Bildethik. Christian Schicha

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Bildethik - Christian Schicha

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können bildgebende Verfahren der Magnetresonanztomographie Aufnahmen aus Körpern des Menschen zeigen, die die Basis bei der Entscheidung ärztlicher Behandlungen schaffen.

      „Fotografien werden während des gesamten Lebenslaufs und von allen Lebenslagen gemacht, von der pränatalen Ultraschallaufnahme des Fötus bis zum Foto eines Verstorbenen auf dem Totenbett, von der Mikroaufnahme einer Körperzelle bis zum Blick in fremde Galaxien des Weltraumteleskops Hubble, von der Fotografie der Freizeitaktivitäten bis hin zum Foto politisch-diplomatischer Geheimverhandlungen. Fotografie ist fester Bestandteil sowohl der Kunst als auch der populären Kultur und des Alltags geworden.“ (Pilarczyk/Mietzner 2005, S. 14)

      Bilder können als Belege für einen Sachverhalt oder als Kunstwerke und historische Quellen in Erscheinung treten. Sie können als bemalte, gezeichnete, gestochene und belichtete Fläche auftreten und als grafische Sonderform wie der Karikatur, dem Plakat und dem Comic zur Darstellung gelangen.

      Bilder dokumentieren Sachverhalte in Form von Ereignissen, Personen, Gegenständen und Landschaften aus unterschiedlichen Perspektiven. Sie zeigen ideal typischerweise, was der Fall ist. Gleichwohl verzerren sie die Proportionalität und reduzieren durch ihre Größe in der Regel den Ausschnitt, der aufgenommen worden ist. So ist üblicherweise das aufgenommene Foto kleiner als das eigentliche Motiv. Der umgekehrte Fall tritt bei Aufnahmen einer Zelle oder von Bakterien und Teilchen auf. Dann eröffnet das Foto eine Fülle von Details und zeigt etwas, das mit dem menschlichen Auge nicht wahrgenommen werden kann.

      Durch die Fotografie werden flüchtige Augenblicke eingefangen und dokumentiert, die über Sprachgrenzen hinweg einen spezifischen Sinn produzieren können (vgl. Pandel 2008). Die Grenzen der eigenen Wahrnehmung können durch visuelle Aufnahmen erweitert werden: „Bilder berichten von lebenden Zellen, von fernen Galaxien, von genetischen Codes, von physikalischen Schaltungszuständen.“ (Faßler 2002, S. 10)

      Durch die Betrachtung eines Bildes kann ein Zugang zu Sachverhalten erlangt werden, die sich der unmittelbaren Anschauung entziehen. „Ein Bild ist ein Ort der Repräsentation, d.h. ein Bild vergegenwärtigt durch die Mittel der visuellen Darstellung ein an sich abwesendes Phänomen.“ (Borstnar/Pabst/Wulff 2008, S. 97) Honnef (2013, S. 11) weist zusätzlich auf den Vergangenheitsbezug der Bildentstehung hin:

      „Was ein fotografisches Bild tatsächlich dokumentiert, ist ein Augenblick, der immer schon gewesen ist. Die Präsenz der Vergangenheit. Alles andere ist Erscheinung. Der Zeitpfeil der Fotografie zieht unumkehrbar nach rückwärts.“

      Erfahrungen vergangenen Momente werden festgehalten und erhalten durch eine Aufnahme eine Form und eine Gestalt (vgl. Sontag 2019).

      2.5 Bildverarbeitung

      Bilder werden mit der klassischen Medienberichterstattung in Verbindung gebracht, die primär dokumentarischen Zwecken dient und dadurch ein Angebot an die Rezipienten macht, die Aufnahmen den individuellen Bedürfnissen folgend sinnvoll zu verwerten.

      „Bilder, vor allem Fotografien und Fernsehbilder, verfügen gegenüber anderen Medien über gewichtete Vorteile, die einen Teil ihrer Macht begründen. Zunächst lässt sich mit ihnen schnell und effektiv Aufmerksamkeit erzielen, ein in moderner Gesellschaft knappes und daher wertvolles Gut. Für viele Menschen haben Bilder darüber hinaus eine natürliche Autorität und genießen daher größeres Vertrauen, sie scheinen die Realität objektiv und authentisch, nach einer naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeit abzubilden.“ (Paul 2009a, S. 88)

      Jeder Mensch trägt seine eigenen Bilder im Kopf, da er individuelle Eindrücke und Erfahrungen gemacht, erinnert und verarbeitet hat. Gleichwohl sind bedeutende historische, sportliche, wirtschaftliche, kulturelle, technische und politische Ereignisse sowie Milieustudien in Form von Fotos, Fernsehbildern, Illustrationen und Gemälden im kollektiven Bildgedächtnis einer Gesellschaft als Erinnerungsorte haften geblieben sind (vgl. Becher 2001). Derartige Aufnahmen zeigen Triumphe und Katastrophen sowie Momente der Freude und der Trauer. Schönes und Schreckliches wird in Bildern inszeniert, arrangiert, bearbeitet und gefälscht.

