Fälle zum Sozialrecht. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fälle zum Sozialrecht - Группа авторов страница 6

Fälle zum Sozialrecht - Группа авторов

Скачать книгу

Lebensgefahr, um den Ausnahmefall eines unmittelbaren verfassungsrechtlichen Leistungsanspruchs zu rechtfertigen.

      [23]Prof. Dr. Corinna Grühn

      Fall 2: Späte Eheschließung

      Themenbereich: Gesetzliche Rentenversicherung, SGB VI, SGB I

      A. Ausgangsfall

      Die 63-jährige Alma (A) ist Witwe des am 8.10. diesen Jahres verstorbenen Boris (B). A und B haben seit 1985 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haus zusammengelebt, jedoch erst am 1.8. diesen Jahres geheiratet. Bereits 1987 hat B der A einen Goldring geschenkt, in dessen Innenseite sein Name mit der Inschrift „In Liebe“ graviert war. Seitdem hat A sich „wie verlobt“ gefühlt. Insbesondere B hatte mit zunehmender Dauer der Beziehung den immer stärker werdenden Wunsch, A zu heiraten. A ist hier eher zögerlich gewesen. Dennoch haben beide sich bereits vor Jahren jeweils in ihrem Testament begünstigt und jeweils den anderen in Lebensversicherungen als Begünstigten angegeben. Die Eheschließung schließlich war dem Wunsch der beiden geschuldet, ihrer langjährig gelebten Liebesbeziehung nunmehr doch noch auch angesichts der schweren Lebenssituation einen offiziellen Rahmen zu geben. Daher erfolgte am 1.8. die Eheschließung im Standesamt, mit Trauzeugen und einem kleinen Empfang der nahen Angehörigen und Freunde. Zu der großen Hochzeitsfeier im September kam es nicht mehr, da B.s Zustand im September bereits so schlecht war, dass er der Feier nicht mehr hätte beiwohnen können.

      B ist bereits seit 2013 an Krebs erkrankt, hat zahlreiche Operationen und Chemotherapien hinter sich und ist nunmehr an den Folgen der Krebserkrankung verstorben. A und B hofften bis zum Schluss, dass B die Krebserkrankung überstehen würde. B war vor seiner Erkrankung jahrzehntelang versicherungspflichtig beschäftigt. A möchte nunmehr einen Anspruch auf Witwenrente beim zuständigen Sozialversicherungsträger geltend machen. Zu Recht? Prüfen Sie gutachterlich.

      [24]B. Abwandlung

      A wendet sich mit ihrem Begehren auf Hinterbliebenenversorgung an das örtliche Sozialamt und möchte dort ihren Antrag auf Witwenrente abgeben. Was macht das Sozialamt mit dem Antrag? Eine gutachterliche Prüfung ist nicht erforderlich.

      Lösungsskizze für den Ausgangsfall

       A. Anspruch der A gegen den Rentenversicherungsträger gemäß § 46 II Nr. 2 SGB VI

      Voraussetzungen des § 46 II Nr. 2 SGB VI müssten vorliegen:

      I. Anspruchsvoraussetzungen/Tatbestandsmerkmale

      1. Witwe oder Witwer eines versicherten Ehegatten

      2. Keine Wiederheirat

      3. Allgemeine Wartezeit

      4. § 46 II 1 SGB VII – Kinderziehung; Vollendung des 47. Lebensjahres; Erwerbsminderung

      5. Antrag: § 99, § 115 SGB VI

      6. Zwischenergebnis zu I.

      II. Ausschlussgrund: § 46 IIa SGB VI – Versorgungsehe

      1. Gesetzliche Vermutung

      2. Widerlegung der gesetzlichen Vermutung

      III. Rechtsfolge

      Anspruchshöhe und Dauer, § 67 SGB VI;

      Einkommensanrechnung

      IV. Gesamtergebnis

       A. A könnte einen Anspruch auf Witwenrente gegen den Rentenversicherungsträger gemäß § 46 II Nr. 2 SGB VI haben.

      Erläuterung: Anspruchsgegner ist hier die Deutsche Rentenversicherung, die nach der Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrg, BT-Drs. 15/3654 und 15/3824) zum 1.10.2005 aus dem VDR (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger) und der BfA (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) entstanden ist.1 Die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und die[25] Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung (z.B. Deutsche Rentenversicherung Oldenburg-Bremen) bilden die Deutsche Rentenversicherung. Da vorliegend dem Sachverhalt keine weiteren Angaben zu entnehmen sind, kann der Anspruchsgegner mit „Rentenversicherungsträger“ bezeichnet werden.

