Bildethik. Christian Schicha

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Bildethik - Christian Schicha

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      Es ist weiterhin untersagt, Bilder von Menschen zu publizieren, für die eine Fotoveröffentlichung eine Gefährdung für das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder das Eigentum bedeuten würden. Folgendes Beispiel nach einem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt fällt in diesen Bereich:

      „Das Porträtfoto des Vorstandvorsitzenden eines Chemiekonzerns darf nicht steckbriefartig auf einem Plakat mit dem Slogan ‚Alle reden vom Klima – wir ruinieren es – wiedergegeben werden.“ (Fricke 2010, S. 226)

      Das Urteil resultiert aus der Befürchtung, dass die Veröffentlichung dieses sogenannten Steckbriefes einen Gewaltakt gegen den Firmenchef zur Folge hätte haben können. Fahndungsfotos dürfen ohnehin nur von Behörden herausgegeben werden. Nur dann dürfen sie über die Medien verbreitet werden.

      Gesetzliche Fotografierverbote gelten insgesamt unter folgenden Umständen (vgl. Fricke 2010):

       Werbung ohne Einwilligung des Betroffenen,

       Diskreditierung durch Herabsetzung, Zurschaustellung, Verächtlichmachung und Anprangerung,

       Personengefährdung bei Polizisten, Geheimagenten, Detektiven und Sicherheitskräften,

       Verfolgungs- und Belagerungssituationen bei der Observation

       und bei Kriegsgefangenen, sofern die Gesichter identifiziert werden können.

      Während laufender Gerichtsverfahren darf in Deutschland nicht gefilmt werden. Notizen und Zeichnungen sind jedoch gestattet. Gesetzliche Fotografierverbote betreffen das Ablichten militärischer Anlagen und das Fotografieren aus dem Flugzeug und mit Drohnen, sofern es sich nicht um das eigene Grundstück handelt (vgl. Fricke 2010).

      Juristisch relevant können weiterhin staatliche Eingriffe sein, die Bürgerrechte missachten. Das Recht auf Privatheit sowie der Datenschutz und die Datensicherheit werden negativ tangiert, wenn Fotos von Geheimdiensten mit einer Gesichtserkennungssoftware überprüft werden, und dadurch Überwachung ermöglichen (vgl. Grimm/Keber/Zöllner 2019).

      Der Tod führt nicht automatisch dazu, dass Persönlichkeitsrechte enden. Aufgrund von postmortalen Persönlichkeitsrechten dürfen Bilder von Verstorbenen nur mit Einwilligung ihrer Angehörigen veröffentlicht werden. Ausnahmen kann es bei Personen der Zeitgeschichte aufgrund des öffentlichen Interesses geben. Identifizierbare Aufnahmen von Trauernden dürfen ebenfalls nur mit dem Einverständnis der Betroffenen publiziert werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Aufnahmen zu verpixeln, um eine Erkennbarkeit zu verhindern (vgl. Gulden 2020).

      Im Gegensatz zur Bildethik, auf die nachfolgend eingegangen wird, werden rechtliche Normen im Bildrecht politisch in Kraft gesetzt und bei Missachtung mit Strafen durch die Justiz sanktioniert.

      3.2 Bildethik

      „Erst der Umgang mit Bildern in der Praxis zwischenmenschlicher und massenmedialer Kommunikation bindet Bilder in normative Kontexte ein und stellt [...] Fragen nach dem richtigen Handeln mit Bildern, die in den Bereich der Bildethik fallen […]“ (Leifert 2007, S. 298).

      Die Ethik verfügt im Gegensatz zum Recht nicht über juristische Steuerungs- und Sanktionsmöglichkeiten, sondern setzt auf Reflexion und Sensibilisierung in Fällen der Verletzung gültiger Normen und Werte. Sie beschäftigt sich mit der Begründung von Handlungen und Unterlassungen (vgl. Birnbacher 1995) sowie der Entwicklung von Kriterien für moralisch angemessene Entscheidungen. Sie fordert die Rücksichtnahme auf Andere und kann somit Bedürfnisse und Freiheiten der agierenden Akteure einschränken. Dem Postulat des Universalismus zufolge sind ethische Grundsätze „für alle Menschen gleichermaßen verbindlich, unabhängig von Zeit, Ort oder besonderen Umständen“ (Hepfer 2008, S. 21).

