Bildethik. Christian Schicha
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Bilder können im Rahmen der Emotionalisierungsfunktion Gefühle und Stimmungen eindringlich produzieren.
Bilder in repräsentativer Funktion besitzen einen Bezug zu den Inhalten von Texten. Sie bilden Hauptpersonen und Objekte ab, die im Text eine zentrale Rolle übernehmen und akzentuieren damit durch Hervorhebung die relevanten Personen.
Doelker (1997) und Glaab (2003) verweisen auf zusätzliche funktionale Bedeutungen von Bildern:
Spurbilder besitzen eine registrative Funktion. So steht die Abbildung von Rauch für ein Feuer, das visuell nicht als eigentliches Ereignis in Erscheinung tritt. Die Fotografie fungiert hier als Verweis auf einen weitergehenden Zusammenhang.
Abbilder, Schaubilder und Phantasiebilder verfügen über eine mimetische Funktion im Verständnis einer Nachahmung. So werden Gerichtszeichnungen zu Illustrationszwecken genutzt, wenn das Fotografieren nicht gestattet ist. Weiterhin können Schaubilder in Form wissenschaftlicher Visualisierungen entsprechend eingesetzt werden.
Surrogatbilder generieren eine simulative Funktion. Sie dienen der Nachbildung. Dazu gehören Höhlenbilder ebenso wie Standbilder von Herrschern und Abbilder von Produkten auf Verpackungen.
Schaubilder verfügen über eine explikative Funktion. Derartige Darstellungen können z. B. die Struktur eines Moleküls anschaulich erklären und verdeutlichen.
Phantasiebilder haben durch ihre diegetische Funktion als Erzählung keinen unmittelbaren Bezug zur Wirklichkeit, sondern liefern künstlerische Formen, die über reale Erscheinungen hinausgehen. Hierzu zählen Bilder von Comics über den Fotoroman bis hin zum Animationsfilm.
Pushbilder besitzen eine appellative Funktion. Sie verfolgen die Absicht, Emotionen zu schaffen und spezifische Handlungen auszulösen. Bilder von hungernden Menschen oder Opfern von Naturkatastrophen können dazu führen, dass die Spendenbereitschaft der Betrachter wächst, um zu helfen (vgl. Knüpfer/Fischer/Vüllers 2005).
Füllbilder umfassen eine phatische Funktion. Es geht darum, Verbindungen herzustellen. Dies kann durch eine spezifische Farbgestaltung oder ein Logo in Form einer Buchstabenkombination sowie einer Illustration bewerkstelligt werden.
Clipbilder übernehmen eine ontische Funktion. Hierbei werden künstlerische Visualisierungsformen eingesetzt, die keinen unmittelbaren Bezug zum eigentlichen Gegenstand haben müssen. So werden in Musikvideos und Videoclips Bildelemente eingesetzt, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem Song stehen. Es geht primär um eine ästhetisch ansprechende Wirkung. Das Bild dient hier primär der Formgebung (vgl. Weiß 2007).
Wirkbilder generieren eine energetische Funktion. Hierbei kommt es darauf an, bei den Rezipienten als Impuls durch die Farbgestaltung eine positive Wirkung im Rahmen einer Therapie zu erreichen. Überspitzt formuliert übt das Bild eine positive oder negative Macht auf den Betrachter aus. Im negativen Fall können Aggressionen erzeugt werden.
Nachfolgend werden die zuletzt skizzierten Bildfunktionen in dem folgenden Schaubild noch einmal zusammengefasst:
Bildfunktionen in Anlehnung an Doelker 1997
2.8 Bildtypen
Der Journalismus lebt im Rahmen der Berichterstattung vom Verkauf der Medienprodukte, den Klicks der Internetnutzer und der „Einschaltquotenmentalität“ (Bourdieu 1998, S. 36.) im Fernsehen. Massenmedien müssen im Rahmen ihrer Berichterstattung neben den für die Rezipienten vorherrschenden Relevanzstrukturen, Bedürfnissen und Wunschvorstellungen zusätzlich die Sehgewohnheiten diverser Publika beachten, um auf dem Medienmarkt bestehen zu können. Dabei werden Bilder so ausgewählt und eingesetzt, dass sie das Interesse und die Aufmerksamkeit der Rezipienten durch die Verwendung unterschiedlicher Bildtypen erreichen. Durch die Aufnahme von Bildeindrücken lässt sich insgesamt eine hohe Aufmerksamkeit generieren. Diese werden ohne große mentale Anstrengungen aufgenommen und verarbeitet. Sie besitzen zusätzlich einen hohen Wiedererkennungswert (vgl. Geise 2011). Gleichwohl können dadurch weitergehende Zusammenhänge zum Gesamtverständnis nicht erfasst werden. Dafür sind weitergehende Informationen erforderlich.