      I. Anspruchsvoraussetzungen/Tatbestandsmerkmale

      Hierfür müssten die Anspruchsvoraussetzungen nach § 46 II Nr. 2 SGB VI für die große Witwenrente vorliegen.

      Erläuterung: § 46 SGB VI unterscheidet in seinen Absätzen I und II zwischen kleiner und großer Witwen- und Witwerrente. Neben den zum Teil sehr unterschiedlichen Voraussetzungen unterscheiden sich diese beiden Renten insbesondere in der Dauer der Leistung (vgl. § 46 I 2 SGB VI) und in der Höhe der Leistung. Vgl. hierzu § 67 Nr.5 und 6 SGB VI.

      1. Witwe oder Witwer eines versicherten Ehegatten

      Zunächst müsste A Witwe des verstorbenen B sein. Witwe ist, wer mit dem versicherten Ehegatten bei dessen Tod verheiratet gewesen ist.2 Danach müsste B zunächst versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sein. Laut Sachverhalt war B vor seinem Tod versicherungspflichtig beschäftigt, daher ist davon auszugehen, dass er die Versicherteneigenschaft gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erfüllt. A und B haben am 1.8. diesen Jahres geheiratet. B ist am 8.10. diesen Jahres verstorben. Damit waren A und B zum Zeitpunkt des Todes miteinander verheiratet und A ist damit nunmehr B.s Witwe.

      2. Keine Wiederheirat

      A dürfte zudem nicht wieder geheiratet haben, da der Anspruch ansonsten endet (vgl. § 100 III 1 SGB VI, vgl. auch die Abfindung nach § 107 SGB VI). Der Sachverhalt enthält keine Angaben über eine Wiederheirat der A. Daher ist nicht von einer Wiederheirat auszugehen.

      [26]3. Allgemeine Wartezeit

      Zudem müsste B die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Dem Sachverhalt ist zu entnehmen, dass B „jahrzehntelang“ versicherungspflichtig beschäftigt war, es ist hier davon auszugehen, dass B damit auch die allgemeine Wartezeit (Mindestversicherungszeit) von mindestens fünf Jahren gemäß § 50 I SGB VI erfüllt.

      Erläuterung: Die Hinterbliebenenrenten (also insbesondere die Witwen- und Witwerrenten nach § 46 SGB VI und auch die Waisenrenten nach § 48 SGB VI) sind sog. abgeleitete Renten3, d.h. sie werden vom Rentenanspruch des Verstorbenen abgeleitet. Der oder die Hinterbliebene muss selber nie in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben und auch die Versicherteneigenschaft nicht erfüllen, es kommt hier lediglich auf die Versicherteneigenschaft oder den Rentenbezug des/der Verstorbenen an. Auch die Höhe der Hinterbliebenenrenten richtet sich nach dem Anspruch den der bzw. die Verstorbene gehabt hätte bzw. hatte, wobei die Hinterbliebenen lediglich einen bestimmten Prozentsatz (Anteil) hiervon erhalten. Siehe zur Anrechnung des Einkommens des/der Hinterbliebenen: § 97 SGB VI.

      4. § 46 II 1 SGB VII – Kinderziehung; Vollendung des 47. Lebensjahres; Erwerbsminderung

      Ein Anspruch auf die große Witwenrente besteht zudem nur, wenn neben den Anspruchsvoraussetzungen des Abs. 1 wenigstens eine der in S. 1 Nr. 1–3 normierten Voraussetzungen erfüllt ist. Für das Vorliegen der in § 46 II 1 Nr. 1 und 3 genannten Voraussetzungen gibt der Sachverhalt keine Hinweise. In Betracht kommt allein § 46 II 1 Nr. 2. Laut Sachverhalt ist A 63 Jahre alt und hat damit das 47. Lebensjahr vollendet. Diese Voraussetzung ist damit erfüllt.

      5.

Скачать книгу