Bildethik. Christian Schicha
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Auf der Metaebene werden Prinzipien der Medien- und Bildethik diskutiert, die sich auf ethische Theorien beziehen und Begründungen für ein angemessenes Verhalten auf der Basis von Werten und Normen aufzeigen (vgl. Friedrichsen/Gertler 2011, Schicha 2019b).
Innerhalb bildethischer Bewertungen kommen moralische Urteile zur Anwendung. So wird diskutiert, welche Bilder nach welchen Kriterien überhaupt veröffentlicht werden dürfen. Hierbei spielt die Würde des (abgebildeten) Menschen, auf die im Artikel 1 des Deutschen Grundgesetzes explizit verwiesen wird, eine wichtige Rolle. Daran anknüpfend werden ethische Prinzipien berücksichtigt, die u.a. die Wahrheit und Selbstbestimmung tangieren (vgl. Knieper/Müller 2003, Schicha 2003 und 2013b, Godulla 2014, Krämer/Lobinger 2019). Grundsätzlich lässt sich konstatieren,
Den Ansatz einer Prinzipienethik verfolgen die Medizinethiker Beauchamp und Childress (1989). Wesentlicher Bestandteil der Alltagsmoral sind
der Respekt vor der Autonomie des Betroffenen,
die Schadensvermeidung
sowie Fürsorge und Gerechtigkeit.
Derartige Leitlinien sollen in den Prozess der ethischen Begründung und Entscheidungsfindung einbezogen werden. Die Prinzipien sind so gestaltet, dass sie in der konkreten Anwendung einen Freiraum für Abwägungen und Priorisierung einzelner Prinzipien hinsichtlich ihrer Gewichtung bieten. Es ist zu prüfen, ob diese Maßstäbe in einem konkreten Fall in Konflikt zueinanderstehen oder miteinander harmonieren. Sofern dieses Konzept auf den normativ angemessenen Umgang mit Bildern übertragen wird, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Veröffentlichung von Bildern gerechtfertigt werden kann. So ist zu diskutieren, ob eine individuelle Schädigung eines Einzelnen durch eine Abbildung, auf der er zu sehen ist, durch die Fürsorge im Verständnis einer Aufklärungspflicht gegenüber der Öffentlichkeit gerechtfertigt sein kann. Zentral ist weiterhin die Frage, ob Bilder denjenigen schaden, die abgebildet werden. Es geht darum, Hassbilder (Hornuff 2020) zu verhindern, die oftmals in Kombination mit Hasssprache als Instrument der Denunziation dienen sowie Abwertungs- und Ausgrenzungsmustern sowie Stereotypisierungen folgen.
Deontologische Ansätze einer Pflichtethik können den normativen Diskurs ebenfalls beeinflussen (vgl. Suda 2005). Hier kann z. B. diskutiert werden, ob es eine ethische Verpflichtung gibt, gesellschaftliche Missstände im Bild zu dokumentieren. Utilitaristische Ansätze einer zweckorientierten Ethik, die die Auffassung vertreten, dass der Gesamtnutzen aller Betroffenen maximiert werden soll, können ebenso in die Debatte eingehen, um Kriterien zu entwickeln, nach denen zu entscheiden ist, welche Bilder unter welchen Umständen gemacht werden dürfen und an welche Personen oder Gruppen sie weitergeleitet werden dürfen. Unter Rückgriff auf derartiger Theoriekonzepte kann die Bildethik neben dem Bildrecht einen konstruktiven Beitrag dazu leisten, richtige Entscheidungen nach einer gründlichen Analyse und Abwägung beim Umgang mit Bildern zu treffen.
3.3 Medienselbstkontrolle: Der Deutsche Presserat
Die Medienselbstkontrolle ist Teil der Medienregulierung und „existiert in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Prinzips der Staatsferne und der verfassungsrechtlich garantierten Medienfreiheiten“ (Stapf 2016, S. 96).
Der Deutsche Presserat (2000) ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien, wobei zusätzlich die Inhalte der journalistischen Onlineberichterstattung begutachtet werden. Zu den Trägern gehören gehören Verleger- und Journalistenorganisationen. Die Medienselbstkontrolle kann einen konstruktiven Beitrag leisten, Richtlinien für einen moralisch angemessenen Umgang mit Bildern zu entwickeln.
Ihre Aufgabe besteht darin, das Ansehen der Presse zu wahren und die Pressefreiheit zu schützen. Auf Basis der publizistischen Grundsätze (Pressekodex) werden Presseberichte bewertet und ggf. mit einem Hinweis oder einer Rüge sanktioniert. Hinsichtlich der Verwendung von Bildern sind folgende Ziffern des Pressekodex relevant:
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden. […]
RICHTLINIE 2.2 SYMBOLFOTO
Kann eine Illustration, insbesondere eine Fotografie, beim flüchtigen Lesen als dokumentarische Abbildung aufgefasst werden, obwohl es sich um ein Symbolfoto handelt, so ist eine entsprechende Klarstellung geboten. So sind Ersatz- oder Behelfsillustrationen (gleiches Motiv bei anderer Gelegenheit, anderes Motiv bei gleicher Gelegenheit etc.), symbolische Illustrationen (nachgestellte Szene, künstlich visualisierter Vorgang zum Text etc.), Fotomontagen oder sonstige Veränderung deutlich wahrnehmbar in Bildlegende bzw. Bezugstext als solche erkennbar zu machen. […]
Ziffer 4 GRENZEN DER RECHERCHE
Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationsmaterial und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden.
Ziffer 8 SCHUTZ DER PERSÖNLICHKEIT […]
RICHTLINIE 8.2 OPFERSCHUTZ
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.
Ziffer 9 SCHUTZ DER EHRE
Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.
Ziffer 11 SENSATIONSBERICHTERSTATTUNG, JUGENDSCHUTZ
Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse beachtet den Jugendschutz.
RICHTLINIE 11.1 UNANGEMESSENE DARSTELLUNG
Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. Bei der Platzierung bildlicher Darstellungen von Gewalttaten und Unglücksfällen auf Titelseiten beachtet die Presse die möglichen Wirkungen auf Kinder und Jugendliche.