Meteorologie. Hans Häckel
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Meteorologie - Hans Häckel страница 19
Einer der Fälle, bei denen es zu echter Labilität kommt, ist das rasche Vordringen von Kaltluft gegen eine warme Luftmasse. Aus noch zu erklärenden Gründen (s. Seite 291) kommt dabei die Kaltluft in der Höhe oft schneller voran als am Boden, d. h., es kann am Boden noch Warmluft vorhanden sein, während in der Höhe die Kaltluft schon angekommen ist. Eine drastische Temperaturabnahme mit der Höhe, also massive Labilität, ist die Folge. Eine solche Situation äußert sich in heftigen Gewittern, Regen-, Schnee- oder Hagelschauern. Die bei solchen Wettersituationen auftretenden 51 heftigen Wind- und Sturmböen sind nichts anderes als Luftpakete, die aus großer Höhe heruntergestürzt und – am Erdboden angekommen – in die Horizontale umgelenkt worden sind (s. Abb. 12).
Der soeben besprochene Vorgang zur Labilisierung der Atmosphäre ist zwar sehr anschaulich, sehr viel wichtiger ist ein anderer, ebenfalls beim Vorrücken von Kaltluft ablaufender Prozess: Die Kaltluft schiebt sich dabei keilförmig unter die Warmluft und beginnt diese wie mit einer Schaufel hochzuheben. Dabei laufen die in Abb. 10 (Absinkinversion) beschriebenen Vorgänge, die dort zu Stabilisierung bzw. zu Inversionsbildung geführt haben, in umgekehrter Richtung ab, d. h. der Temperaturgradient kippt in Richtung überadiabatische Schichtung mit der Folge starker Labilisierung.
Ein dritter wichtiger Labilisierungsprozess setzt bei starker Sonnenstrahlung ein. Er wird im Rahmen des Energiehaushalts der Erdoberfläche auf Seite 241 besprochen.
Wie hoch steigt eigentlich ein nach oben angestoßenes Luftpaket in einer labil geschichteten Atmosphäre? Da seine Temperaturdifferenz zur Umgebung mit zunehmender Höhe immer größer wird, wächst gleichzeitig auch sein Auftrieb weiter und weiter. Könnte das Luftpaket vielleicht sogar so schnell werden, dass es der irdischen Gravitation zu entfliehen vermag?
Antwort:
Das Luftpaket wird keine größere Höhe als etwa 10 km erreichen, denn die dort einsetzende mächtige, Ozon bedingte Inversion wird jede weitere Vertikalbewegung unterdrücken (s. Seite 58 sowie die Bildung von Amboss-Wolken auf Seite 122).
Wenn die tatsächliche Temperaturschichtung dem adiabatischen Gradienten entspricht, ruft die Vertikalverschiebung eines Luftpaketes keine Reaktion hervor, denn in jeder Höhe stimmen die Umgebungstemperatur und die eigene Temperatur überein. Die Folge ist, dass das Luftpaket unbeeinflusst in der betreffenden Höhe bleibt. Eine solche Situation entspricht in unserem Kugelmodell dem Fall, dass die Kugel auf einer ebenen, waagerechten Fläche liegt. Wird sie aus ihrer augenblicklichen Lage herausgenommen und an irgendeine andere Stelle gelegt, so bleibt sie dort ruhig liegen. Man nennt diesen Schichtungstyp indifferent.
1.6.2Atmosphärenschichtung und Umweltschutz
Wie gleich zu zeigen sein wird, spielt der Schichtungstyp bei Fragen des Umweltschutzes eine außerordentlich wichtige Rolle. Je nach dem Stabilitätszustand werden nämlich Emissionen entweder sehr schnell in vertikaler Richtung zu unbedeutenden Konzentrationen verdünnt, oder sie können sich, tage-, ja wochenlang in festen Höhenschichten eingeschlossen, in gefährlichem Maße ansammeln. Abb. 13 soll die Zusammenhänge erläutern. Dort ist für fünf verschiedene Schichtungen das typische Ausbreitungsverhalten von Emissionen dargestellt. Links daneben sind die zugehörigen Temperatur-Höhenkurven und der adiabatische Gradient eingezeichnet.
Im Falle (a) haben wir eine fast adiabatische Schichtung vor uns. Der vom Schornstein ausgestoßene Rauch bewegt sich dabei in immer größer werdenden Mäandern lebhaft auf und ab und verdünnt sich dabei außerordentlich rasch. Er kann aber vorübergehend auch einmal bis zum Boden heruntergedrückt werden. Fast erinnert das Bild an eine Tasse mit Kaffee, in der Milch verrührt wird. In der Tat spielen sich dabei auch ganz ähnliche Vorgänge ab. 52 Würde man die Bahn eines ausgesuchten Rauchteilchens verfolgen, so könnte man sehen, dass sie aus vielen hintereinander angeordneten, verschieden großen Schleifen besteht. Von den Schleifen hat dieser Schichtungstyp auch seinen Namen Looping erhalten.