Im Rahmen einer eigenen Untersuchung (Meyer/Ontrup/Schicha 2000a) sind eine Reihe von empirisch anzutreffenden Bildtypen aus der politischen Medienberichterstattung skizziert worden, die im Folgenden in einer überarbeiteten und ergänzten Form noch einmal dargestellt und eingeordnet werden.
Das Erläuterungsbild übernimmt eine unterstützende Funktion gegenüber der verbalen Information, indem es einen Zusammenhang, über den im Text gesprochen wird, visuell verständlich macht. Dabei antwortet es auf Fragen der Zusammenhänge. Die primäre Funktion ist also die didaktische Form der Verständnissicherung. Bilder dieser Art beruhen auf Diagrammen und Trickgrafiken, z. B. bei der Wetterkarte im Fernsehen.
Das Demonstrationsbild ist dem Erläuterungsbild zwar eng verwandt, unterscheidet sich aber dadurch von ihm, dass wesentlich neue Informationen auf der Bildseite liegen, bzw. der Inhalt des Bildes als noch nicht bekannt vorausgesetzt wird. Es antwortet auf die Frage nach der konkreten Ausgestaltung. Dabei handelt es sich vorzugsweise um Realbilder in einem mehr oder weniger illustrativen Verhältnis zum Text. Es geht darum zu zeigen, worüber im Text gesprochen wird.
Unter die Kategorie des Darstellungsbildes fallen in dieser Perspektive stereotypisierte Schnittmusterszenen, die jeder Nachrichtenzuschauer seit Jahrzehnten kennt: Politiker be- oder entsteigen Limousinen oder Flugzeugen, unterzeichnen Verträge, schütteln Hände usw. Politiker sehen sich dabei gerne als Erlöser, indem sie durch eine symbolische Scheinhandlung den Eindruck suggerieren, dass sich die Probleme durch ihren Auftritt tatsächlich lösen ließen. So sollte der Besuch von Bill Clinton bei den amerikanischen Soldaten in Deutschland während des Kosovokrieges die Solidarität des amerikanischen Volkes symbolisieren. Als optisches Signal trug der Präsident eine Bomberjacke, um die Verbundenheit mit der Armee zum Ausdruck zu bringen. Entsprechende Kostümierungen haben die amerikanischen Präsidenten George W. Bush und Donald Trump ebenfalls getragen.
Vom bloßen Darstellungsbild ist das Relationsbild zu unterscheiden, das eine bestimmte Beziehung ausdrückt und dabei erst durch den Zusammenhang mit dem verbalen Text verständlich wird. Die Bilder von Helmut Kohl und Michail Gorbatschow im Juli 1990 beim Spaziergang in Alltagskleidung haben nicht einfach nur zwei hemdsärmelige Herren beim Spaziergang gezeigt, sondern sind zum Symbol für die deutsch-sowjetische Verständigung im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung geworden. Derartige, angeblich private, Treffen gehören inzwischen bereits zum Standardprogramm von Begegnungen, bei denen sich Regierungschefs in einer für die Medien inszenierten betont lockeren Form treffen, bei der dann z. B. auf das Tragen von Krawatten verzichtet wird.
Das Aktionsbild ist umrissen durch ein bestimmtes Milieu, eine bestimmte Situation, aus der eine Handlung hervorgeht, die wiederum die Situation modifiziert. Aktionsbetonte Bilder zeigen einen emotionell interessanten Übergang durch die plötzliche und aktionsreiche Veränderung einer Situation. In diesem Sinne ist das Aktionsbild Teil einer Handlungsfolge, einer Kausalkette mit einer zugrunde liegenden Ursache und einer Folge. Der Dramatisierungseffekt besteht in der Steigerung des unmittelbaren Erlebens und in der Intensivierung des Eindrucks, ein bewegtes emotional interessantes Geschehen zu verfolgen wie Bernhardt und Liebhart (2020, S. 26) konstatieren: