Quantitative Methoden kompakt. Nicole Burzan

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Quantitative Methoden kompakt - Nicole Burzan страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Quantitative Methoden kompakt - Nicole Burzan

Скачать книгу

align="left">Anteil der deutschen Vornamen an der Gesamtmenge der VornamenVerwandtschaftsbeziehungenAnteil der Weitergabe der elterlichen Vornamen auf den Namen des Kindes an der Gesamtmenge der VornamenIndividualisierungHeterogenisierung, gemessen am Anteil unterschiedlicher Namen an der Gesamtzahl der NamenSchichtspezifikAnteil der Namen, die von allen Schichten vergeben wurden (ein zunehmender Anteil würde auf Entschichtung hinweisen). Schicht ist dabei operationalisiert als Berufe der Eltern2Globalisierung bzw. TransnationalisierungAnteil nicht christlicher und nicht deutscher Namen bzw. Anteil der Namen aus romanischem und angloamerikanischem Kulturkreis

      Im zweiten Teil der jeweiligen Prüfungen zieht Gerhards weitere Merkmale hinzu, die nun nicht mehr aus der eigenen Erhebung, sondern aus der Literatur entnommenen Daten stammen, z. B. der erwähnte Rückgang der in der Landwirtschaft Tätigen. Diese Merkmale dienen der (heuristischen) Erklärung, warum z. B. die Eltern ihre eigenen Vornamen ab einem bestimmten Zeitpunkt seltener an die Kinder weitergeben.

      Die Ergebnisdarstellung der Namensentwicklung erfolgt in erster Linie durch Kurvendiagramme wie dieses, teilweise auch weiter differenziert (z. B. eine Kurve pro Gemeinde) (siehe Abb. 2.1).

      Abb. 2.1: Enttraditionalisierung (Entwicklung des Anteils deutscher und christlicher Namen)

      Inhaltlich ergeben sich folgende Trends: Orientierungen an Traditionen auf der Basis von Religion, Staat und Verwandtschaft nehmen im Zeitverlauf ab. Dagegen spielt die Schichtzugehörigkeit weiterhin eine Rolle. Individualisierung gab es, doch ist sie bereits in den 1950er-Jahren abgeschlossen, was anderen theoretischen Ansätzen zu diesem Thema (z. B. Beck 1986) widerspricht. Man könnte hier weiter nachhaken: Vielleicht ist Heterogenität allein kein so guter Indikator. Oder hängt das Ende weiterer Heterogenisierung mit dem ebenfalls konstatierten zunehmenden Einfluss von Moden zusammen? Ohne näher auf die Inhalte von Individualisierung einzugehen, kann dieser Punkt hier nicht verfolgt werden, wichtig ist jedoch, dass die Leser aufgerufen sind, empirische Ergebnisse – ob sie plausibel erscheinen oder nicht – immer kritisch zu reflektieren. Zurück zu den Ergebnissen: Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es einen Anstieg der Namen aus einem anderen, insbesondere dem angloamerikanischen und romanischen Kulturkreis (übrigens auch in der DDR). Gerhards führt dies unter anderem auf den Einfluss des Fernsehens zurück. Als relativ wandlungsresistent erwiesen sich geschlechtsspezifische Unterschiede, etwa eine stärkere Traditionsgebundenheit bei Jungennamen. Als Erklärungsfaktoren für diese Entwicklungen nennt Gerhards unter anderem Veränderungen der Sozialstruktur (z. B. die Bildungsexpansion) und des politischen Systems.

      Zusammengefasst zeigt Gerhards die Prägung des »Mikrophänomens« Vornamensgebung durch kulturelle Orientierungen und ihren Wandel anhand verschiedener Indikatoren auf. Er beschreibt nicht allein den Wandel der Vornamen in verschiedenen Hinsichten, sondern verknüpft diesen auch mit »plausibilisierenden« Erklärungen. Es gibt die oben geschilderten Einschränkungen sowohl des Erklärungsanspruchs als auch bezüglich methodischer Details. Diese Grenzen der Reichweite werden teilweise selbstreflexiv in der Studie genannt, zum Teil sind die Leserinnen aufgefordert und durch die systematische Darstellung auch in der Lage, selbst über die Grenzen der Aussagekraft nachzudenken.