Abb. 13 Formen einer Rauchfahne bei verschiedenen Temperaturschichtungen nach Bierly und Hewson 1962.
Vergleicht man den Typ (b) damit, so stellt man fest, dass bei einer leicht stabilen Schichtung zwar noch Ansätze zu Mäandern vorhanden sind, aber die Vertikalbewegung doch insgesamt schon recht eingeschränkt ist. Nur langsam entwickelt sich die Rauchfahne in der Vertikalen, entsprechend langsam erfolgt auch die Verdünnung der Emission. Wegen der konischen, allmählich dicker werdenden Form des Rauches nennt man diesen Schichtungstyp Coning. 53
Steigert man die Stabilität schließlich bis zu einer massiven Inversion, wie im Fall (c) dargestellt, so findet überhaupt keine vertikale Ausbreitung mehr statt. Der Rauch steigt zwar wegen seiner Wärme noch etwas über die Schornsteinoberkante hinaus, aber nur so lange, bis er sich auf die Temperatur der Umgebung abgekühlt hat. Dann gibt es für ihn keine Vertikalbewegung mehr. Nur in der Horizontalen besteht die Möglichkeit zur Ausbreitung, sodass die Rauchfahne die Form eines waagerecht liegenden Fächers annimmt. Entsprechend bezeichnet man Inversionslagen auch als Fanning-Lagen. Für einen seitlich stehenden Beobachter zieht sich der Rauch in Form eines dünnen Fadens dahin, der kein Ende zu nehmen scheint. Bei einer Inversion sind demnach die Voraussetzungen für eine Verdünnung von atmosphärischen Verunreinigungen außerordentlich schlecht.
Als Lofting bezeichnet man einen Schichtungstyp, bei dem wie in Abb. 13 (d) dargestellt, eine Inversion relativ geringer Mächtigkeit nur in Bodennähe vorhanden ist, während darüber die Temperaturschichtung in etwa adiabatischen Verhältnissen entspricht. Solche Situationen entstehen praktisch in jeder wolkenarmen Nacht aufgrund des Energiehaushaltes (s. Seite 240ff.). Die Höhe der Inversion ist sehr unterschiedlich und hängt wesentlich von der Geländeform ab. Im ebenen Gelände übersteigt sie kaum 300 m. In Tallagen dagegen kann sie durchaus mehrere hundert Meter erreichen.
Gelingt es, durch entsprechende Schornsteinhöhe und Abgastemperatur, die Emissionen über die Inversionsobergrenze hinaufzubringen, so ist innerhalb der Inversion keine Luftverunreinigung mehr zu befürchten. Da die Inversion Vertikalbewegungen blockiert, können keine Luftpakete nach unten vordringen, dagegen bestehen nach oben hin wie beim Looping- oder Coning-Typ gute Voraussetzungen für eine rasche Verdünnung. Werden Schadstoffe jedoch innerhalb einer Inversion so abgelassen, dass sie die darüberliegende adiabatische Schicht nicht mehr erreichen können, so bleiben sie, ebenso wie beim Fanning-Typ, in einer festen Höhe gefangen und sammeln sich dort in ständig steigender Konzentration an. Dieser Fall tritt dann ein, wenn die Inversion aufgrund einer extremen Wetterlage erheblich höher als gewöhnlich wird. Meist stellt Lofting eine vorübergehende Situation von nur einigen Stunden Dauer dar.
Schließlich ist der umgekehrte Fall zu nennen, bei dem über einer nahezu adiabatischen Schicht am Boden eine Höheninversion liegt (e). Eine solche Situation heißt Fumigation. Gelingt es nicht, Abgase bis auf das Niveau der Inversion zu bringen, so stellt eine Fumigation-Lage die umweltschädlichste von allen fünf genannten Situationen dar. 54
Nach oben hin ist durch die Inversion jede Verdünnungsmöglichkeit blockiert, nach unten hingegen können sich die Verunreinigungen ungehindert ausbreiten, sodass sie sich in der Schicht zwischen Boden und Inversionsuntergrenze zunehmend ansammeln.
Zu Fumigation-Situationen kommt es gerne in größeren Städten (s. Seite 350). Da in Ballungszentren im Allgemeinen auch besonders viele Emissionsquellen vorhanden sind, wirkt sich eine Fumigation-Lage besonders umweltbelastend aus. Ihre Entstehung ist leicht zu erklären.
Stellen wir uns vor, durch Absinken sei eine mehrere hundert Meter mächtige Inversion entstanden.