Handbuch Bibeldidaktik. Группа авторов

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sein wie die südliche Levante und dabei insbesondere das Staatsgebiet Israels. Waren vor 30 Jahren die gängigen Lehrbücher zur Biblischen Archäologie noch nahezu ausschließlich auf die Bearbeitung und Bewertung der biblischen und außerbiblischen Texte ausgerichtet, so kann eine zeitgemäße Geschichte Israels diese Tradition heute nicht mehr aufnehmen. Inzwischen wurde erkannt, dass selbst die vertrauenswürdigsten historischen Quellen immer auch einseitig sind und eine gewisse Aussageabsicht haben, ganz abgesehen von der – eigentlich nicht neuen – Erkenntnis, dass viele biblische Texte mit einem mehr oder weniger großen Abstand zu den berichteten Ereignissen verfasst wurden. Die Archäologie bietet Relikte der realen Welt, mit deren Hilfe es möglich ist, ein Bild der realen Gegenwart einer bestimmten Zeit jenseits der Texte zu zeichnen. Allerdings ist auch die Interpretation archäologischer Quellen immer von der Sichtweise des Interpreten abhängig und damit alles andere als objektiv. Während in den letzten Jahren innerhalb der historischen Forschung zum Alten und Neuen Testament die Interpretationen einiger weniger archäologischer Forscher stark im Mittelpunkt standen, zeigt die Diskussion doch zunehmend, dass auch andere Sichtweisen möglich sind und einige Befunde noch einmal kritisch überdacht werden müssen.

      Forschungsfelder der vergangenen Jahre

      Zentrale Bedeutung hat in den letzten beiden Jahrzehnten die Biblische Archäologie bei der Rekonstruktion der sog. Landnahme Israels gespielt. Die biblischen Quellen, insbesondere das Josuabuch, haben einen Abstand von mindestens 500 Jahren zu den berichteten Ereignissen und können heute nicht mehr als historisch zuverlässige Quelle angesehen werden. Mit Hilfe der Archäologie gelang es zu zeigen, dass ein Großteil des späteren Israel aus den Bewohnern des Landes gebildet wurde. Die sog. Landnahmezeit ist nicht als eine Epoche zu verstehen, in der ein aus Ägypten ausgewandertes Volk in das Gebiet Palästinas kriegerisch eindringt, die ansässige Bevölkerung komplett beseitigt und einen neuen Staat bildet. Vielmehr ergaben sich um 1200 v. Chr. starke gesellschaftliche Umschichtungsprozesse, bedingt durch klimatische und politische Veränderungen. Diese führten dazu, dass die bis dahin dominanten Stadtstaaten zusammenbrachen und weitgehend verlassen wurden. Die Menschen, die in den Städten keine ausreichende Lebensgrundlage mehr finden konnten, gründeten kleine und kleinste Siedlungen im Bergland, aus denen sich dann allmählich Clans und schließlich die Stämme entwickelten. Die aktuelle Forschung verlagert sich sehr stark auf die persische und hellenistische Zeit (539–333 bzw. 333–40/37 v. Chr.) – bislang von der Geschichtswissenschaft stark vernachlässigte Perioden.

      Auch im Bereich der Religionswissenschaft haben sich durch die archäologischen Untersuchungen viele neue Erkenntnisse ergeben. Schwerpunkt der Diskussion war hierbei die Frage nach einer Partnerin Jahwes, da an zwei Orten aus dem 9. und 8. Jh. v. Chr. Inschriften gefunden wurden, die Aschera als Göttin |48|an der Seite Jahwes erwähnen. Dies hat das traditionelle Bild der Religionsgeschichte völlig auf den Kopf gestellt – mit erheblichen Auswirkungen auch auf die Theologie des AT. Hinzu kamen Aufarbeitungen des ikonographischen Materials Palästinas, das neue Einsichten in die Religionsgeschichte und Theologie erbrachte.

      Insbesondere im deutschsprachigen Kontext wurden mehrere wichtige Kartenwerke zur historischen Topographie vorgelegt. Damit ist es heute auch möglich, in Verbindung mit der Geschichtswissenschaft die historische Entwicklung einzelner Regionen wesentlich besser aufzuzeigen.

