eigenmotivation als Grundlage der Kooperation erwartet, bietet sich ein Kooperationsangebot der folgenden Form an:

      Wie kann ich Ihnen helfen,

      – dass die anderen Sie in Ruhe lassen,

      – dass die anderen nicht mehr denken, dass Sie …

      – dass Sie mich so schnell wie möglich wieder loswerden?

      Ein Fragemuster wie das folgende könnte helfen, einem Kooperationskontrakt näher zu kommen:

      • Wessen Idee ist es, dass Sie hierher kommen?

      • Was veranlasst ihn / sie anzunehmen, dass Sie hierher kommen sollten?

      • Was möchte er oder sie, was hier geschehen soll? Wie erklärt er das Problem? (Problem- und Zieldefinition des Dritten)

      • Ist das etwas, was auch Sie wollen? Sind Sie damit einverstanden? Wenn ja, kann ein Kontrakt entwickelt werden.

      • Bei »nein« können verschiedene Fragebereiche wichtig sein, z.B.:

      – Was möchten Sie durch Ihr Kommen erreichen? (Es ist sinnvoll, davon auszugehen, dass bereits das Kommen ein Minimum an Kooperationsbereitschaft beinhaltet – und sei es, um den Dritten zufriedenzustellen.)

      – Wissen Sie, was der / die Dritte von Ihnen konkret an Veränderung möchte? (An dieser Stelle kann dann ggf. entschieden werden, zu einem Gespräch zu dritt einzuladen oder den / die KlientIn zu bitten, diese Frage mit dem Dritten abzuklären.)

      – Welche Konsequenzen entstehen, wenn Sie nicht zu den Sitzungen kommen? Was sind Sie bereit zu tun, um die Konsequenzen zu vermeiden? Wie kann ich dazu beitragen, dass Sie mich schnellstmöglich wieder loswerden?

      Wenn es nicht gelingt, zu einem Kooperationsansatz zu kommen, sollte nach einer Möglichkeit gesucht werden, das Verhalten des Gesprächspartners wertschätzend zu beschreiben, indem etwa die Bereitschaft betont wird, sehr viel zu investieren und auch zu riskieren, um aufrichtig zu bleiben und sich nicht verbiegen zu lassen. Das Gespräch kann beendet werden mit der Möglichkeit, sich wieder zu melden oder es sollten Bedingungen formuliert werden, unter denen der / die BeraterIn zu weiterer Kooperation bereit ist (Walter u. Peller 1994).

      2.2 Dreieckskontrakte

      Eng mit dem Thema Unfreiwilligkeit

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