      Pierre Bourdieu hinterfragt die im Alltag geläufige Annahme, dass der Geschmack, z. B. bei der Kleidung, der Musik oder Möbeln, allein auf die individuellen Vorlieben zurückgeht und dass man mit seinem Geschmack einen ganz individuellen Lebensstil ausdrückt. Stattdessen geht er davon aus, dass die Klassenzugehörigkeit einen bestimmten Habitus, also eine Grundhaltung mit spezifischen Wahrnehmungsweisen und Handlungsmustern mit sich bringt, der wiederum auch den »individuellen« Geschmack prägt. Dies bedeutet nicht Determinismus, also dass etwa alle Angehörigen einer Klasse hundertprozentig übereinstimmende Vorlieben haben; der Habitus steckt eher einen typischen Rahmen ab. Diese Prägung muss den Einzelnen nicht bewusst sein, nichtsdestoweniger besteht dieser Zusammenhang – so die Theorie Bourdieus –, und somit ist der Einfluss sozialer Ungleichheiten auf alle Bereiche auch des Alltagslebens nach wie vor groß. Die »feinen Unterschiede« symbolisieren die »groben« sozialen Ungleichheiten. Dabei konzeptioniert Bourdieu die Klassenzugehörigkeit recht komplex, so spielen neben dem ökonomischen Kapital das kulturelle Kapital (Wissen, Bildungstitel, kulturelle Güter) sowie das soziale Kapital (die richtigen »connections«) eine wichtige Rolle. Die herrschenden Klassen haben dabei die Macht, ihre »Kultur« als die »legitime« zu definieren und sich durch ihren entsprechenden Lebensstil von den unteren Klassen abzugrenzen.

      Die Untersuchung hat den Anspruch, ein theoretisches Konzept (das an dieser Stelle nur höchst verkürzt dargestellt wird, vgl. ausführlicher z. B. Burzan 2011: Kap. 6) zur sozialen Ungleichheit vorzulegen, das einerseits den fortbestehenden Einfluss sozialer Klassen aufzeigt, andererseits aber auch soziale Entwicklungen der letzten Jahrzehnte berücksichtigt, die zu mehr Differenzierung und Wahlfreiheiten für die Einzelnen geführt haben. Zudem verknüpft das Konzept wiederum eine strukturelle Makro-Ebene (die sozialen Klassen) durch den Habitus mit der Mikro-Handlungsebene (Lebensstil und Geschmack). Dieses theoretische Konzept untermauert Bourdieu durch eine empirische Untersuchung mit Daten, die er bereits in den 1960er-Jahren in Frankreich erhoben hat.

      Dabei kommt ein Methodenmix zum Einsatz: Zum einen wurden nach einer Vorerhebung mittels Intensivinterviews und Beobachtungen mehr als 1000 Personen mit einem standardisierten Fragebogen befragt, zum anderen hatten die Interviewer auch die Aufgabe, bestimmte standardisierte Beobachtungen durchzuführen, und schließlich zog Bourdieu zahlreiche Daten zur Sekundäranalyse (die Nutzung bereits existierender Datensätze) heran.

      Im Einzelnen ging es in dem Fragebogen um Vorlieben bei der Wohnungseinrichtung, Kleidung, Musik, Küche, Lektüre, Film, Malerei, Radiosendungen etc. zur Erhebung des Lebensstils und Geschmacks, außerdem um Angaben zum Beruf, Einkommen und andere sozioökonomische und -demografische Angaben zur Erhebung der sozialen Position. Beispielsweise sollten die Befragten ihre Möbel einem Stil zuordnen (modern, antik oder rustikal) und Attribute für die Wunscheinrichtung vergeben (z. B. komfortabel oder pflegeleicht), ebenso dafür, wie sie sich am liebsten kleiden. Sie wurden dazu befragt, welche Art Bücher sie gern lesen bzw. welche Art Filme sie gern schauen, welche Filme aus einer Liste sie gesehen haben und welche Musikstücke sie kennen etc. Etwa die Hälfte der Befragten kam aus Paris, die andere aus der »Provinz«.

      Die Beobachtung umfasste die Dimensionen Wohnverhältnisse, Kleidung, Frisur und Sprache (der Befragten), z. B. »Schuhe von Frauen: mit hohen Absätzen, mit flachen Absätzen, Hausschuhe« (vgl. Kap. 4.4).

      Bei der Sekundäranalyse bezog Bourdieu sich unter anderem auf Daten des INSEE (»Institut national de la statistique et des études économiques«, es entspricht in etwa dem Statistischen Bundesamt) zu den Bereichen Haushaltseinkommen, Ausbildung und berufliche Qualifizierung, Lebensbedingungen und Verbrauch in Haushalten sowie Freizeitverhalten (eine Auflistung der Sekundärdaten befindet sich in Bourdieu 1982: Anhang II).

      Bei der Auswertung verwendete Bourdieu neben anderen Verfahren wie der Erstellung von Kreuztabellen eine Methode, die seitdem mit dieser Arbeit oft eng verknüpft wird: die Korrespondenzanalyse. Charakteristisch ist hier eine grafische Darstellung in Form eines Koordinatensystems, bei dem räumlich nah beieinander liegende Merkmale auch tatsächliche Ähnlichkeiten und Zusammenhänge symbolisieren (genauer zur Anwendung und Interpretation s. Blasius 2001, Blasius/Georg 1992). Am Beispiel der Nahrungsmittel ließ sich

Скачать книгу