Naturphilosophie. Группа авторов

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Welt ‚umfangen‘ vom unsichtbaren coelum empyreum als dem theologisch angenommenen ‚Wohnort‘ Gottes und seines ‚himmlischen Hofstaats‘, wobei eine kosmologische Notwendigkeit und Funktion des coelum empyreum in Hinblick auf die von Aristoteles entwickelten Vorgaben der Naturphilosophie umstritten ist (vgl. Grant 1996: 374ff.). Jenseits von Raum und Zeit ‚steht‘ zuletzt die Ewigkeit, und die aus der zeitlichen Schöpfung Auserwählten haben an ihr teil. Demgegenüber bringt die Frühe Neuzeit einen Umbruch des Naturverständnisses mit sich, der sich im Übergang von einem geschlossenen Weltbild zu einem offenen und unendlichen Universum artikuliert (→ II.4).

      Nicolaus Cusanus (= Nikolaus von Kues, 1401–1464) gilt als einer der frühesten und einflussreichsten Vertreter der neuzeitlichen Einheits- und Unendlichkeitsspekulation. Er unterscheidet zwischen der absoluten unendlichen Einheit Gottes und der kontrakten Einheit bzw. Unendlichkeit des Universums. In Gott sind nach Cusanus’ Lehre alle Gegensätze als schlechthinnige Einheit und absolutes Sein aufgehoben (lat. coincidentia oppositorum) und jede Seinsmöglichkeit ist immer schon Wirklichkeit (De docta ignorantia I 4, §§ 11f.; Trialogus de possest § 9). Das unendliche Universum hingegen umfasst alles, was sein kann, im Modus der Einschränkung, d.h. in der Bestimmung zu einem Etwas. Vor diesem Hintergrund entfaltet der von Cusanus entwickelte, an der Unendlichkeitsspekulation orientierte Begriff der Natur seine Bedeutung. Das unendliche All geht „gleichsam nach der Ordnung der Natur“ (lat. quasi ordine |20|naturae) allem „als das Vollendetste“ (lat. ut perfectissmum) (De docta ignorantia: II 5, § 117) voran, so dass sich die Unendlichkeit des Universums in der jeweiligen kontrahierten Seinsweise der Einzelseienden manifestiert. (Vgl. Miller 2017.)

      Giordano Bruno (1548–1600) setzt den cusanischen Ansatz des Einheits- und Unendlichkeitsdenkens konsequent fort. Dabei finden nicht nur das vorsokratische Einheitsdenken und der antike Atomismus Eingang in sein Denken, sondern auch Lehrstücke des Hermetismus[7] und der jüdischen Schöpfungslehre. Von zentraler Bedeutung ist für Bruno die Bekämpfung des Aristotelismus sowie jedes geschlossenen Weltbildes. In radikaler Ausweitung des von Kopernikus gegen den Geozentrismus der Tradition rehabilitierten heliozentrischen Weltbildes versteht Bruno das Universum als durchweg homogenen unendlichen ‚Kugelraum‘, in dem sich unzählig viele feurige und wässrige Weltkörper befinden.

      Brunos Verständnis von Natur (ital. natura) ist nicht von der Wirkweise der Weltseele (ital. anima del mondo) zu trennen. Die Weltseele erleuchtet nicht nur das Weltall, sondern sie unterweist auch die Natur, die Arten so hervorzubringen, wie sie sein sollen. Die Natur wird somit grundsätzlich zum Ausdruck der grenzenlos produktiven Vernunft der Weltseele, welche alle nur erdenklichen Formen hervorbringt und das gesamte Universum zu einem lebenden Organismus eint. In der Folge entsteht ein ‚animistischer‘ oder ‚vitalistischer‘ Naturbegriff, der wesentliche Züge von Selbstorganisation und Selbsterhaltung (ital. conservazione) aufweist (De la causa, principio et uno 159ff.; De l’infinito, universo et mondi 115).

      2. Rezeption und Weiterentwicklung des Unendlichkeitsdenkens

      Die frühe Neuzeit ringt intensiv um die Ausformulierung neuer Kosmologien und Theorien der Natur. Dabei zeigt gerade die Rezeptionsgeschichte des Unendlichen, dass ‚alte‘ Lehren eines geschlossenen Kosmos keinesfalls unilinear durch sog. ‚fortschrittliche‘ Lehren eines offenen Universums überwunden werden. Ganz im Gegenteil bilden traditionelle Vorstellungen vielfach Anknüpfungsmöglichkeiten, durch die alternative Modelle der Kosmologie und des Naturverständnisses zuallererst vermittelbar werden (→ IV.7). Ein Beispiel hierfür bildet die bereits seit der Antike bekannte Frage der möglichen Existenz eines unendlichen extrakosmischen Vakuums, die v.a. auf der Basis einer vertieften Kenntnis traditioneller Texte neu erschlossen und diskutiert wird (vgl. Grant [1981] 2011: 182ff.).