      Biblische Archäologie im Religionsunterricht

      Verwertbarkeit von archäologischen Funden für den Unterricht

      Archäologische Funde können jedoch nicht unreflektiert eingesetzt werden für die Illustration eines Unterrichtswerkes oder für die Gestaltung einer Unterrichtsstunde. Das reine Artefakt bietet viele Informationen nicht, die aber für die Umsetzung im Unterricht notwendig sind. Pfeilerfigurinen, wie sie inzwischen mit weit über 1000 Exemplaren aus dem 8. und 7. Jh. v. Chr. in Juda vorhanden sind, geben keine Auskunft, ob diese nackten Frauenfigurinen Beleg für einen ausgeprägten heidnischen Kult, für eine Integration einer weiblichen Göttin in den Jahwekult oder aber für eine polytheistische Religion sind. Die Benutzung einer solchen Figurine setzt die Auseinandersetzung mit den gängigen religionsgeschichtlichen Theorien voraus. Andererseits ist ein Mauerzug, der von Archäologen der Zeit der Omriden (9. Jh. v. Chr.) zugeschrieben wird, in einem Religionsbuch eigentlich ohne jegliche Bedeutung. Wird ein solches Bild von den Verfassern des Unterrichtswerkes eingesetzt, kann es eigentlich nicht mehr aussagen als die Tatsache, dass es auch außerbiblische Beweise gibt, die die Existenz |49|des 9. Jh.s v. Chr. (und noch nicht einmal die Existenz von Omri und seinen Nachfolgern) nachweisen. Archäologie wird nur dann aussagekräftig, wenn sie entsprechend aufgearbeitet wird. Dieselbe Mauer als Teil einer Rekonstruktionszeichnung des Palastes Omris in Samaria, verbunden mit den Nachweisen für eine intensive Verwaltungstätigkeit im 9. Jh. v. Chr., belegt durch die zahlreichen Verwaltungstexte von diesem Ort und den Nachweis von Schreiberkammern im Palastbereich, und verbunden mit den zahlreichen Elfenbeinfunden an diesem Ort, kann die Zeit der Omriden verständlich machen. An dem genannten Beispiel kann exemplarisch aufgezeigt werden, dass mit der Zeit der Omriden eine völlig neue, stark auf Verwaltung basierende und durch mächtige Bauten und deren luxuriöse Ausgestaltung manifestierte Herrschaftsform auftrat, die man in dieser Ausprägung aus der Zeit Davids oder Salomos etwa noch nicht kannte. So wird, indem man archäologische Fakten als Grundlage nimmt, nicht nur die geschichtliche Entwicklung einer Epoche anschaulicher und einprägsamer. Auch biblische Texte können auf diese Weise anschaulicher vorgestellt werden. Das Interesse etwa des Königshauses am Erwerb von Grundstücken in unmittelbarer Palastnähe, wie es die Grundlage für 1 Kön 211 Kön 21 bildet, kann damit verständlich aufgezeigt werden, aber auch die prophetische Kritik an dem Luxus des Königshauses (z.B. Am 3,15Am 3,15).

      Methodische Schwierigkeiten und Chancen

      Ein methodisches Problem dabei ist jedoch, dass die in den Lehrplänen angesprochenen Themenfelder eine in der Regel völlig andere Zugangsweise voraussetzen als es die archäologische Forschung macht. Die Lehrpläne orientieren sich an bestimmten Themenfeldern, die nach Ansicht von Religionslehrern elementar bedeutsam sind für ein „Grundwissen Christentum“. Das Thema „Religiöse Gruppen zur Zeit Jesu“, bei dem auf Pharisäer, Sadduzäer, Essener etc. eingegangen werden soll, lässt sich nicht ohne Weiteres mit archäologischen Artefakten beschreiben, obwohl für diese Zeit viele Artefakte zur Verfügung stehen. Die Qumran-Handschriften können inzwischen nicht mehr problemlos mit den Essenern verbunden werden. Pharisäer und Sadduzäer dürften vielfach dieselben Gerätschaften im Alltagsleben verwendet haben usw. Mit Hilfe der Archäologie ließe sich sehr schön der Alltag in neutestamentlicher Zeit illustrieren, aber die Funde sind nicht unmittelbar übertragbar auf die typischen Themenstellungen der Lehrpläne. Dies erfordert entweder einen viel weiteren Zugang zu der Themenstellung, was häufig aus Zeitproblemen im Unterricht nicht realisierbar ist, oder aber ein bewusstes Abweichen von den Lehrplänen mit einer Neuakzentuierung.

      Außerschulische Lernorte, wie z.B. das Bibeldorf Rietberg oder das Bibelmuseum Frankfurt, können hingegen handlungsorientiert die Einsichten der biblischen Archäologie nahebringen und ermöglichen gerade so das kritische Gespräch mit Schülerinnen und Schülern über die Chancen und Grenzen archäologischer Arbeit.

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