      Die angewandte Ethik „hat es mit Konflikten zu tun“ (Knoepffler 2010, S. 261) und besitzt dem Verständnis des Philosophen Manfred Riedel (1979, S. 8) zufolge die Funktion einer „Krisenreflexion“. Es wird davon ausgegangen, dass die ethische Argumentation auf der Erfahrung basiert, „daß er auch immer um das ‚Übel‘ verfehlten Lebens, aber nicht verläßlich um das ‚Gute‘, um Bedingungen gelingender Lebensführung, weiß“ (Riedel 1979, S. 7f.).

      Es geht darum, moralisch fragwürdige Inhalte und Praktiken in realen sozialen Zusammenhängen zu identifizieren, einzuordnen und zu bewerten. In der Praxis- oder Bereichsethik finden sich zahlreiche Arbeitsfelder, in der normative Fragen reflektiert und diskutiert werden (vgl. Paganini 2020). Das Spektrum reicht von der medizinischen Ethik (vgl. Sass 1989) über die ökologische Ethik (vgl. Birnbacher 1986), Umweltethik (Ott 2010) und Klimaethik (Birnbacher 2016) bis hin zur Wirtschaftsethik (vgl. Lenk/Maring 1992).

      Die Bildethik als normative Disziplin der angewandten Moralphilosophie wird in der Regel der Oberkategorie der Medienethik zugeordnet, zu denen u.a. die Informationsethik (vgl. Bendel 2016), die Internetethik (Irrgang 2011) und die Maschinenethik (Misselhorn 2019) gehören. Bei Grimm, Keber und Zöllner (2019) wird die angewandte Ethik im Kontext der Neuen Medien als Digitale Ethik klassifiziert, bei der es um die normative Bewertung beim Einsatz von Algorithmen und Social Bots geht (vgl. Schicha 2018d und 2019b, Stalder 2019).

      Da sich die angewandte Ethik auf menschliche Aktivitäten bezieht, ist die Bildethik keine Ethik des Bildes, da es sich bei Bildern um Dinge handelt, die keine moralischen Rechten und Pflichten haben (vgl. Tappe 2016). Die Bildethik ist als Reflexions- und Steuerungsinstanz von den Entscheidungen der menschlichen Akteure abhängig, die Verantwortung tragen (vgl. Schicha/Brosda 2010, Schicha 2019b). Dabei geht es um die Prozesse der Erstellung (Produktion), der Bereitstellung (Distribution) und der Nutzung (Rezeption) von Bildinhalten (vgl. Funiok 2007).

      Die Bildethik agiert wie alle Formen der angewandten Ethik im Spannungsfeld zwischen Ideal- und Praxisnormen (vgl. Birnbacher 1988). Zu den Idealnormen gehören u.a.

       die Grundprinzipien informierter Einwilligung,

       die Freiwilligkeit,

       die informationelle Selbstbestimmung,

       die Beachtung des Persönlichkeits- und Datenschutzes

       sowie die Anonymität und Schadensvermeidung.

      Aus diesen Vorgaben sollen konkrete und praktikable Handlungsoptionen für die kommerzielle Medienpraxis abgeleitet werden, um auf gesellschaftlicher, institutioneller und individueller Akteursebene Orientierung zu geben (vgl. Schlütz/Mohring 2016). Es ist zu differenzieren zwischen der

       Individualebene der journalistischen Ethik, bei der der einzelne Fotograf ausschließlich für das veröffentlichte Bild verantwortlich ist.

       Auf der Professionsebene sollte das berufliche Verhalten durch die Entwicklung eines Berufsethos in Form von Ethikkodizes für den Journalismus berechenbar gestaltet werden.

       Die Organisationsebene beruft sich auf die Verantwortung der Medienunternehmen. Hierbei werden neben den Medienschaffenden zusätzlich die Besitzer und Betreiber von Massenmedien in den Verantwortungshorizont mit einbezogen.

       Zusätzlich werden die Mediennutzer auf der Publikumsebene im Verständnis einer Publikumsethik dafür verantwortlich gemacht, was sie kaufen, konsumieren und weiterverbreiten. Es geht hierbei um einen mündigen Nutzerkreis,

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