      Obgleich Johannes Kepler (1571–1630) seine Auffassung hinsichtlich der Beschaffenheit der Fixsterne im brunianischen Sinn korrigiert und die Fixsterne als Sonnen interpretiert, die aus ihrem Inneren Licht aussenden ([1611] 1941: 302, 305), lehnt er die Möglichkeit eines unendlichen Weltalls mit der Begründung ab, dass das Universum ein beobachtbares Universum bleiben müsse ([1606] 1938: 253).

      |21|Um jeden Verdacht eines Pantheismus[8] auszuräumen und die Differenz zwischen der Unendlichkeit Gottes und der Unendlichkeit des Universums zu wahren, unterscheidet René Descartes (1596–1650) zwischen „unendlich“ (lat. infinitum) und „unbegrenzt“ (lat. indefinitum): Unendlich ist allein Gott; unbegrenzt ist, wovon keine Grenzen ausweisbar sind ([1644] 2007: I 27). Freilich erfährt die cartesische Abschwächung des Unendlichen durch die Zeitgenossen und Nachfolger entschiedene Kritik.

      Henry More (1614–1687), der bedeutendste Vertreter des sog. Cambridger Platonismus, betont in Auseinandersetzung mit Descartes die Unendlichkeit des Raumes, die in engster Verbindung mit der Unendlichkeit Gottes gesehen wird (vgl. Jacob 1995: 58ff.). Schließlich wird die Theorie des unendlichen homogenen und isotropen Raumes – nicht zuletzt durch den Einfluss der Cambridger Schule – zur Grundlage der klassischen Physik und der Kosmologie Isaac Newtons (1643–1727).

      Ausgangspunkt des Unendlichkeitsdenkens bei Baruch de Spinoza (1632–1677) ist die Bestimmung Gottes als die eine, unteilbare sowie aus unendlichen Attributen bestehende Substanz ([1677] 1989: I, prop. 11). Insofern Gott weiter als Ursache seiner selbst und als hervorbringende Kausalität verstanden wird, realisiert er sich und alle Dinge (lat. Deum esse causam sui et omnium rerum) (ebd.: prop. 34, demonstratio). Von hier aus erschließt sich die „hervorbringende/naturende Natur“[9] (lat. natura naturans) als das nur aus sich selbst begreifbare, ewige Wesen Gottes; die „hervorgebrachte/genaturte Natur“ (lat. natura naturata) hingegen ist alles, was aus der Natur Gottes oder einem seiner Attribute mit Notwendigkeit folgt (ebd.: prop. 29, scholium). Damit werden Gott und Natur gleichgesetzt, sodass Spinozas Naturverständnis in einen Pantheismus mündet.

      Generell ist der Übergang vom geschlossenen zum offenen Universum durch vielfältige, teilweise konkurrierende methodologische Problemstellungen gekennzeichnet. Erhebliche Abweichungen zeigen sich im mathematischen Umgang mit dem Unendlichen. So leben in der Neuzeit klassische Probleme des Raumkontinuums und Atomismus auf, die sich auf die Interpretation des unendlich Kleinen auswirken. Die Anwendung geometrischer Näherungsmethoden auf Bewegungsabläufe durch Galileo Galilei (1564–1642), die Entwicklung der Indivisibilienmethode durch Bonaventura F. Cavalieri (1598–1647), Gottfried W. Leibniz’ (1646–1716) Differenzial- und Integralkalkül oder Newtons Fluxionsmethode bedeuten neuzeitliche Versuche der Problembewältigung (→ I.3).

      Die neuzeitliche Methodendiskussion erschöpft sich allerdings keinesfalls in Überlegungen zur kosmischen oder mathematischen Unendlichkeit. Die systematische Einteilung der Natur in die drei Naturreiche der Tiere, Pflanzen und Mineralien, wie sie etwa von Carl von Linné (1707–1778) durchgeführt wird (→ I.5), zeigt nicht nur ein starkes Interesse an terrestrischen Bedingungen, sondern belegt auch das |22|Weiterwirken der aristotelischen Definitionslehre (→ IV.2). Noch in der von Antoine L. de Lavoisier (1743–1794) entwickelten Reform der chemischen Methodologie und Terminologie (Lavoisier 1789) bleibt die aristotelische Vorstellung einer natürlichen Ordnung der Dinge präsent.

      Literatur

      Augustinus, Confessiones = Augustinus, Aurelius 2009: Bekenntnisse. Hg.: K. Flasch/B. Mojsisch. Stuttgart.

      Bruno, Giordano [1584] 2007a: De la causa, principio et uno. Über die Ursache, das Prinzip und das Eine. Hg.: T. Leinkauf. Hamburg.

      – [1584] 2007b: De l’infinito, universo et mondi. Über das Unendliche, das Universum und die Welten. Hg.: A. Bönker-Vallon. Hamburg.

      Cusanus, De docta ignorantia = Nicolai de Cusa [1440] 31979 (Bd. I)/21977 (Bd. II): De docta ignorantia. Die belehrte Unwissenheit. Hg.: P. Wilpert. Hamburg.

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