      Dabei ist zwischen Aufnahmen zu differenzieren, die über die analogen und digitalen Medienkanäle im Rahmen der Berichterstattung vermittelt werden und persönliche Bilder, die eigenständig erstellt werden. Besonders beliebt sind Privat- und Familienaufnahmen, die eine Gegenwart einfangen, die nach der Aufnahme direkt zur Vergangenheit gehören:

      „So erlaubt uns das Familienalbum mit den Familienschnappschüssen viele Zeitreisen. Manche Motive ändern sich nie. Familienfeiern, Freunde, Hochzeiten, Babys, Haustiere, Häuser, Gärten, Urlaub, Reisen, Weihnachten, verlängerte sonnige Wochenenden, überraschender Schneefall, Teilnahme an nationalen Ereignissen.“ (Roberts 2001, S. 106)

      Grundlegend ist zu differenzieren zwischen dem gesellschaftlichen und privaten Bildgedächtnis sowie deren potenziellen Vermengung durch das Verschieben der Grenzen von Privatheit und Öffentlichkeit.

      Im privaten Kontext kann eine „Kultur der Grosszügigkeit“ (Simon 2014, S. 13) leichtsinnig werden, sofern Menschen im Umgang mit eigenen Bildern teilweise unbedarft agieren. In diesem Zusammenhang wird auf die Konzeption des Privacy-Paradoxons hingewiesen, das besagt, dass Personen persönliche Informationen teilen, obwohl sie sich zugleich Sorgen um den Erhalt ihrer Privatsphäre machen (vgl. Grimm/Krah 2016, Grimm/Keber/Zöllner 2019). Derartige Verhaltensweisen finden statt, wenn Eltern Aufnahmen ihrer Kinder ins Netz stellen, ohne zu reflektieren, ob diese damit langfristig einverstanden sind. Zudem sollte bedacht werden, dass eingestellte Bilder im Internet kaum depubliziert werden können. Bereits gelöschte Aufnahmen können wiederhergestellt werden, sofern Spuren im Netz erhalten bleiben (vgl. Zöllner 2017).

      Insgesamt lässt sich konstatieren, dass Bilder nicht nur eine hohe Relevanz für Kommunikations- und Erinnerungsprozesse sowie deren Folgen besitzen, sondern sogar einen Ikonenstatus erreichen können.

      2.6 Bildikonen

      Spektakuläre und unterhaltsame Bilder verfügen bei der Aufnahme und Wahrnehmung der Rezipienten über einen Aufmerksamkeitsvorsprung gegenüber verbalen Informationen und den konventionellen Bildritualen, um eine Themenkarriere zu machen. Es haben sich Bilder im Kopf (Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 2009) im kollektiven Gedächtnis eingeprägt, die zentrale politische und historische Ereignisse dokumentieren und einen Ikonenstatus erlangen können. Dazu gehören Bilder von Terroranschlägen wie am 11. September 2001 in den USA ebenso wie Bilder von entführten Personen wie dem damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer von 1977 oder Fotos von Verstorbenen wie dem Studenten Benno Ohnesorg von 1967 oder dem geflüchteten Kind Aylan Kurdi, dessen Leiche 2015 an den Strand von Bodrum angespült worden ist. Die erste Mondlandung von 1969 ist ebenso präsent wie das Bild des ostdeutschen Grenzsoldaten, der 1961 über den Stacheldraht der innerdeutschen Grenze sprang und dabei sein Gewehr weggeworfen hat.

      Sogenannte Photo-Icons konzentrieren sich auf „Schlüsselbilder aus der Geschichte des Mediums, die bezogen auf Technik, Ästhetik oder sozialen Gebrauch die konventionelle Fotografie ‚vorangetrieben‘ haben“ (Koetzle 2005, S. 7). Hier finden sich Fotos von berühmten Schauspielern und Popstars, Bilder von Kriegen und Katastrophen, historische und politische Aufnahmen sowie Dokumente der Fotokunst (Koetzle 2012). Einige Bilder sind zu Ikonen geworden (vgl. Paul 2008). Sie haben einen Platz im kollektiven Gedächtnis ihrer Betrachter bekommen. Dabei handelt es sich nicht um Heiligenbilder der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, sondern auch um Aufnahmen von Persönlichkeiten

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